Aargauer Obstbauer musste 60 Kirschbäume fällen, weil Coop keine roten Chriesi mehr will
«Da kommt mir die Galle hoch»

Obstbauer Andy Steinacher regt sich in einem Facebook-Post über Coop auf. Während heimische Produzenten nur noch schwarze Kirschen liefern dürfen, bewirbt der Grossverteiler munter rote Kirschen aus dem Ausland. Aufgrund dessen musste der Landwirt 60 Bäume fällen.
Publiziert: 07.06.2023 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2023 um 07:42 Uhr
Janine Enderli

Eigentlich hat Andy Steinacher (60) aus Schupfart im aargauischen Fricktal ein sonniges Gemüt. Geht es aber seiner Lebensgrundlage an den Kragen, versteht der Landwirt keinen Spass mehr.

In einem Facebook-Post schildert der Präsident der Aargauer Obstproduzenten, wie er mit Erstaunen auf ein Inserat von Coop gestossen sei, das rote Kirschen aus Spanien und Italien bewirbt. Darunter schreibt er: «Solche Kirschen dürfen wir Schweizer nicht mehr an Coop liefern.» Zuerst hatte die «Aargauer Zeitung» darüber berichtet.

Konkret: In der Vergangenheit hätten verschiedene Abnehmer reklamiert, dass diverse Kirschen von den Schweizer Obstbauern Qualitätsmängel aufweisen würden, erklärt Steinacher gegenüber Blick. Daraufhin forderten die Produzenten eine Liste mit klar definierten Kriterien der Grossverteiler, an der sie sich orientieren können. 2020 kam die Liste. Darauf: Mehrere Sorten, die die Abnehmer nicht mehr wollten, obwohl sie erst vor wenigen Jahren von Beratern empfohlen worden waren.

Andy Steinacher, Präsident der Aargauer Obstproduzenten, ist verärgert über Coop. Schweizer Bauern dürften keine roten Kirschen mehr an Coop liefern, ausländische Produzenten hingegen schon.
Foto: Christian Saegesser
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Hohe Qualitätsansprüche vs. billige Preise

Der Bauer musste darum letzten Winter 60 Kirschbäume fällen. Steinacher versteht nicht, wo da das Nachhaltigkeitsbewusstsein bleibe. «Wir Obstproduzenten mussten uns entweder mit der Sortenpolitik unserer Abnehmer abfinden oder aus dem Obstbau aussteigen.» Das vorzeitige Fällen von Bäumen habe neben der emotionalen auch eine wirtschaftliche Seite – in den Kirschbäumen stecke schliesslich die Lebensgrundlage der Bauern.

Steinacher stört es, wenn bei ausländischen Importen nicht die gleichen Massstäbe angewandt werden wie bei heimischen Produkten. «Grossverteiler werben mit Schweizer Bauern und deren Nachhaltigkeit, verkaufen dann aber ausländische Ware. Das gibt eine Marktverzerrung.» Von den heimischen Produzenten werde hohe Qualität gefordert, beim Import sei aber nur der billige Preis entscheidend. «Da kommt mir echt die Galle hoch.» Trotzdem hätten sich die Obstbauern mit der gegenwärtigen Situation arrangiert und würden ihr Bestes geben.

Caspar Frey, Mediensprecher von Coop, erklärt auf Anfrage von Blick, dass der Grossverteiler sowohl rote als auch schwarze Kirschen im Sortiment führt. «Unsere Normen sind seit längerer Zeit bekannt. Sie regeln für rote und schwarze Kirschen in erster Linie den Reifegrad anhand der Farbskala und der Grösse.» Bezüglich einer möglichen Marktverzerrung winkt Frey ab. Bei ausländischen und Schweizer Kirschen würden die gleichen Qualitätsanforderungen angewandt. Ausserdem hätten Schweizer Produkte bei Coop klar Priorität. «Wir pflegen eine partnerschaftliche Beziehung mit Produzenten und Lieferanten. Früchte und Gemüse werden nur importiert, wenn diese in der Schweiz nicht in ausreichender Quantität oder Qualität verfügbar sind.»

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