Der neue Besitzer bezahlt 57'000 in bar
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Lambo-Auktion in Liestal BL:Der neue Besitzer bezahlt 57'000 in bar

Veruntreuung und Misswirtschaft – Vorbesitzer Arun W. (46) zockte sich reich
Das ist die Geschichte hinter dem versteigerten Lambo

Der Hype war riesig: Alle wollten sich vergangenen Samstag ein Bild vom beschlagnahmten Lamborghini machen. Der Gallardo 140 wurde in Liestal in einer Auktion versteigert. Doch wie kam die Luxus-Karre überhaupt ins Fundbüro?
Publiziert: 30.04.2024 um 21:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2024 um 08:05 Uhr

57'000 Franken – zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten: Am Samstag ist in Liestal BL ein Lamborghini Gallardo 140 in Liestal unter den Hammer gekommen. Hunderte Schaulustige strömten aufs Gelände des Fundbüros Baselland, um einen Blick auf den italienischen Boliden zu werfen oder dessen Innenleben auszukundschaften. Auch Blick war vor Ort und berichtete live. Gekauft hat den Luxus-Schlitten schliesslich ein Baselbieter, der seinen Namen nach dem Kauf nicht nennen wollte. Zu Blick meinte er: «Ich habe mir damit einen Bubentraum erfüllt.»

Obwohl während der Auktion Chilbi-Atmosphäre herrschte, war der Hintergrund der Auktion ernst. Der beschlagnahmte Lamborghini wurde dem Fundbüro im Januar 2024 zugewiesen, um ihn zwangszuversteigern. Das Luxus-Auto stammte aus einem Strafverfahren im Kanton Aargau – einem der vier Kantone, für die Auktionator Berardino Barbati (57) in Liestal Versteigerungen durchführt. Ihm war es deshalb umso wichtiger, einen guten Preis zu erzielen, «denn das Geld geht schliesslich an die öffentliche Hand.»

Anders als von vielen vermuten, stammte der Bolide nicht aus einem Raserdelikt. Blick-Recherchen zeigen: Es ging um Misswirtschaft und Veruntreuung. Der Ex-Lambo-Besitzer ist rechtmässig verurteilt.

Dieser Lamborghini Gallardo 140 kam vergangenen Samstag unter den Hammer.
Foto: Qendresa Llugiqi
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Mehrere Betreibungen

Der frühere Besitzer – der heute 46-jährige Arun W.* aus dem Freiamt – gründete im September 2015 eine Immobilien-Firma. Ihr Zweck: die Bewirtschaftung von Liegenschaften und Wohnungen. Im Handelsregister heisst es im Detail: «Überbauung und Renovation, Vermietung und Verwaltung sowie Kauf und Verkauf von Liegenschaften und Grundstücken sowie Vermietung von Fahrzeugen.»

Rund zehn Monate nach der Firmen-Gründung liess sich der Schweizer mit sri-lankischen Wurzeln als Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelunterschrift löschen und setzte ab Juli 2016 neu seinen Vater ein. Dieser war laut Anklage nur auf dem Papier der Geschäftsführer: Mittels Vollmacht führte Arun W. die Geschäfte weiter – jedoch alles andere als erfolgreich. Ab November 2018 häuften sich die Betreibungen.

Vollgas voraus

Obwohl zu befürchten war, dass die Gesellschaft überschuldet sein könnte, unterliess Arun W. es, seiner Meldepflicht nachzukommen und einen Revisor zur Prüfung einzuschalten. Eine Prüfung hätte die Überschuldung klar aufgezeigt. Danach hätte rechtzeitig Konkurs eröffnet werden müssen.

Doch genau dies zögerte W. gemäss Staatsanwaltschaft hinaus: Trotz der desolaten finanziellen Situation der Firma zog er nicht die Handbremse, sondern steuerte Vollgas voraus und holte sich Ende April 2020 den Lamborghini Gallardo 140 mit Baujahr 2005 für 220'000 Franken – auf Firmenkosten!

Im Juni darauf wurde schliesslich der Konkurs eröffnet. Die GmbH hatte zu diesem Zeitpunkt Betreibungen in Höhe von über 80'000 Franken angesammelt.

Zwei Tage Haft

Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten eröffnete ein Strafverfahren gegen Arun W. betreffend ungetreuer Geschäftsbesorgung und Misswirtschaft. Mitte November 2020 wurde er für zwei Tage vorläufig festgenommen. Im vergangenen Sommer erfolgte die Anklageerhebung.

In einem abgekürzten Verfahren wurde Arun W. Anfang Dezember 2023 vom Bezirksgericht Bremgarten – unter Anrechnung einer früheren Freiheitsstrafe aus dem Jahr 2018 – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Davon musste er jedoch nur sechs Monate absitzen. Die Probezeit für die teilbedingte Strafe wurde auf vier Jahre festgesetzt. Ausserdem verpflichtete das Gericht ihn zur Zahlung einer Ersatzforderung von 50'000 Franken zugunsten des Staates. Die Verfahrenskosten betrugen rund 8700 Franken.

Um die beiden Kostenpunkte abzudecken, wurden die zuvor beschlagnahmten Gegenstände ganz eingezogen und verwertet. Neben neun Uhren – etwa von Rolex und Breitling – auch der Lamborghini Gallardo. Die Kosten für seinen amtlichen Verteidiger in Höhe von rund 11'000 Franken wurden von der Staatskasse übernommen. Arun W. ist verpflichtet, diese dem Kanton Aargau zurückzuzahlen, sobald es seine finanzielle Situation zulässt.

Leben im Luxus

Den italienischen Boliden wird Arun W. wohl nicht allzu sehr vermissen: Mehrere deutsche Luxus-Autos – etwa drei weisse Porsches – standen am Samstag nach der Versteigerung bei seiner Wohnadresse, dem früheren Domizil der Immobilien-Firma. Gemäss Briefkasten-Anschrift sind zwei weitere Unternehmen an dieser Adresse gemeldet. Arun W. lebt in einem modernen Haus auf einem weitläufigen und gepflegten Grundstück, umgeben von einem Zaun samt Kamera-Überwachung. Zum Lamborghini will sich der muskulöse und gepflegte Mann nicht äussern.

Ein Blick auf Social Media zeigt: Arun W. ist dort nicht öffentlich aktiv, dafür aber sein Vater, der die Firma gemäss Papieren führte. Von diesem scheint der verurteilte Geschäftsführer wohl auch die Vorliebe für Luxus-Autos geerbt zu haben: Der ältere Mann präsentiert auf seinem Profil zwei Luxus-Audis – einer schwarz, einer weiss – mit Flügeltüren.

*Name geändert 

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