Antisemitismus-Vorwürfe in Arosa
Hotel schickt Juden unter die Dusche

Eine Botschaft an die Gäste im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR sorgt sogar in Israel für Aufruhr. Auf Druck des israelischen Botschafters in der Schweiz musste sie entfernt werden. Die Verantwortliche für die Zoff-Plakate spricht jetzt im BLICK.
Publiziert: 15.08.2017 um 10:39 Uhr
|
Aktualisiert: 19.07.2023 um 16:19 Uhr
Flavio Razzino

«An unsere jüdischen Gäste: Bitte duschen Sie vor und nach dem Schwimmen in unserem Schwimmbad. Tun Sie das nicht, bin ich gezwungen, das Schwimmbad für Sie zu schliessen» – ein Poster mit dieser Botschaft, auf Englisch verfasst, sorgt in Israel derzeit für heftige Kritik. Aufgehängt wurde es im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR – unterschrieben hat Ruth T.*.

«Hässlicher Antisemitismus»: Tzipi Hotovely, stv. Aussenministerin Israels.

Ein zweites Plakat soll die jüdischen Gäste - die mit koscherem Essen angereist sind - darauf hingewiesen haben, dass sie sich am Tiefkühler im Apartmenthaus nur zwischen 10 und 11 Uhr sowie von 16.30 bis 17.30 Uhr bedienen dürften. «Wir hoffen, Sie verstehen, dass unser Team nicht dauernd gestört werden will», steht dort geschrieben. Gäste beschwerten sich daraufhin über die Plakate und bezeichneten sie als antisemitisch.

Israelische Regierung fordert eine «formale Verurteilung»

Aufgegriffen hat die Geschichte unter anderem der israelische TV-Sender Channel 2 und die «Jerusalem Post». Eine Familie hatte die Plakate während ihrer Arosa-Ferien fotografiert und sich an den Sender gewandt. Sogar die stellvertretende israelische Aussenministerin Tzipi Hotovely äussert sich zum Fall und kritisiert die als «Hotelbesitzerin» bezeichnete Ruth T. scharf. Die Politikerin spricht von «hässlichem Antisemitismus».

Ein Plakat, aufgehängt im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR, sorgt in Israel für Empörung.
Foto: zVg
1/4

Sie habe sich an den israelischen Botschafter in der Schweiz gewandt. Dieser habe ihr versichert, dass die Plakate entfernt worden seien. Dennoch verlangt Hotovely von der Schweizer Regierung eine «formale Verurteilung».

Idyllischer Ort im Bündnerland: Arosa ist auch bei jüdischen Gästen ein beliebter Ferienort.
Foto: swiss-images.ch

Gegenüber BLICK erklärt Ruth T. jetzt die Hintergründe: Sie sei gar nicht Hotelmanagerin. Beim «Paradies» handle es sich um ein Apartmenthaus, das Ferienwohnungen vermiete, und sie sei dort bloss Abwartin. «Im Moment haben wir sehr viele jüdische Gäste, und mir ist aufgefallen, dass sich einige vor dem Schwimmen nicht duschen. Da wurde mir von den Besitzern des Apartmenthauses der Auftrag erteilt, dagegen etwas zu unternehmen. Ich habe dann etwas naiv dieses Palakat geschrieben», sagt T. zu BLICK. Es sei ihr bewusst, dass es wohl besser gewesen wäre, die Aufforderung, vor dem Baden zu duschen, an alle Gäste zu richten.

Duschen historisch vorbelastet

Ausgerechnet Juden zum Duschen schicken? Das ruft natürlich Erinnerungen an die Hitler-Zeit hervor. So wurden Juden in Konzentrationslagern von den Nazis in Duschkammern geschickt. Doch statt Wasser strömte Giftgas aus den Brausen. Rund sechs Millionen Juden starben im Zweiten Weltkrieg.

Ein Service nur für die jüdischen Gäste

Die Kritik am Tiefkühler-Plakat hält T. indes für unfair. «Wir bieten als Service für unsere jüdischen Gäste an, dass sie ihre koscheren Lebensmittel in unserem Tiefkühler lagern dürfen. Dieses Angebot richtet sich aber nur an unsere jüdischen Gäste.

Das Problem: Der Tiefkühler stehe im Personalraum, und es habe wegen dieses Angebots einen ziemlichen Andrang gegeben. Gäste hätten sich über den ganzen Tag verteilt immer wieder am Tiefkühler bedient. «Damit unser Personal in Ruhe Zmittag und Znacht essen kann, habe ich Zeiten festgelegt, wann unsere jüdischen Gäste sich am Tiefkühler bedienen dürfen», sagt T.

Ob diese Erklärung reicht, um in Israel die Gemüter zu beruhigen?

* Name der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden