Fahrlehrer und Samariter warnen vor Abschaffung des Nothelferkurses
«Die ersten Minuten sind entscheidend»

Die Strassenverkehrsämter wollen den Nothelferkurs abschaffen. Ihre Idee: Der praktische Teil soll in die Theorieprüfung verlagert werden. Dank Handys könne heute jeder schnell Hilfe holen – und müsse nicht mehr selbst Erste Hilfe leisten.
Publiziert: 05.09.2017 um 17:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:40 Uhr
Wer den Fahrausweis in der Schweiz haben möchte, muss den Nothelferkurs besuchen.
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Matthias Halbeis

Seit 40 Jahren gilt die Regel: Wer in der Schweiz einen Fahrausweis macht, der muss auch den Nothelferkurs absolvieren. Doch dies könnte sich schon bald ändern: Die Strassenverkehrsämter glauben nicht mehr an den Nutzen dieser Mini-Schulung. Dies berichtete das SRF heute Morgen.

Die Gründe für die Skepsis: sinkende Unfallzahlen. Und vor allem eines: Handys. Dadurch lasse sich schnell professionelle Hilfe holen. Wozu also noch selbst Hand anlegen, fragt sich Sven Britschgi, Mediensprecher des Verbands der kantonalen Strassenverkehrsämter.

Die Folge: «Es ist an der Zeit, die Ausbildung genauer anzuschauen und sie auch einmal von etwas zu entlasten», sagt Britschgi. Die praktischen Übungen sollen daher in die Theorieprüfung verlegt werden, lautet der Vorschlag der Strassenverkehrsämter.

Samariterbund und Fahrlehrerverband opponieren

Für die Direktorin des Schweizer Samariterbundes, Regine Gorza, ist klar: «Wer heute an einen Unfall gerät, muss wissen, wie man die Stelle sichert und wie man die Rettung verständigt.» Beides sei neben der eigentlichen Ersten Hilfe Gegenstand des Nothelferkurses.

Regine Gorza, Direktorin des Schweizer Samariterbundes: «Wer an einen Unfall kommt, muss wissen, wie man die Stelle sichert und wie man die Rettung verständigt.»
Foto: zvg

Zur Argumentation der Strassenverkehrsämter, dank Handy sei die Ambulanz immer schneller vor Ort, sagt Gorza: «Gerade im Falle eines Herzinfarkts sind die ersten Minuten entscheidend.» Nur wenn der Patient richtig versorgt werde, bis die Ambulanz da sei, seien die Prognosen gut.

Auch beim Schweizer Fahrlehrerverband reibt man sich die Augen. Es gebe immer noch genügend Argumente für den Nothelferkurs, sagt Sprecher Raphael Denis Huguenin. In der Vernehmlassung sei eine Abschaffung gar nicht zur Diskussion gestellt worden, darum habe sich der Verband dazu auch nicht geäussert. Der Fahrlehrerverband sei mit der heutigen Lösung aber zufrieden.

Praxis besser als Theorie

Auch bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) schüttelt man hierbei nur den Kopf. In der Theorie haben solch wichtige Übungen nichts verloren. «Es zeigt sich, dass der Erinnerungseffekt mit praktischen Übungen immer noch am höchsten ist und so mehr vom Gelernten im Gedächtnis bleibt», sagt Marc Bächler, Sprecher der Bfu, zu SRF. Dass die Zahl der Unfalltoten sinke, sei erfreulich. Dennoch: Autofahrer sollten unbedingt wissen, wie sie sich in Notfallsituationen zu verhalten haben.

Autofahrer sollten unbedingt wissen, wie sie sich in Notfall-Situationen zu verhalten haben, sagt Marc Bächler, Mediensprecher des Bfu.
Foto: Zvg

Für Insider steht fest, dass mit der Neuausrichtung der Ausbildung für Neulenker viele zusätzliche administrative Aufgaben auf die Strassenverkehrsämter zukommen werden. Der Vorstoss, die Nothelferkurse abzuschaffen, sei darum der Versuch, sich von anderen Aufgaben zu entlasten.

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