Fifa-Wegzug aus Zürich: Vorgänger teilt gegen Corine Mauch aus
«Eine Folge jahrelanger Untätigkeit»

Angesichts der Gerüchte über einen Wegzug der Fifa kritisiert Zürichs ehemaliger Stadtpräsident Thomas Wagner (FDP) die rot-grüne Stadtregierung scharf.
Publiziert: 19.05.2024 um 12:26 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2024 um 14:25 Uhr
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Der Knall aus Bangkok war bis in die Schweiz zu hören: Die Fifa beschloss an ihrem Kongress am Freitag eine Statutenänderung, die einen Wegzug von Zürich ermöglicht – wo der Weltfussballverband seit 1932 seinen Sitz hat.

Angesichts etlicher Skandale und des schleichenden Cäsarenwahns an ihrer Spitze geniesst die Fifa in der Bevölkerung nur mässigen Rückhalt – gilt aber doch als ein wichtiger Standortfaktor. Nicht wegen der Steuerrechnung, sondern wegen des Gastgewerbes. Fifa-Kongresse und -Konferenzen ziehen Publikum aus aller Welt an; Hotels und Restaurants, Detailhandel und Verkehr profitieren von den Funktionären und ihrer Entourage, die wiederum ihr Bild von Zürich und der Schweiz nach aussen tragen. Die Kür zum Weltfussballer des Jahres zum Beispiel lockte jedes Jahr die Topstars und ihre Fans ins Land.

Neuer pompöser Ableger in Paris

Zwar bekannte sich der Fussballverband am Freitag zum alten Standort – man fühle sich in Zürich wohl. Doch ist es kein Geheimnis, dass sich die Fifa unter ihrem aktuellen Präsidenten Gianni Infantino (54) schrittweise entfernt – der Weltfussballer wird mittlerweile nicht mehr in Zürich gekrönt, sondern in London, und neuerdings arbeitet ein Teil der Fifa im Pariser «Hôtel de la Marine», einem barocken Prunkbau im Versailles-Stil an der mondänen Place de la Concorde.

Regiert seit 15 Jahren: Corine Mauch (SP).
Foto: keystone-sda.ch
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Das alles sorgt für Ärger bei jenen, die sich jahrelang zum Fifa-Standort Zürich bekannt haben. Und der Unmut richtet sich nicht nur gegen den Weltverband. Für Ex-Präsident Sepp Blatter (88) trägt die rot-grüne Zürcher Stadtregierung eine Mitverantwortung: «Ich kann nicht verstehen, wieso die Stadt Zürich nicht mehr für den Verbleib der Fifa tut», sagte er schon im März im Blick-Interview.

Verbale Prügel fürs «Mexiko-Reisli»

Ein anderer ehemaliger Player ist der Zürcher Ex-Stadtpräsident Thomas Wagner (80), als Freisinniger Zürichs letzter bürgerlicher Stapi. Er setzte sich seinerzeit für ein gutes Verhältnis mit der Fifa ein – und mag sich bestens erinnern, wie er dafür von der Linken verbale Prügel bezog. Ihren Höhepunkt erlebte die Fehde 1986, als Wagner von der Fifa zur Fussball-WM eingeladen wurde und die SP um ihr damaliges Aushängeschild Ursula Koch (82) Wagner für sein «Mexiko-Reisli» an den Pranger stellte.

«Was jetzt passiert, ist die Folge einer jahrelangen Untätigkeit der heutigen Stadtregierung», sagt Wagner zu Blick. Die Kritik richtet sich direkt an seine Nachfolgerin, die Sozialdemokratin Corine Mauch (63). Von ihr sei kein Engagement zu spüren, sagt er. Man müsse kein Fan der Fifa und ihres Verhaltens sein, so Wagner – «aber im Sinne einer Politik für den Standort Zürich und den Standort Schweiz gehört es für Exekutivpolitiker dazu, dass man guten Kontakt mit den Organisationen wie der Fifa pflegt, erst recht, wenn sie seit über 90 Jahren der Schweiz treu waren».

Unbehagen gegen Zürichs Langzeitregentin

Die seit 15 Jahren regierende – und mit hervorragenden Ergebnissen gewählte – Corine Mauch steht in bürgerlichen Kreisen vermehrt in der Kritik. Sie habe sich im Amt von notwendigen Basisaufgaben entfremdet, die ihr persönlich nicht liegen, lautet der Tenor. Ihr Fernbleiben am Hundertjahrfest des Zürcher Rotary-Clubs etwa passt da genau ins Bild: «Abgehoben» finden sie manche.

Auf den Vorwurf mangelnden Engagements für die Fifa angesprochen, betont Corine Mauchs Sprecher, man habe «keine Kenntnis» von Plänen der Fifa, aus Zürich wegzuziehen: «Und die Fifa hat uns gegenüber entsprechende Gerüchte dementiert.» Offenbar glaubt man im Stadtrat selbstbewusst daran, dass Zürich für Infantino und Co. genügend cool bleiben wird, damit diese bleiben: «Unabhängig davon wird die Stadt Zürich weiterhin in ihre Qualitäten investieren, um die Lebensqualität und die Standortattraktivität hochzuhalten. Diese Qualitäten dürften auch für die Fifa relevant sein.» Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich weisen.

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