Rückblick auf den Horror-Crash von Galgenen SZ
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Ausnahmezustand für Feuerwehr:Rückblick auf den Horror-Crash von Galgenen SZ

Feuerwehr-Kommandant Reto Landolt (40) war beim Horror-Crash von Galgenen als Erster vor Ort
«Sofort war klar, er lebt nicht mehr»

«Nicht jeder geht mit schlimmen Bildern gleich gut um», sagt Reto Landolt (40), Feuerwehrkommandant von Galgenen SZ. Er war als Einsatzleiter als einer der Ersten vor Ort – und spricht im BLICK über den schweren Einsatz.
Publiziert: 27.12.2019 um 20:32 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2019 um 12:01 Uhr
Feuerwehrkommandant Reto Landolt (40) traf im ersten Einsatzwagen auf der Unfallstelle ein.
Foto: Siggi Bucher
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Anian Heierli

Feuerwehrkommandant Reto Landolt (40) war als einer der Ersten vor Ort. In aller Frühe traf er im Einsatzfahrzeug an der Unfallstelle ein. Der Anblick war für ihn ein Schock. Sofort ist ihm klar: «So etwas erlebt man nur einmal in seiner Kommandanten-Ära. Das Bild der Zerstörung war immens.» Die Szenen bewegten nicht nur ihn – der ganzen Schweiz gingen die Bilder vom Horror-Crash in Galgenen SZ nicht mehr aus dem Kopf.

Rückblick: Am Sonntag, den 24. November fällt der Kantonspolizei Schwyz gegen 4.40 Uhr in Lachen SZ ein auffälliger Audi R8 auf. Der Sportwagen hat 550 PS unter der Haube, die Beamten wollen den Wagen kontrollieren. Doch der Fahrer gibt Gas und flüchtet. Am Steuer sitzt Pascal T.* (†29) – das Auto ist gestohlen. Wenig später wird er auf der Kantonsstrasse mit 169 km/h innerorts geblitzt. 150 Meter später endet sein Tempo-Exzess im flammenden Inferno. Beim Kreisel in Galgenen verliert T. die Kontrolle über den Audi. Die Verkehrsinsel wird zur Schanze. 50 Meter fliegt das Auto durch die Luft, landet im ersten Stock eines Wohnhauses. Der Fahrer stirbt, das Haus geht in Flammen auf.

Schnell war klar: Der Fahrer lebt nicht mehr

Um 4.44 Uhr geht bei der freiwilligen Feuerwehr Galgenen die Brandmeldung ein. Nur sechs Minuten später ist Einsatzleiter Landolt mit den ersten Männern vor Ort. Alles muss schnell gehen. «Zuerst verschafft man sich einen Überblick und spricht sich mit der Polizei ab», so Landolt. Zu diesem Zeitpunkt steht das Haus bereits in Flammen, die Bewohner haben das Gebäude selbst verlassen können – der Fahrer wird vermisst.

«Sofort war klar, er lebt nicht mehr», sagt Landolt. Der Audi sei kaum noch als Fahrzeug zu erkennen gewesen. In einer solchen Situation setzt der Einsatzleiter gezielt die erfahrenen Männer an der Front ein. Er weiss: «Nicht jeder geht mit schlimmen Bildern gleich gut um.» Und: In den vergangenen 20 Jahren war die freiwillige Feuerwehr aus Galgenen gerade mal mit zwei tödlichen Unfällen konfrontiert.

Das alte Gebäude war nicht mehr zu retten

Als das Tanklöschfahrzeug eintrifft, legen die Feuerwehrmänner die ersten zwei Leitungen. Sie richten das Wasser auf den Bereich des Autowracks und das Haus. Viel können sie für das alte Gebäude (Baujahr 1946) nicht mehr tun. Von Anfang an ist klar, ein Innenangriff ist ausgeschlossen. Ziel daher: Das Ausbreiten auf die angrenzende Autowerkstatt verhindern und anschliessend das Feuer löschen.

Beim Einsatzstichwort «Strassenrettung» wird zusätzlich die Schwyzer Stützpunktfeuerwehr Pfäffikon aufgeboten. Ihre Einsatzkräfte löschen östlich, während gleichzeitig die Kollegen aus Galgenen vom Kreisel her die Flammen bekämpfen. Bereits um 6 Uhr sind die Flammen deutlich kleiner, der Brand unter Kontrolle. Eineinhalb Stunden später starten die Nachlöscharbeiten. Insgesamt sind gut 90 Einsatzkräfte der Feuerwehr, Polizei und Sanität im Einsatz.

Zusammen das Erlebte verarbeiten

Der verstorbene Fahrer wird um 7.39 Uhr lokalisiert. Er liegt unter dem Autowrack. Um 10 Uhr zieht der Abschleppdienst den demolierten Audi von der Brandruine weg. Dafür braucht es einen Abschleppdienst inklusive Kran. Erst gegen Mittag – nachdem die erste Spurensicherung beendet ist – kann der Bestatter den Leichnam bergen. Ein Sichtschutz kommt zum Einsatz. Es bleiben Bilder, die unter die Haut gehen.

Einen Abend später sitzt die freiwillige Feuerwehr Galgenen erneut zusammen. Man lässt den Einsatz Revue passieren. «Dieser Austausch ist wichtig», sagt Kommandant Landolt. «Er dient der Verarbeitung. Zudem wird besprochen, was gut und was weniger gut war.» Ihm persönlich gab vor allem die afghanische Flüchtlingsfamilie Amiri zu denken, die alles verloren hatte.

«Sie erlebten schon in ihrer Heimat Schlimmes. Und jetzt trifft sie hier erneut ein Unglück», so Landolt. Auf Wunsch der Familie geht er einige Tage nach dem Brand mit ihnen zur Ruine. «Sie holten noch einige persönlich Gegenstände aus dem Erdgeschoss. Das bedeutete ihnen viel.»

Während den Amiris der Wunsch nach einem neuen Zuhause mittlerweile erfüllt werden konnte, wünscht sich Feuerwehrkommandant Landolt fürs nächste Jahr nur eines: keine Einsätze mit Verletzten oder Todesopfern.

*Name geändert

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