Architekt Hauswirth kämpft seit 25 Jahren für Hotel-Traum in Schönried BE – und gegen 50 Einsprachen
«Egal, was ich mache, die Nachbarn torpedieren einfach alles»

Seit über zwei Jahrzehnten arbeitet der Architekt an einem Hotel-Bauprojekt in Schönried BE, das aufgrund von Einsprachen der Nachbarn immer wieder verzögert wurde. Diese wollen den Luxus-Wahnsinn des nahe gelegenen Gstaads nicht zu sich holen.
Publiziert: 30.11.2023 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2023 um 06:41 Uhr
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Gina KrücklReporterin

25 Jahre, über 50 Einsprachen von den immergleichen Kritikern und vier Projektänderungen. Dennoch stehen bis heute an der Waldmattenstrasse in Schönried BE die alten Gebäude. Den seit Ende der 90er-Jahre geplanten Hotel-Bau konnte Architekt Gottfried Hauswirth (68) bisher nicht beginnen. Der Grund dafür ist die Angst der Nachbarn, sich in das Bild des nur fünf Kilometer entfernten Luxus-Orts Gstaad BE einzureihen. Aber nach über zwei Jahrzehnten hat der Architekt genug.

Hauswirth war schon für das erste Projekt beauftragt, dessen Baugesuch 1999 von einer Gruppe einheimischer Unternehmer eingereicht wurde. Aufgrund Dutzender Einsprachen legten sie ihre Pläne auf Eis. «Wir dachten uns, dass es vermutlich noch zu früh für ein solches Projekt war», erzählt Hauswirth heute. 2019 nahm eine neue Bauherrschaft die Pläne wieder auf.

Im Gespräch mit der Blick-Reporterin Gina Krückl erklärt der Architekt, warum die Projektplanung so lange dauert.
Foto: STEFAN BOHRER
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«Das ist doch nicht zu gross»
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Streit um Hotel-Bauprojekt:«Das ist doch nicht zu gross»

Aus fünf mach drei Chalets

Die Ultima-Gruppe – hinter der zwei Genfer Unternehmer stehen – besitzt mehrere Luxus-Hotels in ganz Europa, darunter auch das Ultima Gstaad. Die Gruppe beauftrage Hauswirth, innerhalb der Grenzen des Baureglements der Gemeinde Saanen ein maximal grosses Hotel zu planen. Doch auch gegen das Drei-Chalet-Hotel mit angrenzender Zwei-Chalet-Residenz gab es insgesamt 15 Einsprachen.

Architekt Gottfried Hauswirth (68) versucht seit 25 Jahren, in Schönried ein Hotel zu bauen.
Foto: STEFAN BOHRER
Der erste Bauplan der einheimischen Unternehmergruppe aus dem Jahr 1999.
Foto: G. Hauswirth Architekten AG
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Daraufhin wurde aus dem Fünf-Chalet-Komplex ein Doppelchalet-Hotel mit einem frei stehenden Residenz-Haus. «Wir waren zuversichtlich, dass wir mit dem nun deutlich kleineren Projekt durchkommen», so Hauswirth. Aber auch auf dieses Baugesuch hagelte es über ein Dutzend Einsprachen. Erneut nahm die Ultima-Gruppe einige Veränderungen an ihrem Projekt vor, liess sogar vom Kanton ein Gutachten zum Verkehr und eines zum Orts- und Landschaftsbild machen. Und dennoch folgten neun Einsprachen.

Was die Ultima-Gruppe bauen will:

Auf der Parzelle Nummer 1637 an der Waldmattenstrasse in Schönried soll ein Hotel mit 16 Doppelzimmer und zwei Suiten für jeweils vier Personen entstehen. Insgesamt können 40 Gäste gleichzeitig im Hotel unterkommen. In der Residenz finden zudem bis zu 16 Personen Platz. Die Baukosten belaufen sich auf knapp 50 Millionen Franken.

Auf der Parzelle Nummer 1637 an der Waldmattenstrasse in Schönried soll ein Hotel mit 16 Doppelzimmer und zwei Suiten für jeweils vier Personen entstehen. Insgesamt können 40 Gäste gleichzeitig im Hotel unterkommen. In der Residenz finden zudem bis zu 16 Personen Platz. Die Baukosten belaufen sich auf knapp 50 Millionen Franken.

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Die Personen, die gegen das Ultima-Hotel-Projekt Einsprache erhoben haben, wohnen alle in unmittelbarer Nähe der Bauzone. Deren grösste Kritik am geplanten Hotel ist, dass dieses zu gross für das Gebiet ist. Einsprecherin Ursula Rüfenacht erzählt auf Anfrage etwa, dass sie sich von dem Projekt «fast erdrückt» fühlt.

