Hélène Zbinden (50) aus Uetendorf BE sucht ihren italienischen Vater
Giovanni, wo bist du?

Hélène Zbinden hat einen Wunsch. Sie möchte ihren Vater kennenlernen. Sie sucht nach ihm über Facebook, hat aber immer noch keine Spur.
Publiziert: 23.05.2015 um 09:42 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:51 Uhr
Von Céline Krapf

Ungewissheit. 40 lange Jahre. Dazu die Frage: Wer bin ich? Wo liegen meine Wurzeln?

Hélène Zbinden (50) aus Uetendorf BE hat einen Traum. Endlich ihren Vater zu finden. «Der Wunsch war immer da. Nur gab es niemanden, der hinter mir stand, mich unterstützte.»

Sie wusste nur: «Er ist Italiener und kehrte in seine Heimat zurück.» Für ihre Mutter war das Thema mit diesen Worten abgeschlossen. 2008 ist die Mutter todkrank, ihre Tage sind gezählt. Als Zbinden nochmals allen Mut zusammennimmt und die Mutter zur Rede stellt, kramt diese ein Foto aus einer Schublade: «Das ist er. Er heisst Giovanni und lebt vermutlich in Sizilien.»

Sie erzählte, er habe 1964 auf der Ciba-Geigy-Baustelle von Losinger in Marly FR gearbeitet. Direkt neben dem Bauernhof, auf dem die Mutter lebte. Das Paar ist jung und unvorsichtig: Zbindens Mutter wird schwanger. Ihre Familie merkt es erst, als sie Hélène zur Welt bringt. Ihr Vater war zu diesem Zeitpunkt bereits nach Italien zurückgekehrt. Mehr weiss Zbinden bis heute nicht. In ihr reift die Idee, ihn zu suchen: «Entweder mache ich es jetzt oder nie. Ich fühle mich wie ein unvollständiges Puzzle.»

Sie schreibt die Baufirma an, knüpft Kontakte nach Italien und erkundigt sich bei Behörden. Auf Facebook wird ihre Nachricht 7000-mal geteilt. «Die Reaktionen waren überwältigend. Einige schickten mir ihre Lebensgeschichte, um mir Mut zu machen, andere sandten mir ihre Glückwünsche und animierten mich zum Weitersuchen», sagt Zbinden. «Die Hilfsbereitschaft ist unglaublich. Ich war mehrere Tage damit beschäftigt, Nachrichten aus aller Welt zu beantworten.»

Dennoch: Ihren Vater hat sie bis heute nicht gefunden. Mit den spärlichen Angaben ist es für die Behörden unmöglich, ihn ausfindig zu machen. Hélène Zbinden hofft, dass ehemalige Arbeitskollegen oder Verwandte ihren Vater erkennen und sich melden.

«Geduld bringt Rosen und zuletzt dann meinen Vater», schreibt sie im Internet. «Ich merke schon jetzt, wie eine grosse Last aus meinem Rucksack verschwunden ist. Nämlich die Last zu schweigen und hinzunehmen.» Zbinden hat sich viele Enden für ihre Geschichte überlegt. Was, wenn der Vater sie ablehnt? Oder gestorben ist? «Dann habe ich wenigstens Gewissheit, und die quälenden Gedanken und die Sehnsucht nach ihm hören auf. Ich ertrage sie nicht mehr.»

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