Beim Onlinekauf geht Öko flöten
Männer pfeifen auf Nachhaltigkeit

Die Hofladen-Romantik vom letzten Frühling ist verflogen. Online-Shopping boomt. Und beim Einkauf per Mausklick kommt die Nachhaltigkeit zu kurz – besonders bei den Männern.
Publiziert: 22.11.2020 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2020 um 15:31 Uhr
Im Lockdown florierten die bäuerlichen Hofläden.
Foto: imago
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Danny Schlumpf

Die erste Corona-Welle hat das Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit gestärkt. Im Lockdown florierten die bäuerlichen Hofläden. Bei den Detailhändlern standen Bioprodukte hoch im Kurs. Wegen Corona boomt aber auch der Onlinehandel. Seit Anfang Jahr legte er in der Schweiz um ein Drittel zu. Von Hofladen-Romantik ist im Internet allerdings nichts mehr zu spüren: Beim Einkauf per Mausklick ist es mit der Nachhaltigkeit vorbei.

Das zeigt eine neue Umfrage von Digitec Galaxus. Der Schweizer Onlinehändler hat 2000 Kunden zur Rolle von Öko- und Nachhaltigkeitslabels befragt. Das Ergebnis: Besonders die Männer pfeifen beim Onlineshopping auf die Umwelt. 40 Prozent von ihnen geben an, selten bis nie Produkte mit Gütesiegel zu kaufen. Nur bei jedem vierten landet häufig ein Öko-Artikel im Einkaufskorb. Anders die Frauen: Jede dritte greift oft zu Label-Produkten, nur 12 Prozent tun das nie.

Frauen ökologischer, Männer fokussierter

Ist den Männern die Umwelt egal? «Frauen achten stärker auf Produkteigenschaften wie soziale und ökologische Verträglichkeit», sagt Alexandra Scherrer (29), E-Commerce-Expertin beim Beratungsunternehmen Carpathia. Männer hingegen seien vor allem auf das Kaufobjekt fokussiert und gingen zielgerichteter vor. «Dies erklärt unter anderem, warum Frauen beim Einkauf stärker auf Öko­labels achten als Männer.»

Wer Gütesiegel berücksichtigt, tut das gemäss der Umfrage am häufigsten beim Kauf von Lebensmitteln und Kleidung.

Keine Rolle spielen ­Labels hingegen bei Uhren, Schmuck und Sportartikeln. Ralf Beyeler (42) überrascht das nicht. Der Detailhandelsexperte vom Onlinevergleichsdienst Moneyland sagt: «Nicht nur die Nachfrage spielt eine Rolle, sondern auch das Angebot.» Im Lebensmittelbereich könnten sich Konsumenten an etablierten Gütesiegeln wie der Bio-Knospe orien­tieren. «Bei Uhren und Schmuck, aber auch in der Unterhaltungselek­tronik sind Labels dagegen Mangelware.» Das ändere sich nur, wenn ein grosser Player wie die EU ein regulatorisches Machtwort spreche, so Beyeler. «Der Druck von Konsumenten dürfte kaum ausreichen.»

Freiwillige Umweltabgaben (noch) unbeliebt

Davon ist im Onlinehandel allerdings auch nicht viel zu spüren, wie die Klimakompensation von Digitec Galaxus zeigt: Mit einer freiwilligen ­Abgabe können Kunden einen Beitrag an die Umwelt leisten. Doch das ­Angebot nutzen nur zehn Prozent – Frauen nicht häufiger als Männer. Digitec Galaxus rechnet für das Weihnachtsgeschäft mit 50 Prozent mehr Bestellungen als im Vorjahr. Der E-Commerce-Boom geht also weiter. Vom frühsommerlichen Öko-Trend hingegen dürfte im Online-­Advent nicht viel übrig bleiben.

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