Kampf ums Nationalsymbol eskaliert
SVP will das Rütli zurück

Der Kulturkampf um die Wiese am Vierwaldstättersee geht in die nächste Runde: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi will GLP-Politiker Nicola Forster mittels Vorstoss die Kontrolle über den Ort entziehen.
Publiziert: 29.07.2023 um 20:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2023 um 20:13 Uhr

Um das Schweizerische Nationalsymbol ist ein Kulturkampf entbrannt. Seit 1860 verwaltet die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) die Wiese am Vierwaldstättersee, wo 1291 der sagenhafte Rütlischwur stattgefunden haben soll. Die SGG verwaltete den Ort 160 Jahre lang mehr oder weniger harmonisch im Dienste der Bevölkerung. Dann wurde 2020 Nicola Forster (38) Präsident der SGG. Forster ist ein linksliberaler Tausendsassa in der Welt der Akademiker und Jungpolitiker, im Herbst kandidiert er als Co-Präsident der Zürcher Grünliberalen für den Nationalrat.

Entsprechend sieht das Programm aus, das er mit der SGG durchgeboxt hat: Der Verein finanziert allerlei Forschungsprojekte aus Kultur und Hochschulwelt. Und am 1. August treten keine Bürgerlichen, sondern SP-Bundesrätin Elisa-beth Baume-Schneider (59) und Komiker Michael Elsener (37) als Hauptredner auf.

Putschversuch

Für die Justizministerin aus dem Jura ist der Termin ein Heimspiel: Sie sass zuvor während sechs Jahren im Vorstand der SGG. Um den eingeschlagenen Kurs auch weiterhin zu halten, hat das Lager um Forster vor einem Monat in der SGG einen Putschversuch von rechts verhindert.

Swissness auf dem Rütli: Wer darf die Wiese verwalten?
Foto: Keystone
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Jetzt erfolgt die Reaktion aus Bundesbern: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) wird am ersten Tag der Herbstsession eine Motion einreichen. Mit seinem Vorstoss will er der SGG die Verwaltung des Rütli entziehen. «Die Schweizerische Eidgenossenschaft als Eigentümerin des Rütlis verwaltet dieses selbst», heisst es im Ansinnen, das SonntagsBlick vorliegt. «Es darf nicht sein, dass ein Parteivertreter (und Nationalratskandidat) über die Auswahl der 1.-August-Redner auf dem Rütli, der Wiege der Schweiz, entscheidet.» Der Bundesrat werde beauftragt, die öffentlich-rechtliche Rütli-Vereinbarung zwischen der Eidgenossenschaft und der SGG «auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen».

Aeschis Aktion ist nicht die erste dieser Art. Es gab immer wieder Versuche von Bürgerlichen, die Wiese von der Kontrolle der SGG zu lösen. Diese scheiterten zwar stets – fanden aber teils Unterstützung bis in die Mitte hinein. So lehnte der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss im Jahr 2016 mit 92 zu 82 Stimmen ab. Damals störten sich konservative Kreise an der Suche nach einer neuen Nationalhymne.

Rösti eingeladen

SGG-Präsident Nicola Forster entgegnet auf Aeschis Vorwürfe, er entscheide nicht alleine über die Auswahl der 1.-August-Redner. Das sei Aufgabe des «divers zusammengesetzten» Vorstandes. In der Tatsache, dass er als GLP-Politiker die SGG präsidiere, sieht er kein Problem. «Das ist Teil des Milizsystems.»

Forster verweist zudem darauf, dass man für das Jahr 2025 SVP-Bundesrat Albert Rösti als Rütli-Redner eingeladen habe. «Falls er zusagt, werden bis 2025 während meiner Amtszeit mit Simonetta Sommaruga und Viola Amherd (2021), Elisabeth Baume-Schneider (2023), Karin Keller-Sutter (2024) sowie Albert Rösti (2025) alle Bundesratsparteien einen Hauptredner oder eine Hauptrednerin gestellt haben.»

Die SVP indes hat sich von der Rütliwiese schon länger verabschiedet. Dieses Jahr tritt Parteiübervater Christoph Blocher (82) am Nationalfeiertag in Interlaken BE auf – an den Tellspielen.


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