Tunnel-Labyrinth mit Festsaal
Berner buddelte verrücktes Höhlensystem hinter seinem Haus

Vor 60 Jahren fing der Seeländer Peter Junker an, zu graben. Im Sandsteinhügel erschuf er ein 240 Meter langes Tunnelsystem – inklusive Festsaal.
Publiziert: 18.12.2023 um 19:01 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2023 um 13:20 Uhr

«Äs isch amene rächte Bärner id Wiege gleit: Wenner öppis im Gring het, wirds düregschtieret», sagte Peter Junker immer. An dieses Motto hat sich der Mann aus Seewil bei Rapperswil jedenfalls selbst gehalten. Jahrzehntelang grub er im Hang hinter seinem Haus – mit Leidenschaft und Besessenheit.

41 Jahre lang buddelte Junker in seinem Höhlensystem, jeden Tag, ausser sonntags. Als er 2005 einen Schlaganfall erlitt, war Schluss damit. Im vergangenen Jahr verstarb er im Alter von 90 Jahren. «Am Schluss wollte er nichts mehr von seinem Tunnel wissen», sagte Barbara Junker dem «Bieler Tagblatt» über ihren dementen Vater.

«Jetzt wird der Hoger angebohrt»

Mit dem Graben begann Junker 1964 – auf der Suche nach Wasser. Das erzählte er 1990 in der Sendung «Viktors Programm» von Viktor Giacobbo (71). Wenn ein Lastwagen bei ihm vorbeifuhr, brach die alte Gussleitung und er hatte kein Wasser mehr.

41 Jahre lang grub Peter Junker in den Sandsteinhügel hinter seinem Haus.
Foto: Dominik Rickli
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«Ich fand, das kann doch nicht sein, dass ich auf meiner Ranch nicht einmal ein eigenes Brünneli habe, und beschloss: Jetzt wird der Hoger angebohrt. Der hat mir Wasser zu geben, und ich grabe mindestens 100 Meter, oder bis Wasser kommt», sagte Junker in der Sendung. 

Den Worten folgten Taten. Zuerst mit Pickel und Schaufel, dann mit dem Presslufthammer grub er sich durch den Sandsteinhügel. Doch nach fünf Jahren war der Tunnel gerade mal fünf Meter lang. Als härteres Gestein zum Vorschein kam, griff Junker zu Sprengstoff – der später allerdings genehmigungspflichtig wurde.

Unterirdischer Festsaal

Wieder mit dem Presslufthammer hatte es der Seeländer nach 65 Metern geschafft: Quellwasser, das er in einen Brunnen vor dem Haus leitete. «Vater hat das Wasser gar nie benutzt», verrät seine Tochter der «Berner Zeitung». Obwohl er sein eigentliches Ziel erreicht hatte, baute Junker sein Höhlensystem weiter aus.

«In den Anfangszeiten grub er oft bis spät in die Nacht und ging dann voller Sand ins Bett – zum Waschen reichte die Zeit nicht mehr, weil er um 5 Uhr wieder auf zur Arbeit musste», erinnert sich seine Tochter. Entstanden ist nicht nur ein Brunnen, sondern auch eine stattliche Festhalle – inklusive einer vier Meter langen Festbank und einer halbrunden Sitzecke.

Tochter vermietet den Saal

Die Baubewilligung für sein Projekt erhielt Junker erst nachträglich, als der Gemeinderat zu einer Besichtigung vorbeikam. Zuvor hatte der Seeländer schlichtweg niemanden gefragt, sondern einfach gemacht. 

Doch das schien niemanden zu stören. In einem Fernsehbeitrag sagte ein Nachbar, dem das Feld über der Höhle gehört: «Solange Peter Junker mir die Kartoffeln nicht von unten her stiehlt, ist es für mich in Ordnung, wenn er weitergräbt.»

Wozu das Tunnelsystem nach Junkers Tod dient? Gemeinsam mit ihrem Mann kümmert sich seine Tochter um die Höhle und vermietet den Festsaal. «Sie beschert uns sehr viel Arbeit», gesteht Barbara Junker. Denn um das Ganze in Schuss zu halten, muss die Elektrik einwandfrei gewartet sein. Zudem muss ein Entlüfter dem Saal täglich 20 Liter Wasser entziehen – sonst könnte es ungemütlich werden. (gs)

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