Familie Ahmeti wehrte sich und erhielt Kündigung
Jurist erklärt Mieter-Rechte bei Schimmelbefall

Wer verantwortlich ist, wenn sich in einer Wohnung Schimmel ausbreitet, kann für Streit zwischen Mieter und Vermieter sorgen. Wie bei der Familie Ahmeti. Ein Experte erklärt, warum die Bewohner in den seltensten Fällen schuld sind und welche Rechte sie haben.
Publiziert: 23.01.2024 um 19:21 Uhr
|
Aktualisiert: 24.01.2024 um 08:20 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_445.JPG
Jana GigerRedaktorin Service

Schimmel in der Wohnung zu haben, ist nicht nur unhygienisch, sondern ab einem gewissen Ausmass auch gesundheitsschädlich. Und manchmal entsteht ein zermürbender Streit, wie ein Fall aus Kaisten AG zeigt: Die Familie Ahmeti hatte immer wieder mit Schimmel in der Mietwohnung zu kämpfen. Sie meldeten es wiederholt der Verwaltung. Jetzt haben sie die Kündigung erhalten, weil sie angeblich selbst verantwortlich sind für den Befall. Fabian Gloor (38), Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband, beantwortet die wichtigsten Fragen im Umgang mit Schimmel.

1

Was tun, wenn man Schimmel entdeckt in der Wohnung?

Als Mieter stehe man in der Pflicht, einen Schimmelbefall umgehend dem Vermieter zu melden, sagt Gloor. «Am besten mit einem eingeschriebenen Brief und Fotos als Beweis.» Dann ist der Vermieter dazu verpflichtet, einen Experten aufzubieten, der den Schimmel professionell behandelt und beseitigt. Ein Schimmelbefall schmälert gemäss Gloor den Wert einer Wohnung, weil es als Mangel gilt. «Der Mieter hat deshalb das Recht auf eine Mietzinsreduktion.» In der Regel seien bei einem mittelstarken Befall zehn Prozent Reduktion des Nettomietzinses angemessen und bei einem starken Befall 20 Prozent. Der Experte rät Mietern davon ab, auf eigene Faust einen Schimmelexperten zu engagieren. «Das zählt als Privatgutachten, das vor dem Gericht eine weniger hohe Glaubwürdigkeit hat.» 

Als Jurist unterstützt Fabian Gloor (38) Mieterinnen und Mieter bei rechtlichen Fragen.
2

Wer ist schuld am Befall?

Dass sich Schimmel bildet, hängt gemäss Gloor meist von verschiedenen Faktoren ab. «Häufige Ursachen sind nicht isolierte Aussenwände oder Feuchtigkeit, die von aussen in die Wohnung eindringt.» Also Dinge, die der Mieter nicht beeinflussen kann. Manchmal weist der Vermieter aber dem Mieter die Schuld zu, mit der Begründung, dass dieser nicht richtig oder zu wenig lüfte. «Das ist nur in seltenen Fällen haltbar», sagt der Experte. Eine Wohnung, die man mehr als zweimal am Tag lüften müsse, sei nicht normal benutzbar. Wenn eine Stelle in der Wohnung besonders anfällig ist für Schimmel und man dort keine Möbel aufstellen darf, müsste der Mieter gemäss Gloor explizit auf das Schimmelrisiko hingewiesen werden. «Sonst ist es nicht die Schuld des Mieters, wenn sich dort Schimmel bildet.»

Es ist ein mulmiges Gefühl, wenn man plötzlich Schimmel entdeckt in der Wohnung.
Foto: Shutterstock
3

Wann muss der Mieter zahlen?

Die Kosten für die Beseitigung des Schimmels müsse der Vermieter übernehmen, sagt Gloor. «Ausser er kann beweisen, dass der Mieter die alleinige oder überwiegende Verantwortung für den Befall trägt.» Das kann der Fall sein, wenn der Mieter sehr viel Wäsche in der Wohnung aufhängt, oder die Heizung im Winter komplett zudreht. Den Fehler eindeutig dem Mieter zuzuweisen, sei aber schwierig, sagt der Experte. «Ein Hinweis könnte sein, wenn sich in der Wohnung nie Schimmel gebildet hat, während der Vormieter dort gelebt hat.» 

Wer die Heizung im Winter herunterdreht, begünstigt damit die Entstehung von Schimmel.
Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie
4

Darf der Vermieter dem Mieter die Wohnung ausserordentlich kündigen?

«Das ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig», sagt Gloor. Zum einen müsse der Vermieter eindeutig beweisen können, dass der Mieter schuld ist am Schimmelbefall – was in der Praxis schwierig sei. Zum anderen müsste der Vermieter den Mieter zuerst schriftlich mahnen, dass er mit seinem Verhalten den Schimmelbefall begünstige und dadurch nicht sorgfältig mit der Wohnung umgehe. Wenn sich die Situation trotz der Mahnung nicht bessert, ist eine Kündigung mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats gemäss Experte legitim.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?