Corona-Kompromiss
SBB prüfen Maskenpflicht für einzelne Waggons

Der Bundesrat und die SBB wollten von einer generellen Maskenpflicht im ÖV nichts wissen – das sorgt für Unmut. Jetzt prüft die Bahn einen gut schweizerischen Kompromiss: Waggons für Maskenträger. Und solche für Verweigerer.
Publiziert: 20.05.2020 um 23:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2020 um 14:59 Uhr
Pendler mit und ohne Schutzmasken in einer S-Bahn in Zürich.
Foto: keystone-sda.ch
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Georg Nopper

Das Gedränge nach dem Corona-Lockdown wird wieder grösser. Falls die Abstandsregel von zwei Metern nicht eingehalten werden kann, empfehlen die SBB das Tragen einer Hygienemaske. Doch nur jeder 20. Passagier hat eine, wie die Eisenbahner-Gewerkschaft SEV schätzt.

Laut einer Umfrage von Tamedia befürwortet eine Mehrheit von 68 Prozent eine Maskenpflicht für den öffentlichen Verkehr. Jetzt prüfen die SBB einen Kompromiss: Eine Maskenpflicht für einzelne Waggons. Dies geht aus einer Sondierung in einer Stammkunden-Testgruppe der SBB hervor, die BLICK vorliegt.

Darin werden die SBB-Kunden gefragt, ob sie im Vergleich zur derzeit geltenden freiwilligen Regelung weniger oft oder häufiger mit dem Zug reisen würden, wenn es einzelne Waggons mit Maskenpflicht gäbe. Schliesslich war das mit unterschiedlichen Waggons bis zum Jahr 2005 normal – damals gab es bekanntlich die Raucherabteile.

An ausgewählte Kundschaft verschickt: Umfrage der SBB.
Foto: Screenshot

In weiteren Fragen stellen die SBB gar die Frage nach einer generellen Maskenpflicht.

«Massnahmen ableiten, um Nachfrage zu erhöhen»

Wie es auf Anfrage bei den SBB heisst, werden eine dreistellige Anzahl ihrer Kunden zu den Auswirkungen der Coronakrise auf ihr Mobilitätsverhalten befragt. «Darin enthalten sind unter anderem Fragen zu Schutzmasken», sagt Sprecher Raffael Hirt. «Die SBB möchte mit der Befragung den Puls der Bahnreisenden fühlen und allenfalls Massnahmen ableiten, um die Nachfrage im Schweizer ÖV, die ja um bis zu 90 Prozent gesunken ist, wieder erhöhen zu können.»

Für das Zugpersonal gilt bereits jetzt eine Masken-Pflicht. Dass die Passagiere nicht ebenso zur Verantwortung gezogen werden, stösst auch Reisenden, die eine Maske tragen, sauer auf.

Auch von Gewerkschaftsseite wird die derzeitige Regelung kritisiert: «Mit den Masken schützt das Personal zwar das Umfeld, hat aber selbst nur einen eingeschränkten Selbstschutz», sagte SEV-Gewerkschaftssekretär Jürg Hurni vergangene Woche zum BLICK. «Wenn man den Schutz wirklich aufrechterhalten und auch umsetzen will, dann wäre es schon so gedacht, dass sich auch die Reisenden im öffentlichen Verkehr mit einer Gesichtsmaske ausrüsten sollten.»

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