Experte zum Sau-Stunk in Meggen LU
876 Stunden im Jahr darf es stinken

Bauer Hofer muss seine Schweinezucht in Meggen LU einstellen. Sein neuer Nachbar klagte wegen des angeblichen Gestanks. Doch wie schlimm ist es wirklich? Wissenschaftler können heute unangenehme Gerüche messen.
Publiziert: 21.06.2019 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2019 um 18:11 Uhr
Anian Heierli

Landwirt Kaspar Hofer (58) und seine Söhne stehen vor dem Ruin. Die alteingesessene Familie muss ihre Schweinezucht in Meggen LU nach 300 Jahren einstellen. Ihr neuer Nachbar Daniel Wirth (54) beschwerte sich über den Gestank. Er klagte erfolgreich, weil der Saustall 38 Meter zu nahe bei seiner Villa steht (BLICK berichtete).

«Doch ist Gestank eigentlich messbar? Ja, sagt Luzi Bergamin (46). Der Physiker der Firma KBP GmbH aus Bern kann mit wissenschaftlichen Methoden feststellen, wie stark es aus einem Schweinestall riecht. Seine Firma fertigt Expertisen an – in genau solchen Fällen wie bei Hofers.

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Er könnte sagen, ob der Schweinestall in Meggen stinkt. Physiker Luzi Bergamin führt Geruchs-Expertisen für Landwirtschaftsbetriebe durch.
Foto: zvg
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Physiker Bergamin: «Mindestabstände sind veraltet»

Laut Experte Bergamin hat der Hof in Meggen aber einen schweren Stand. «Er ist nahe an der Wohnzone und sogar noch leicht erhöht. Gerüche breiten sich talwärts aus», so sein Fazit. Zudem lassen die Gesetze mit den Mindestabständen oft keinen Spielraum zu. Der Physiker dazu: «Die Abstände wurden 1995 definiert. Sie sind veraltet.»

Er plädiert deshalb für neue Gesetze. «Der Tierschutz hat in den letzten Jahren zugenommen», sagt er. «Die Ställe sind grösser. Die Tiere haben mehr Platz und Auslauf. Deshalb gibt es auch mehr Gerüche als früher.» Bergamin ist aber nicht für noch grössere Abstände. Er sagt: «Im Fall Meggen gibt es einen klassischen Zielkonflikt zwischen Tier- und Immissionsschutz.» Die Politik müsse klären, was wichtiger ist.

Im Labor schnüffeln Studenten an der Stallluft

Doch wie kommt eine Geruchs-Expertise überhaupt zustande? «Im Idealfall hat der Stall eine Lüftung, der wir Proben entnehmen», sagt Bergamin. Diese Luft wird dann von Probanden im Labor untersucht. Sie erhalten in einer Atemmaske schrittweise eine immer höhere Dosis der Abluft und müssen angeben, wenn sie etwas riechen. Eine weitere, kosten- und zeitintensive Möglichkeit ist das Schnüffeln vor Ort. Dazu müssen die Probanden – meist Studenten – aber mehrmals zum Stall, da Wetter, Wind und Temperatur grossen Einfluss auf den Gestank haben.

Wenn Bergamin einen Schweinestall untersucht, errechnet er ein aufwendiges Windmodell fürs Gebiet. Dieses zeigt ihm an, in welche Richtung die Luft wie stark verweht wird. Mithilfe des Modells und der Daten aus dem Labor kann er die Geruchsbelastung an Standorten exakt bestimmen. «Zehn Prozent sind zumutbar», sagt er und erklärt: «Das heisst, im Jahr darf während maximal 876 Stunden ein deutlicher Geruch auftreten.»

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