Im Kanton St. Gallen steigen die Unfallzahlen
Angeheitert in die E-Bike Falle

Im Kanton St. Gallen bauen auffallend viele E-Bike-Radler Unfälle mit viel Alkohol im Blut. Andere Kantone sehen dieses Problem nicht.
Publiziert: 26.09.2017 um 10:34 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:19 Uhr
Am Samstag erst verunfallte eine E-Bike-Fahrerin (60) in Gossau SG.
Foto: Kantonspolizei St. Gallen
Simona Boscardin

Im Kanton St. Gallen zeichnet sich ein neuer Trend ab: sich einen hinter die Binde kippen und danach mit dem E-Bike nach Hause düsen.

Wie die St. Galler Kantonspolizei mitteilte, gab es in diesem Jahr schon doppelt so viele E-Bike-Unfälle wie im letzten Jahr um dieselbe Zeit. Hauptunfallursache dabei sei das Fahren unter Alkoholeinfluss.

Personen über 65 machen die meisten Unfälle 

Waren es im Jahr 2016 noch 18 Unfälle, sind es dieses Jahr bereits 29 – zwei davon tödlich. Davon sind acht Unfälle auf den Konsum von Alkohol zurückzuführen. Viele Verkehrsteilnehmer würden zwar schon vorschriftsgemäss das Auto stehenlassen, sagt die Polizei, fahren stattdessen aber in alkoholisiertem Zustand mit dem E-Bike. Auch dort gilt der Alkoholgrenzwert von 0,5 Promille.

Dabei sticht vor allem das Alter der Verunfallten hervor. «Die Altersgruppe, welche am meisten Unfälle gemacht hat, sind Personen im Alter von 65 Jahren und älter; gefolgt von der Altersgruppe zwischen 45 und 64 Jahren», sagt Florian Schneider, Mediensprecher der St. Galler Kantonspolizei. 

Hauptunfallursache Alkohol nur in St. Gallen

Das Problem, dass in betrunkenem Zustand mit dem E-Bike gefahren wird, kennen andere Kantone nur zum Teil, wie eine Nachfrage von BLICK bei verschiedenen Kantonspolizeistellen zeigt. Zwar steigen die Unfälle mit E-Bikes auch in anderen Kantonen stetig an, jedoch führen die angefragten Kantone den Alkoholeinfluss nicht als Hauptunfallursache auf.

«Alkohol ist bei uns kein Thema. Jedoch sehen wir, dass die Unfälle mit E-Bikes von Personen im Seniorenalter erheblich sind», sagt Bernhard Graser von der Kantonspolizei Aargau. Viele Leute würden nach Jahrzehnten wieder Velo fahren, und mit der fehlenden Fahrpraxis passierten schneller Unfälle. 

Im Kanton Bern zeigt die Verkehrsunfallstatistik aus dem letzten Jahr, dass auch dort gerne gebechert und geradelt wird. Denn von 68 Hauptverursachern von Unfällen mit Personenschaden waren zehn Personen unter Alkoholeinfluss. 

Ob Alkohol damit zur Hauptunfallursache gehört, zeigen die Zahlen des Kantons Bern jedoch nicht. Was man aber aus der Statistik herauslesen kann, ist, dass auch dort Personen zwischen 55 und 59 Jahren für die meisten Unfälle verantwortlich sind. 

Alkohol bundesweit nicht Hauptunfallursache

Dass der Kanton St. Gallen wahrscheinlich eine Ausnahme darstellt, zeigen die Zahlen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Bei den schweren Personenschäden bei E-Bike-Fahrern war in den Jahren 2012 bis 2016 Alkohol in 14 Prozent der Fälle die Ursache für den Unfall.

Davor stehen mit 16 Prozent Unaufmerksamkeit und Ablenkung sowie 34 Prozent andere Gründe. «Generell kann man sagen, dass es sich bei den Unfällen vor allem um Selbstunfälle handelt», sagt Nicolas Kessler, Mediensprecher der BFU zu BLICK. 

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung zeigt auch, dass die Altersgruppe von Personen zwischen 45 und 64 Jahren am meisten alkoholisiert auf dem E-Bike unterwegs war.

Nichtsdestotrotz ist das E-Bike im Trend. Gemäss den Zahlen von Velosuisse wurden 2016 gegenüber dem Vorjahr 14 Prozent mehr E-Bikes verkauft. Ob die Zahlen auch beim Verkauf von Helmen so aussieht, ist zu bezweifeln. Denn bei rund der Hälfte der E-Bike-Unfälle im Jahr 2017 trugen die Fahrer keinen Helm. Insbesondere bei E-Bikes ist wegen der hohen Geschwindigkeit das Tragen eines Helms dringend zu empfehlen.

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