Diese Kritik weist Hauswirth von sich. Zwar sei ihm bewusst, dass die Hotel-Proportionen grösser als die der umliegenden kleinen Chalets sind. «Aber wir haben unser Projekt, verglichen mit dem vorhergehenden Projekt, um 50 Prozent verkleinert. Das hätten wir nicht tun müssen, wir befanden uns immer unter den Grenzen der Reglemente. Doch wir wollten, dass möglichst alle zufrieden sind.»

Nur ein schöner Schein?

Wie Rüfenacht erzählt, befürchtet sie, dass genau diese Projektverkleinerung nur ein schöner Schein ist. «Jetzt wird der Bereich vor den geplanten Gebäuden freigelassen und später dann doch noch überbaut.» Diese Vermutung habe sie unter anderem, weil bei einem Baugesuch die Abwasserleitung unter dem freigelassenen Baufeld zu einem weiter entfernten Anschlusspunkt statt in unmittelbarer Nähe der geplanten Gebäude verlaufen sollte. «Wieso sonst sollte man sich diesen Aufwand machen?» Die Bewilligung dafür wurde aber nicht erteilt und die Leitung soll nun direkt zum Anschluss in der Zufahrstrasse geführt werden.

Laut Hauswirth bestünde tatsächlich das Recht, zu einem späteren Zeitpunkt auf dem frei gebliebenen Baufeld etwas zu errichten. «Im Moment ist das für die Bauherrschaft aber kein Thema.» Sollte man sich doch irgendwann zu einem weiteren Bauwerk entschliessen, seien davon nur wenige direkt betroffen. «Die anderen würden gar nicht sehen, wenn dort noch etwas entstehen würde.»

Die Schönrieder Dorfbewohner würden sich über ein weiteres Hotel freuen. So sagt etwa Rita Fässler (82): «Wir brauchen die Touristen hier oben.»
Foto: Gina Krückl
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Hört man sich im Dorf etwas abseits der Waldmattenstrasse um, sind die Stimmen recht einheitlich: Den Tourismus und damit auch ein weiteres Hotel in Schönried begrüssen die Dorfbewohner. So etwa auch Rita Fässler (82): «Wir brauchen die Touristen hier oben.» Doch die meisten von ihnen sind sich ebenso einig, dass sie anstelle eines weiteren Fünf-Sterne-Hotels lieber ein solches für Familien hätten, eines, das für den Mittelstand bezahlbar wäre. «Bis jetzt wurde Schönried von dem Luxus-Tourismus-Wahnsinn aus Gstaad noch verschont», sagt etwa Edwin Griessen (31). Oder wie es Conny Werthschulte-Stalder (42) ausdrückt: «Wir brauchen hier nicht noch einen Fünf-Sterne-Kasten, der nur zwei Monate im Jahr offen hat.»

Kommunikationsprobleme

Ähnlich sieht das auch Einsprecherin Rüfenacht: «Ich bin nicht grundsätzlich gegen ein neues Hotel, auch nicht direkt neben mir. Aber so Luxus-Hotels hat es hier oben schon genug.» Zudem bemängelt sie die Kommunikation der Bauherrschaft. «Seit dem ersten Projekt gab es keine Einspracheverhandlung mehr, obwohl wir mehrmals unsere Gesprächsbereitschaft geäussert haben.» Weswegen sie die Einsprachen als einzig hörbares Mittel der Kommunikation sieht. «Darum halten wir so lange daran fest, wie wir können.»

Für Hauswirth sieht die Situation ganz anders aus. Zu Beginn habe man nach jeder Einsprachenrunde versucht, Verhandlungen zu führen, doch das sei von den Gegnern abgelehnt worden. «Egal, was ich mache, die Nachbarn torpedieren einfach alles. Das ist nichts anderes als eine Schikane.»

«Wir haben uns beim ersten Projekt grosse Mühe gegeben, auf alle Einsprecher zuzugehen und Kompromisse zu finden», so Hauswirth. Jeder weitere Versuch wäre nur vergeudete Zeit und Energie. «Wir wollen jetzt die Baubewilligung und wir werden diese auch bekommen. Wir hatten von Anfang an das Recht darauf.» Auf weitere Verhandlungen wolle man sich nicht einlassen. «Es gibt nichts mehr zu diskutieren. Oder dann halt vor Gericht.»

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