MeToo in Kirche und Sport
Unihockey-Trainer für zwei Jahre gesperrt

Frauen werfen einem kirchlichem Jugendarbeiter und Unihockey-Trainer Machtmissbrauch vor. Es geht um Massagen, Hamam-Besuche – und fragwürdige BH-Regeln. Er darf zwei Jahre keine Frauen trainieren.
Publiziert: 08.10.2023 um 13:58 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2023 um 08:57 Uhr
Raphael Rauch und Jacqueline Straub*

Der Missbrauchskomplex der katholischen Kirche ist voller Abgründe. Er betrifft nicht nur Priester der Vergangenheit, sondern auch Menschen der Gegenwart. Menschen wie Peter.

Peter, der in Wirklichkeit anders heisst, ist kreativ und charismatisch. Er arbeitet als Jugendarbeiter für die reformierte sowie die katholische Kirche. Und er ist im Unihockey als Trainer für Frauenmannschaften aktiv. 2021 kündigte er bei der katholischen Kirche Knall auf Fall. Recherchen zeigen: Mit diesem Schritt kam er einem Rausschmiss zuvor. Frauen warfen ihm Grenzüberschreitungen und Machtmissbrauch vor. Die Staatsanwaltschaft prüfte Vorwürfe wegen sexueller Handlungen mit Abhängigen – am Ende konnte man ihm strafrechtlich jedoch nichts Relevantes nachweisen. Die Stadtpolizei Zürich hat insgesamt elf Frauen vernommen.

Da Peter auch als Unihockey-Trainer tätig war, ging eine Beschwerde bei Swiss Sport Integrity ein. Die Organisation kümmert sich um Fairness im Sport und untersucht Regelverstösse – von Doping bis zu sexueller Belästigung.

Dieser Unihockey-Trainer darf zwei Jahre lang keine Frauen mehr trainieren.
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Sport-BH-Verbot

Eine Spielerin sagt über Peter: «Er verbot uns Sport-BHs zum Hineinschlüpfen. Unsere BHs sollten schnell zu öffnen sein. Damit er uns direkt ausziehen und massieren kann.» Der Beschuldigte widerspricht: «An eine Aussage bezüglich Sport-BHs mag ich mich beim besten Willen nicht erinnern und kann mir nicht vorstellen, so etwas gesagt zu haben.» Eine andere Spielerin berichtet, der ehemalige Trainer habe sie aufgefordert, ihn zu massieren. Sie habe mitgemacht, weil sie unbedingt nominiert werden wollte.

Inzwischen hat Swiss Sport Integrity reagiert. Die Meldestelle bestätigt, mit dem Unihockey-Trainer eine Einigung erzielt zu haben – eine Möglichkeit, um das Verfahren abzukürzen. Details wollte Swiss Sport Integrity nicht kommunizieren. Nach Informationen von SonntagsBlick und kath.ch ist Peter für zwei Jahre gesperrt: Seit dem 14. September darf er keine weiblichen Personen mehr trainieren oder als deren Teammanager tätig sein. Zudem muss er auf eigene Kosten 25 Lektionen eines psychologischen Coachings absolvieren und 3500 Franken zahlen.

Aber auch als kirchlicher Jugendarbeiter soll Peter seine Machtposition ausgenützt haben. Als er im Februar 2020 mit Jugendlichen nach Spanien und Marokko reiste, soll er eine Jugendliche am nackten Oberkörper massiert haben. Laut einem Dokument der Zürcher Staatsanwaltschaft berichtete die damals 16-Jährige, Peter habe gesagt, «es wäre für die Massage besser, wenn sie ihren BH ablegen würde. (…) Als der Beschuldigte sie massiert habe, habe er eine ihrer Brüste einmal zur Seite gedrückt und ihren Brustkorb neben der Brust massiert.»

Keine Konsequenzen

Peter bewegte sich in einer Grauzone. Er verstiess gegen Nähe-Distanz-Grundsätze, die in der Jugendarbeit gelten. Strafrechtlich blieb sein Verhalten aber ohne Konsequenzen. Laut Staatsanwaltschaft wandte er weder Gewalt an, noch sprach er Drohungen aus; es könne nicht von einer Nötigung ausgegangen werden.

Auch als Jugendarbeiter verhielt sich Peter auffällig. Er massierte Frauen, die ihm unterstellt waren, in den Büroräumlichkeiten. Und abends schrieb der Jugendarbeiter teilweise Anrüchiges. So fragte er eine Frau auf Whatsapp: «Wo bisch am ume bümsle?» Berufliche Gespräche fanden oft in Bars statt, es floss Alkohol. Bisweilen ging es auch in ein Hamam, ein türkisches Bad.

Und weshalb haben sich die Frauen nicht gewehrt? «Ich wünschte, ich wäre stärker gewesen und hätte Nein gesagt», sagt eine Betroffene heute, die später doch noch Anzeige erstattete. Da aber war die Frist verstrichen: Innert drei Monaten hätte sie die sexuelle Belästigung bei der Polizei melden müssen. «Ich habe weit mehr als drei Monate gebraucht, um zu realisieren, dass ich ein Opfer seiner Manipulation geworden bin.»

Gegenüber SonntagsBlick räumt Peter ein: «Ich habe Fehler gemacht, auch wenn nicht alle Vorwürfe zutreffen. Ich hatte ein Nähe-Distanz-Problem und nehme professionelle Hilfe in Anspruch.»

Dann fügt er hinzu: «Ich bitte alle, die ich verletzt habe, um Entschuldigung.» 

* Die Recherche fand in Zusammenarbeit mit dem Kirchenportal kath.ch statt. 

In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, dass der stadtzürcherische Verband röm.-kath. Kirchgemeinden Peter nicht freigestellt, sondern er lediglich fristgerecht gekündigt habe. Aufgrund von nachgelieferten Informationen haben wir den entsprechenden Abschnitt gestrichen.

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