Marion W. (41) entsorgte ihre Tochter in Därstetten BE – jetzt packen die Verwandten aus
Sie haben 5 Kinder – keines ist bei ihnen!

Marion W. setzte ihre neugeborene Tochter auf dem Werkhof von Därstetten aus. Ihre Spuren führen nach Deutschland. Dort hat sie bereits drei Kinder – alle wurden ihr weggenommen. Auch ihr heutiger Partner wollte seine Kinder nicht. Die Frau befindet sich in U-Haft.
Publiziert: 08.01.2020 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2020 um 10:40 Uhr
BLICK hat Freunde und Bekannte von Marion W. getroffen, die ein unterschiedliches Bild von ihr zeichnen. Einig sind sich alle: «Warum hat sie niemandem von der Schwangerschaft erzählt».
Foto: zvg
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Fabian Vogt

Am Freitagabend setzt Marion W.* (41) ihre neugeborene Tochter auf dem Werkhof von Därstetten BE aus. Bei einem Sammelbehälter für Kaffeekapseln. Sie packt das Baby in eine Kartonschachtel und wickelt es in eine weisse Decke. Dann läuft Marion W. davon (BLICK berichtete). Wäre das Mädchen nicht wenige Stunden später per Zufall entdeckt worden, sein junges Leben wäre schon vorbei.

Wie die Kantonspolizei Bern am Donnerstag mitteilt, wurde die Mutter und «ein Mann aus dem unmittelbaren Umfeld» in Untersuchungshaft versetzt. Als Grund wird eine mögliche Kollusionsgefahr angegeben. «Die weiteren polizeilichen Ermittlungen haben vorab zum Ziel, die genauen Rollen der beiden Personen bei den Ereignissen zu klären», heisst es.

In ihrem Leben lief schon vorher vieles schief

Angehörige und Bekannte von Marion W. und ihrem Freund sind fassungslos, wenden sich vom Paar ab und hadern mit der Entscheidung der Mutter, das Neugeborene auszusetzen. Aber auch sie wissen: Im Leben von Marion W. lief schon vorher vieles schief.

Mit ihrem Partner Klaus K.* (40) lebt die Deutsche unweit des Fundorts. In einem heruntergekommenen Chalet-Bau. Im Dorf wird das Paar unterschiedlich wahrgenommen. Für einige sind sie arbeitslose Alkoholiker. Für andere gute Freunde, mit denen man grillieren geht. Nur eines fragen sich alle: Warum hat Marion W. niemandem etwas über ihre Schwangerschaft verraten? «Hätte sie doch nur was gesagt. Wir hätten geholfen», beteuert ein Kollege aus Zweisimmen BE.

Selbst wenige Tage vor der Geburt kann sie den Bauch verstecken

Doch Marion schweigt. Um das Bäuchlein zu kaschieren, trägt sie lange Pullover. Auch an Weihnachten fällt es offenbar niemandem auf. Wenige Tage später bringt sie ihre Tochter ohne fremde Hilfe zur Welt. Ob ihr Partner eingeweiht war, wird derzeit untersucht. Letzten Sonntag kommt sie in Polizeigewahrsam. Auch Klaus K. wird verhört. Beide befinden sich noch nicht wieder auf freiem Fuss.

Um die Geschichte von Marion und Klaus zu begreifen, werden die Ermittler auch in Deutschland auf Spurensuche gehen müssen. Marion W. wächst in einem Waisenhaus in der Nähe von Karlsruhe auf. Trinkt, dreht Joints – und zeugt drei Kinder mit drei unterschiedlichen Vätern. Alle verliert sie an die Behörden. «Sie hat sich nie wirklich um ihre Kinder gekümmert. Alkohol und Drogen waren ihr leider wichtiger», sagen ehemalige Bekannte aus Deutschland. Man hat sich entfremdet. Schon vor Jahren.

Auch Klaus K. hat zwei Kinder

2014 lernen sich Marion und Klaus kennen. Sie soll damals in einem Obdachlosenheim gelebt haben. Er arbeitete gelegentlich in der Schweiz auf dem Bau. Seine Schwester beschreibt ihn als «ziemlich aggressiv». Auch Klaus K. hat zwei Kinder. Doch: Seine Frau läuft ihm davon, als das Älteste noch kein Jahr alt ist. Die Vaterrolle will er nicht spielen. Ein Kind kommt zu Pflegeeltern. Das andere zu Oma Ingrid K.* (70) – der Mutter von Klaus.

Auch das Paar zieht zur Oma. Dort rauchen, trinken und dealen sie. «Um seine Kinder hat er sich nie gekümmert», sagt seine Schwester und beschreibt den Bruder als «schwarzes Schaf der Familie». Erst recht, seit der Vater tot ist: «Ab da dachte er, er sei der Boss!»

Beide finden temporäre Jobs in der Schweiz – aber nur kurz

2017 findet Klaus wieder Arbeit in der Schweiz. In Gstaad BE kann er auf dem Bau arbeiten. Marion W. reist ihrer Liebe nach. Findet ebenfalls eine Anstellung – im Spital Zweisimmen.

Irgendwann sind beide wieder arbeitslos. Statt eines neuen Jobs legen sie sich zwei Jack Russell Terrier zu. Sie spazieren viel und teilen die Tierliebe auf Facebook. Im Frühjahr 2019 wird Marion schwanger. Niemand merkt etwas. Bis sie auf den Werkhof geht.

Die Verwandtschaft kann und will es nicht fassen

Daheim in Deutschland kann Ingrid K. die neuesten Entwicklungen kaum fassen. Sie erfährt von BLICK, dass sie möglicherweise wieder Grossmutter geworden ist: «Ich bin total am Boden.» Sie bestätigt, dass die Enkel nicht von ihrem Sohn grossgezogen wurden: «Ja, seine zwei Kinder waren nicht bei ihm. Und ja, er hat manchmal Mist gebaut.» Aber: «Er hat mir immer erzählt, wenn er Vater wird.» Erst im Dezember habe sie das Paar noch gesehen – und überhaupt nichts bemerkt.

Er und Marion W. hätten zwar manchmal gestritten, aber grundsätzlich seien die zwei glücklich gewesen. Besonders ihr Sohn habe sich in der Schweiz wohlgefühlt: «Er hat zu mir gesagt: Endlich habe ich ein Zuhause gefunden.» Ingrid K. stockt: «Diese Tat ... so etwas würde er nie tun!»

Sollte sich ihr Klaus als der leibliche Vater herausstellen, will Ingrid K. schnell in die Schweiz kommen: «Dann würde ich meine Enkelin in die Arme schliessen.»

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