Corona-Prävention vor dem Schulstart
Bund hält sich bei Teenie-Impfungen zurück

Die Klassenzimmer füllen sich bald wieder. Doch das BAG betrachtet die Impfung von Schülern und Schülerinnen mit Skepsis. Steigen die Fallzahlen deshalb bald wieder kräftig an?
Publiziert: 08.08.2021 um 09:05 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2021 um 11:05 Uhr
Evgenia Kostoglacis

Bisher sind nur elf Prozent der 12- bis 17-Jährigen in der Schweiz vollständig geimpft. Wohl auch, weil das Bundesamt für Gesundheit die Immunisierung von Teenagern nur dann empfiehlt, wenn sie an einer Vorerkrankung leiden.

Eine allgemeine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche wurde bisher nicht ausgesprochen. Das BAG übt sich in Zurückhaltung – ganz anders als bei anderen Bevölkerungsgruppen. «Die Datenlage ist begrenzt, weshalb eine individuelle Nutzen-Risiko-Analyse empfohlen wird», schreibt das Amt auf Anfrage.

Grosse Verunsicherung an den Schulen

Kurz vor dem Schulstart löst dies vor allem bei Eltern und Lehrpersonen Unsicherheit aus – wenn nicht Unbehagen.

Die Impfzulassung für Unter-12-Jährige kommt frühestens Anfang 2022.
Foto: Photothek via Getty Images
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Christian Ulmer ist Schulratspräsident der Stadt Schaffhausen. Er sagt: «Ich erwarte vom BAG eine klare Botschaft: Sind Kinder Überträger und Treiber der Pandemie? Oder sind sie es nicht? Der Bund hat seine Aussage, dass Kinder keine Treiber seien, nie widerrufen.» «An den Schulen», so Ulmer weiter, «herrscht deswegen grosse Verunsicherung – weil wir nicht wissen, ob die Aussage noch gilt oder nicht.»

Corina Wirth, Geschäftsführerin des nationalen Fachverbands Public Health Schweiz, gibt Entwarnung: «Kinder sind grundsätzlich nicht die Treiber der Corona-Pandemie.» Sie erklärt aber gleichzeitig: «Da nun immer mehr Erwachsene geimpft sein werden, kann man davon ausgehen, dass in den kommenden Monaten das Coronavirus hauptsächlich unter den Nichtgeimpften und daher unter Kindern zirkulieren wird.»

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Fallzahlen könnten mit Schulstart steigen

Die meisten mit Covid infizierten Kinder und Jugendlichen weisen keine oder bloss milde Symptome auf. Allerdings zeigt eine Zürcher Studie, dass immerhin zwei Prozent der erkrankten Kinder später an «Long Covid» leiden, anhaltenden Corona-Folgen. Zudem besteht das Risiko einer Weitergabe des Virus trotz milder Symptome weiterhin.

Mit dem Schulstart dürften die Fallzahlen daher erneut steigen – auch unter Erwachsenen. Und noch immer sind laut BAG sogar unter den besonders Gefährdeten in der Schweiz 450 000 nicht geimpft.

Hat der Bund darauf eine Antwort? Und – wenn ja – welche?

Bringt die Impfung für Kinder überhaupt etwas?

Eine Impfempfehlung für über Zwölfjährige, wie sie manche fordern, spricht er nicht aus. Fraglich ist zudem, wann die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna für Kinder freigegeben werden, die jünger sind als zwölf. Bern wartet, wie es heisst, auf zuverlässige Studien – aber die Datenlage ist nach wie vor begrenzt.

Auch werden in der Schweiz Impfstoffe grundsätzlich nur dann zugelassen, wenn sie für die geimpften Personen einen unmittelbaren Vorteil bringen. Vor Anfang 2022 rechnet das BAG in jedem Fall nicht mit einer Zulassung von Impfstoffen für unter Zwölfjährige.

Regelmässiges Testen bleibt nach wie vor essenziell

Um Schülerinnen und Schüler vor dem Virus zu schützen, stehen somit auf absehbare Zeit lediglich regelmässige Corona-Massentests im Vordergrund. Durch häufige Anwendung von PCR-Tests können infizierte Kinder und Jugendliche frühzeitig erkannt und die Verbreitung des Virus eingedämmt werden.

Auf diese Weise verringert sich das Risiko einer Covid-Erkrankung um das Fünf- bis Zehnfache. Der Bund und die meisten Kantone werden diesen Weg auch weiterhin beschreiten.

Mit Ausnahme des Aargaus, wo morgen Montag der Unterricht wieder beginnt: Dort gibt es nach wie vor Probleme mit dem Testmaterial, der Schulstart erfolgt darum im epidemiologischen Blindflug.

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