Mehr Drogen-Anbau, mehr versuchte Tötungsdelikte
Corona verändert die Art der Verbrechen

Corona stellte das Leben in der Schweiz auf den Kopf: Lockdown, Homeoffice, geschlossene Schulen. Die Irrungen und Wirrungen des letzten Jahres spiegeln sich auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 wider.
Publiziert: 22.03.2021 um 21:34 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2021 um 23:02 Uhr
Johannes Hillig

Geschlossene Grenzen, Geschäfte, Restaurants und Schulen, Versammlungsverbot, Homeoffice-Pflicht. Das Coronavirus hat die Welt, wie wir sie kannten, mit einem Schlag verändert. Das zeigt sich auch im Jahresbericht der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Auch dort sind die Corona-Massnahmen zu erkennen – und wie!

Die gute Nachricht: Die Straftaten gingen insgesamt im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück – besonders im Zeitraum vom 16. März bis zum 19. Juni. Damals hatte der Bundesrat die ausserordentliche Lage ausgerufen und die Schweiz ging in den ersten Lockdown. Während dieser Periode wurden 21 Prozent weniger Straftaten registriert als im Durchschnitt der letzten drei Jahre.

Im Gegensatz dazu stieg allerdings die Zahl versuchter Tötungsdelikte, und zwar um 28 Prozent. Jüngstes Beispiel: der Messerangriff von Nussbaumen AG. Wie am Montag bekannt wurde, versuchte Luis J.* (28) im September 2020 seine Mutter zu töten. Als eine Nachbarin dazwischenging, wurde sie attackiert. Laut psychiatrischem Gutachten leidet der Aargauer an Schizophrenie. Deswegen hat die Staatsanwaltschaft inzwischen eine stationäre Massnahme beantragt, wie sie am Montag mitteilte.

Wegen Corona wurden die Restaurants geschlossen. Das macht sich auch im Jahresbericht der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2020 bemerkbar.
Foto: keystone-sda.ch
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Einbrecher und Zechpreller hatten es schwer

Der Appell an die Bevölkerung im ersten Lockdown war klar: zu Hause bleiben! Und das taten auch die meisten. Keine gute Zeit für Einbrecher. Hier sank die Zahl der Delikte um 29 Prozent. Ebenso schwer hatten es Zechpreller. Statt sich den Magen vollzuschlagen, ohne zu zahlen, brachen magere Zeiten an. Restaurants und Bars wurden wegen Corona geschlossen. Die Folge: Zechprellerei ging um satte 31 Prozent zurück.

Dafür machten Velodiebe fette Beute, besonders was E-Bikes angeht. Hier schnellten die Diebstähle in die Höhe. Ein Plus von 37,5 Prozent. Kein Wunder, denn E-Bikes liegen im Trend. Die Verkaufszahlen steigen und steigen. Die Velogeschäfte erweitern ihr Angebot. Und genau dort schlagen die Verbrecher gerne zu.

So zum Beispiel im Sommer 2020 in Beringen SH. Unbekannte stiegen in ein Velogeschäft ein und klauten rund 30 Velos im Wert von fast 40'000 Franken! Ein Trend, der sich auch 2021 weiter fortzusetzen scheint. Erst am 15. März schlugen Unbekannte in Lüchingen SG zu. Bei dem Einbruch wurden mehrere E-Bikes gestohlen. Der Wert: rund 30'000 Franken.

Statt zum Dealer lieber selber anbauen

Auch in Sachen Drogen veränderte sich etwas im Corona-Jahr. Der Besitz und die Sicherstellung von Drogen gingen um 13 Prozent zurück. Gleichzeitig stiegen aber auch der Anbau und die Herstellung, und zwar nicht zu knapp. Ein Plus von 22 Prozent. Statt den Dealer auf der Strasse zu suchen, bauten viele ihren Stoff wohl lieber gleich selber an. Genug Zeit hatte man dafür anscheinend dank Corona.

Und noch eine Zahl sticht aus dem PKS-Jahresbericht hervor. Offenbar wurde im Corona-Jahr deutlich mehr Geldwäscherei betrieben als zuvor. Hier gibt es ein Plus von satten 73 Prozent. Waren es 2019 noch 1772 Fälle, schnellte die Zahl im Jahr 2020 auf 3070.

Nicht ganz so dramatisch stiegen dagegen Gewalt und Drohung gegen Beamte an. Hier wurden acht Prozent mehr Fälle registriert. Dabei waren es doch gerade Polizisten, die dafür sorgen mussten, dass die Corona-Massnahmen auch eingehalten wurden. Zudem wurden sie bei mehreren Corona-Demos eingesetzt. Und durften sich dabei das eine oder andere Mal etwas von Corona-Skeptikern anhören. Nicht immer waren es freundliche Worte.

«Es war ein bewegtes und intensives Jahr für die Schweizer Polizeilandschaft», so Mark Burkhard, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten. Die Umsetzung der Corona-Massnahmen habe die Polizeikorps in der ganzen Schweiz stark beschäftigt.

* Name geändert

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