«Wir können auch anders!»
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So geht Party zu Corona-Zeiten:«Wir können auch anders!»

Basler Teenies feiern friedlich am Rheinufer
«Wir können auch ohne Krawall!»

Die Randale in St. Gallen zeigten auf: Den Jugendlichen ist langweilig. Vor allem am Wochenende, wenn sie gerne Partys feiern würden. Doch es geht auch anders: In Basel wird der «Corona-Ausgang» einfach ans Rheinufer verlegt. Blick mischte sich unters Volk.
Publiziert: 12.04.2021 um 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2021 um 11:48 Uhr
Céline Trachsel

Sie sind aufgetakelt, zeigen ihre Piercings, flirten herum. Aufgeregt gehen drei junge Frauen in Party-Outfit das Basler Rheinufer auf und ab. Die Schwestern Gloria (15) und Giulia (18) haben mit Freundin Sydney (16) zwei Deutsche kennengelernt. «Wir sind jedes Wochenende hier am Rheinufer», sagt Gloria. «Wir schminken uns wie für in den Ausgang.» Ihre kleine Schwester meint: «Für mich ist das sogar besser hier, denn in die Clubs würde ich mit 15 sowieso nicht reinkommen.» Neue Leute kennen zu lernen sei hier super easy. Ihr Ziel am Freitagabend: Hängen, tanzen, trinken, es lustig haben.

Bei den Jugend-Krawallen in St. Gallen zeigte sich: Die Jugendlichen fühlen sich vergessen. Sind gelangweilt. Wollen endlich wieder ihr Leben leben und Party machen.

Auch an der Rave waren Liam Mike (19, l.) und Bastian Prada (22) aus Freiburg (D). Sie sind nach Basel gekommen, weil sie endlich wiedermal unter Leute gehen wollten. Im Gepäck: Ein negativer Corona-Test.
Foto: STEFAN BOHRER
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Wie es trotzdem geht – nämlich Corona-Ausgang ohne Randale und Gewalt – zeigt sich in Basel. Bei schönem Wetter mutiert das Rheinufer zur Outdoor-Partymeile. Blick mischte sich am Freitagabend unters Volk.

«Wir machen einfach das Beste aus der Situation»

Bei der mittleren Brücke haben sich zahlreiche Grüppchen versammelt. Fast jedes davon hat eigene Boxen. Es wird getanzt und getrunken, aber vor allem viel gequatscht und herumgealbert. Sascha (21), von seinen Kolleginnen scherzhalber als «Hans» vorgestellt, sagt: «Irgendwas muss man ja tun, um nicht zu verkümmern. Wir machen einfach das Beste aus der aktuellen Situation.» Er meint: «Krawalle braucht es nicht. Wir können auch anders!»

Trisha (18) aus Birsfelden ist mit den Baslerinnen Rita (16) und Naomi (16) in einer eigenen Gruppe unterwegs. Rund zehn Mädels tanzen und trinken zusammen. «So wirklich eine Alternative zum Ausgang in Clubs ist es zwar nicht, aber wir haben Spass zusammen und bleiben unter uns.» Sie hätten zwar Verständnis für die Randalierer von St. Gallen – aber in Basel sei das kein Thema.

«Wir sind hier wie eine Familie»

Das bekräftigt auch Sahit (18) aus Aesch BL. «Hier sind wir wie eine Familie – deshalb ist es wohl so friedlich und noch zu keinen Ausschreitungen gekommen.» Er hat sich mit Kollegen aus der Gewerbeschule getroffen, zu sechst besetzen sie einen runden Steintisch am Rheinufer und rauchen Shisha. Sahit: «Wir haben unser Treffen schon eine Woche lang geplant und abgesprochen, wer was mitbringt.» Sie sitzen beisammen, quatschen gemütlich.

Zwei Kilometer weiter unten am Basler Hafen geht dagegen so richtig die Post ab. Am Freitagabend läuft dort so etwas wie eine kleine Rave-Party. An einem Kiesstrand haben sich rund 200 Personen versammelt. Aus zwei grossen Boxen dröhnen laute Bässe. Es sind längst nicht nur kleine Gruppen wie bei der mittleren Brücke, denn unterdessen hat sich eine grössere Menschenansammlung zusammengefunden. Sie tanzen dicht an dicht. Oben an der Strasse passiert ein Kastenwagen. Doch die Polizei lässt die Leute gewähren.

«Es tut so gut, wieder mal unter Leute zu gehen»

Hier will sich kaum noch einer fotografieren lassen. Diese Party ist illegal, das ist allen klar. Auch wenn sie spontan entstanden ist. 15-Personen-Regel? Wird geflissentlich ignoriert. Zwei Deutsche lassen sich auf ein Gespräch mit Blick ein. «Wir haben bei uns Ausgangssperre, sind seit einem Jahr quasi eingesperrt. Wir wollten einfach wiedermal unter Leute gehen. Das tut so gut, es ist unglaublich», sagt Liam (19) aus dem nahen Freiburg (D).

Sein Freund Bastian (22) gibt aber zu: «Klar gibt es hier ein Ansteckungsrisiko. Aber ich lasse mich ohnehin zweimal pro Woche testen.» Dann zückt er ein Papier mit einem Negativ-Test vom selben Tag. «Das gibt etwas Sicherheit – wenigstens für die anderen.» Sein Freund betont: «Respekt an die Schweiz. Ihr habt so viele Freiheiten. Wir sind allein schon auf die 15er-Regel neidisch. Bei uns in Freiburg ist alles tot. So richtig ausgestorben.»

Unweit der Mini-Rave hat Mathis (21) ein Beer-Pong-Tisch aufgestellt. «Es war eine spontane Aktion», behauptet er. Für die Krawalle in St. Gallen hat man hier kein Verständnis.

Immerhin: Am Freitagabend ist es in St. Gallen, Zürich und Winterthur trotz Krawall-Aufrufen in den sozialen Medien ebenfalls ruhig geblieben.

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