«Wir haben den Spielraum in punkto Masken genutzt!»
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Altersheim Giswil wehrt sich:«Wir haben den Spielraum in punkto Masken genutzt!»

Corona-Todesserie in Giswil OW
Blick entlarvt die dreiste Masken-Ausrede des Heimleiters

Der Fall Giswil OW macht betroffen. Innert drei Wochen starben im Altersheim «dr Heimä» neun Senioren an Corona. Das Personal trug keine Masken – denn der Heim-Chef will die Maskenpflicht lediglich als «Empfehlung» wahrgenommen haben. Behörden widersprechen.
Publiziert: 28.10.2021 um 18:19 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2021 um 18:39 Uhr

Es sind absurde Szenen, die sich am Mittwochabend vor dem Altersheim «dr Heimä» in Giswil OW abspielten. Die Freiheitstrychler hielten eine Trauer-Zeremonie ab. Der Anlass: Innert drei Wochen waren neun Senioren und Seniorinnen an Corona gestorben.

Die Corona-Skeptiker waren aber nicht nur wegen der Toten gekommen, sondern auch, um dem Heim den Rücken zu stärken. Ihr Erscheinen sollte ein Zeichen der Unterstützung sein.

Freiheitstrychler versammeln sich in Giswil OW
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Vor Altersheim in Giswil:Hier versammeln sich die Freiheitstrychler

Denn Heimleiter Daniel Kiefer hatte es mit den Schutzmassnahmen nicht so genau genommen. Die Maskenpflicht wurde ignoriert. Im Sommer etwa sollen die Angestellten keinen Mundschutz getragen haben – und wurden von der Geschäftsleitung auch dazu aufgefordert. Zivilschützer, die noch im September im Alterszentrum im Einsatz waren, haben die klare Anweisung erhalten, die Maske abzulegen, wie die «Luzerner Zeitung» berichtete.

Das Altersheim «dr Heimä» in Giswil OW sorgt für mächtig Wirbel. Innert drei Wochen starben neun Senioren und Seniorinnen an Corona.
Foto: Claudio Meier
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Die Maske zu tragen, war nie eine Empfehlung

Der Druck auf das Heim wächst. Inzwischen hat sich die Polizei eingeschaltet und ermittelt. Der Heimleiter ist sich indes keiner Schuld bewusst. Von einer Maskenpflicht will er nichts gewusst haben, wie er am Mittwoch während einer Pressekonferenz erklärte. Einen Mundschutz zu tragen, habe er lediglich als Empfehlung verstanden. Diesen vermeintlichen «Spielraum» hätten auch andere Pflegeheime in der Region wahrgenommen. Doch das stimme nicht, sagt der Kanton.

«Es ist nicht korrekt, dass es keine Maskenpflicht für das Personal in den Heimen gab oder dass diese seitens des Kantons aufgehoben wurde», sagt Sandro Kanits vom Finanzdepartement Obwalden, das in diesem Fall für die Gesundheitsfragen verantwortlich ist.

Angestellte hätten Masken tragen müssen

Gemäss der Covid-19-Verordnung müsse jede Person in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einrichtungen und Betrieben eine Gesichtsmaske tragen. Und: Das Altersheim Giswil habe auch keine Rücksprache mit dem Departement gehalten.

Der Departement-Sprecher zu Blick: «Somit ist klar, dass im Altersheim Giswil im öffentlich zugänglichen Bereich weiterhin Maskenpflicht galt und gilt.» Dass die Pflicht als Empfehlung verstanden werden konnte, ist unwahrscheinlich. Schliesslich habe der Kanton die Merkblätter vom Bundesamt für Gesundheit an die Heime weitergeleitet.

Gesundheitsdirektorin spricht Beileid aus

Im Gespräch mit Blick bedauert auch Gesundheitsdirektorin Maya Büchi-Kaiser (58, FDP) die Todesfälle. «Die tragischen Ereignisse tun uns sehr leid», sagt sie auf Anfrage von Blick. Man sei in Gedanken bei den Angehörigen und Mitarbeitenden. Auch sie bestätigt, dass jede Person in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einrichtungen und Betrieben – also auch in Altersheimen – eine Maske tragen muss. Ausnahmen sind für geimpfte und genesene Bewohner vorgesehen. «Nicht aber für Mitarbeitende», betont Büchi-Kaiser.

Natürlich behindert die Maske die Arbeit mit den Bewohnern

Und daran halten sich die anderen Heime im Kanton Obwalden. «Bei uns werden die Masken sowieso getragen, egal ob Empfehlung oder Vorschrift», sagt Peter Wechsler, Geschäftsführer des Altersheims Felsenheim in Sachseln OW.

Gleiches Spiel in Engelberg OW in der Einrichtung Erlenhaus. Natürlich behindert die Maske die Arbeit mit den Bewohnern. Das habe man auch im Team diskutiert, so Betriebsleiterin Theres Meierhofer-Lauffer. Der Mundschutz wurde trotzdem getragen. Der Leiter eines weiteren Heims sagt, dass das Schutzkonzept mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werde. Darin sei klar festgehalten, dass die Maske getragen werden müsse. (vof/cat/jmh/dba/til)

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