Evelyne Binsack zum Tod Stecks
«Ueli war ein sehr bedachter Mensch»

Die Schweizer Extremsportlerin Evelyne Binsack (49) kannte Ueli Steck gut – ebenso wie den Mount Everest, an dem der Alpinist ums Leben kam. Stecks Tod sei eine «Katastrophe», sagt sie im Interview mit BLICK.
Publiziert: 30.04.2017 um 12:20 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:49 Uhr
«Wir sprechen von Restrisiko»
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Bergsteigerin Evelyne Binsack zum Tod von Ueli Steck:«Wir sprechen von Restrisiko»
Interview: Lea Hartmann

Frau Binsack, wie haben Sie auf die traurige Nachricht vom Tod Ueli Stecks reagiert?
Damit habe ich wirklich überhaupt nicht gerechnet, es ist eine Katastrophe. Eine Kollegin hat mich heute angerufen und mich informiert. Inzwischen konnte ich mich etwas fassen. 

Bergsteigerin und Abenteurerin Evelyne Binsack (49) kannte Steck seit 20 Jahren.
Foto: zVg

Sie kannten Ueli Steck gut.
Ja, wir kannten uns seit 20 Jahren. Früher, als wir uns noch nicht spezialisiert hatten, hatten wir noch mehr miteinander zu tun. Aber bis heute hatten wir einander im Blick, ich habe sein neues Projekt mit Spannung verfolgt. Unsere Freundschaft beruhte auf respektvoller gegenseitiger Anerkennung.

Steck ist bei einer Erkundungstour am Nuptse ausgerutscht und tödlich verunfallt. Was ist das für eine Gegend?
Der Nuptse wird sehr selten begangen. Er steht mit seinen knapp 7900 Metern Höhe im Schatten seiner beiden Nachbarn, dem Lhotse und Everest. Ueli war in der Akklimatisationsphase und ich kann mir vorstellen, dass er diesen Berg für Trainingszwecke besteigen wollte. Der Nuptse ist steil, aber für einen Ausnahmekönner wie Ueli technisch nicht allzu anspruchsvoll.

Sein geplanter Rekordversuch war gewagt. Vielleicht zu gewagt?
Ich kenne den Mount Everest sehr gut, den Nuptse habe ich allerdings nie geklettert. Deshalb kann ich das nicht genau einschätzen. Ich weiss einfach, dass es andere Alpinisten schon probiert haben und dann abbrechen mussten. Aber als mich eine Bergführerkollegin kürzlich fragte, wie ich Uelis Erfolgschancen einschätze, sagte ich: Wenns einer kann, dann Ueli. 

Das Extrembergsteigen ist immer mit einem Risiko verbunden. Wie geht man als Alpinist selbst damit um?
Ich muss dazu sagen: Ein Bergsteiger klettert nicht wegen des Kicks, sondern weil er das aus Leidenschaft macht. Man versucht das Risiko immer so minim wie möglich zu halten. Man trainiert gut, ist physisch und psychisch topfit und weiss genau, was man kann. Das ist die Grundlage.

Wie wird Ihnen Ueli Steck in Erinnerung bleiben?
Ich glaube, Ueli hatte zwei Seelen in seiner Brust. Die eine Seele, die sich total hatte austesten wollen, ohne allerdings Kompromisse bei der Vorbereitung einzugehen. Auf der anderen Seite war Ueli ein sehr empfindsamer, weicher, sehr bedachter Mensch. Ich glaube, das ist auch das, was alle an ihm schätzten – und was ihm seinen Erfolg bescherte in der Öffentlichkeit. Er hat sicher polarisiert. Aber wenn er etwas gemacht hat, dann hat er auch den ganzen Weg dorthin gemacht. Er war nicht einer, der einfach nur geplappert hat. 

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