Bernard Spicher (74) kauft ein E-Fahrzeug als Occasion – und hat Ärger mit der Batterie
«Man kann doch nicht einfach Leute ausnehmen»

Bernard Spicher (74) aus Freiburg kaufte sich ein Elektrogefährt, um trotz des Verlusts seines Beins mobil zu sein. Die Freude darüber währte nicht lange: Schon kurz nach dem Kauf häuften sich die Probleme. Doch der Verkäufer weigert sich, das Fahrzeug zurückzunehmen.
Publiziert: 18.03.2024 um 00:07 Uhr
|
Aktualisiert: 18.03.2024 um 16:16 Uhr
Bernard Spicher aus Freiburg verlor im vergangenen Jahr aufgrund von Arterienverkalkungen einen Teil seines rechten Beins und trägt seither eine Prothese.
Foto: Gina Krückl
1/7
RMS_Portrait_AUTOR_715.JPG
Gina KrücklReporterin

Im vergangenen Jahr verlor Bernard Spicher (74) aufgrund von Arterienverkalkungen einen Teil seines rechten Beins. «Die Umgewöhnung war schwierig», erzählt der Rentner aus Freiburg gegenüber Blick. Umso mehr habe er sich im September 2023 auf seinen neuen Elektro-Kabinenroller gefreut: «Ich hatte mir davon wieder etwas mehr Freiheit erhofft.» Doch diese Freude findet ein jähes Ende, als die Batterie seines neuen Gefährts gleich auf der ersten Fahrt plötzlich den Geist aufgibt.

35 statt 100 Kilometer Reichweite

Gut fünf Monate später sitzt die Blick-Reporterin in Spichers Wohnzimmer. Im Gespräch dabei ist auch Eduard Aeby (71), der Mann von Spichers Cousine. Die beiden Rentner erzählen, wie sie zu Beginn noch von einem unschuldigen Fehler ausgingen. «Im Verkaufsgespräch im Laden Elektro-Drive in Lenzburg AG wurden uns 100 Kilometer Reichweite versprochen, aber ich bin nie weiter als 35 Kilometer gekommen. Darum nahmen wir an, dass die Batterie defekt ist», so Spicher.

Die Great Ideas GmbH in Muri AG – die Firma hinter Elektro-Drive und Spichers Vertragspartner beim Rollerkauf – hätte sich zunächst sehr freundlich gegeben, so Aeby. «Sie wollten vorbeikommen und die Batterie austauschen.» Doch dazu sei es nie gekommen: «Es kam immer irgendwas dazwischen. Zuerst ein verlorenes Handy, dann ein Autounfall.»

Immer mehr Probleme

Trotz der Batterieprobleme nutzte Spicher seinen Roller weiter. «Ich fuhr aber nie weiter als zehn Kilometer, damit ich noch sicher nach Hause komme.» Doch dann fielen Spicher immer mehr Probleme auf: «Das Licht der Rückfahrkamera war kaputt und die Scheinwerfer nur sehr schwach.» Plötzlich brach der Sitz unter Spicher weg und musste von einem Metallwerker wieder befestigt werden. Nachdem dann auch noch die Batterien gegen das Gehäuse geknallt waren, als Spicher mal über eine etwas holprigere Strecke fuhr, rief er einen befreundeten Elektromechaniker zu Hilfe.

Dieser war vom Zustand der Batterien schockiert, wie er auf Anfrage erzählt. «Eigentlich wollte ich die Batterien befestigen, doch als ich das Fach geöffnet habe, war klar: Das fasse ich nicht an.» Er beschreibt das, was er sah, gar als potenziell gefährlich: «Die fünf Batterien lagen teilweise schief auf dem Boden, und das ohne dämpfende Gummimatte. Drei Batterien waren nur durch Schnüre gesichert, und unter der Halterung der anderen beiden waren Kabel eingeklemmt. In so einem Zustand verkauft man ein Fahrzeug nicht.»

Verkäufer verweigert Rücknahme

Aeby hat genug: Er kontaktiert die Great Ideas GmbH und verlangt den Umtausch des «offensichtlich» fehlerhaften Rollers. Seine Nummer wird blockiert. Er will den Hersteller seines Fahrzeugs kontaktieren, die Toledo AG in Baar ZG, stellt aber fest, dass es dieselbe Kontaktnummer wie die der Great Ideas GmbH ist. Also schreibt er Mails. Auch das ohne Erfolg.

Neu kostet ein Elektro-Kabinenroller der Typs Toledo Yummy je nach Ausstattung rund 10'000 bis 12'000 Franken. Spicher hat für seinen auf 20 km/h gedrosselten Toledo-Yummy-Roller nur 7000 Franken bezahlt: «Er war gerade mal einjährig, hatte 1500 Kilometer und neue Batterien. Es schien uns ein gutes Geschäft.» Zudem versprach man ihm auf diverse Teile eine Garantie, unter anderem auf die Batterie. 

Auf Anfrage von Blick sieht Roger Honauer, Seniorchef der Great Ideas GmbH, die Geschichte anders. «Herr Spicher wurde beim Kauf darauf hingewiesen, dass der Roller ein Kundenfahrzeug ist und wir nur teilweise Garantie dafür übernehmen können.» Dennoch habe man sich aus Kulanz zu einer Reparatur bereiterklärt. «Wir waren zweimal mit Termin bei ihm, und beide Male hatte er spontan doch keine Zeit.» Daraufhin habe sich Aeby gegenüber einem Geschäftspartner aggressiv verhalten – dieser streitet das jedoch ab.

Widersprüche in Vertragsunterlagen

Gemäss den Vertragsunterlagen handelt es sich bei Spichers Roller um ein Ausstellungsmodell inklusive neuer Batterien. Die Mindest-Reichweite liegt bei 45 Kilometern. In den Unterlagen finden sich aber auch einige Unstimmigkeiten. So ist der Roller in einem Dokument silbern, im anderen weiss. Daneben gibt es unterschiedliche Garantien: einmal ein Jahr für Motor, Getriebe und Hinterachse – einmal selbiges auch für die Batterie. In einem anderen Dokument gilt die Garantie sogar zwei Jahre. Zudem ist Spichers Name überall falsch geschrieben.

Darauf angesprochen, will Honauer keine weiteren Fragen beantworten. Er schreibt: «In 14 Tagen bekommen wir das Fahrzeug und reparieren es. Wir haben das so abgemacht mit Herrn Spycher.» Laut den Rentnern gibt es keinen solchen Deal – und ist für die beiden auch keine Option: «Wir wollen kein Fahrzeug, an dem weiter herumgebastelt wird. Wir wollen unser Geld zurück.» Dafür klären sie aktuell mögliche rechtliche Schritte ab. «Man kann doch nicht einfach Leute ausnehmen. Gerade jemanden mit einer Behinderung.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?