«Wenns die in den Filmen können, kann ich das auch»
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Marie-France E. (70):«Wenns die in den Filmen können, kann ich das auch»

Marie-France E. (70) in Kaiseraugst AG vom Schnellzug überrollt
«Ich hatte eine ganze Armee Schutzengel»

Marie-France E. (70) hatte alles Glück dieser Welt. Sie fiel in Kaiseraugst AG mit ihrem Rollstuhl auf die Gleise. Dann kam ein durchfahrender Schnellzug und überrollte sie. Wie sie das erlebt und vor allem überlebt hat, hat sie nun Blick erzählt.
Publiziert: 12.01.2024 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2024 um 17:01 Uhr
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Ralph DonghiReporter News

Am Dienstagnachmittag geriet beim Bahnhof in Kaiseraugst AG eine ältere Frau mit ihrem Rollstuhl auf ein Gleis und wurde von einem Zug überrollt. Doch sie hatte laut Kantonspolizei Aargau «viel Glück im Unglück» und wurde beim Unfall nur leicht verletzt. Seither fragt man sich nicht nur vor Ort: Wer ist diese Frau, die bei diesem unglaublichen Unfall mit ihrem Leben davongekommen ist?

Blick-Recherchen zeigen: Sie heisst Marie-France E.* (70), wohnt im Aargau und ist am Donnerstag immer noch im Spital. «Ich hatte wirklich unglaubliches Glück», sagt sie am Telefon und erlaubt Blick, sie auf der Bettenstation zu besuchen. Dort zeugen lediglich ein grosses Pflaster auf ihrer Stirn und ein eingebundener Arm vom Unfall. «Ich habe mir nur den rechten Ellbogen und das rechte Handgelenk gebrochen», so die pensionierte Schneiderin. Zudem habe sie noch eine Schramme am Knie. «Sonst nichts. Unfassbar», so Marie-France E.

Marie-France E. ist MS-Patientin

Zum Drama kam es kurz vor 16 Uhr. «Ich war in Kaiseraugst im Gedächtnistraining und wollte mit dem Zug heim», sagt Marie-France E. Sie fährt dafür mit ihrem elektrischen Rollstuhl eine Rampe hoch auf das Perron 5. Als sie dort ankommt, passiert es. «Ich blieb mit meinem Winterhandschuh zwischen dem Gas- und Rückwärtshebel und dem Hebel hängen, an dem ich mich halten kann.» Sie habe nichts mehr tun können. «Mein Rollstuhl fuhr einfach weiter und ich stürzte mit ihm runter ins Gleisbett.»

Marie-France E. (70) kam in Kaiseraugst AG mit dem Rollstuhl unter den Zug – und überlebte! Blick durfte sie im Spital besuchen.
Foto: Ralph Donghi
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Marie-France E. erzählt, dass sie beim Sturz aus ihrem Rollstuhl geflogen sei. «Ich lag im Schotter. Mein Rollstuhl und die elektrisch betriebene Zugmaschine lagen daneben.» Leute hätten noch etwas tun wollen, aber: «Da sah ich schon, dass der Schnellzug aus Zürich auf mich zukam. Und, dass es nie reichen wird, noch zu bremsen.» Auch sie selber habe gewusst, dass sie als MS-Patientin absolut keine Kraft habe, sich selber rauszuziehen. Sie habe zu sich gesagt: «Jetzt gibt es nur noch eines: Du musst dich ganz flach hinlegen. So, wie man es in den Filmen sieht.» Sie habe weiter gedacht: «Das kann ich auch.» So wie Tom Cruise, sagt sie später im Spital.

Die 70-Jährige überlebt wie durch ein Wunder

Unfassbar: Der herannahende Schnellzug erfasst zwar die beiden Teile des Rollstuhls, nicht aber Marie-France E. «Weil ich genau zwischen den Gleisen lag. Er fuhr sicher zehn bis zwanzig Sekunden über mir.» Sie habe aber «keine Todesangst» gehabt, da der Zug ziemlich hoch über ihr gewesen sei. «Ich dachte: Zum Glück ist es kein Güterzug. Dann wäre es noch länger gegangen.»

Und tatsächlich: Marie-France E. überlebt wie durch ein Wunder! «Als der Zug über mich hinweg war, kam schon bald eine Frau zu mir runter, kümmerte sich um mich und redete mir gut zu», so die Rentnerin.

«Ich hatte eine ganze Armee Schutzengel»

Schon bald seien dann die Polizei und die Sanität gekommen. Sie sei mit einer Trage aus dem Gleisbett geborgen und ins Spital gebracht worden. «Ich wurde bereits am Arm operiert», sagt Marie-France E. Eine zweite Operation folge noch, dann eine Therapie. «Ich kann im Moment natürlich nicht mehr Rollstuhl fahren. Mal schauen, wie es weitergeht.»

Entschuldigen möchte sich Marie-France E., die Witwe, Mutter eines Sohnes und Grossmutter zweier Enkelkinder ist, bei der Person, die von herumfliegenden Teilen des Rollstuhls getroffen und leicht verletzt wurde. Bedanken will sie sich bei den Einsatzkräften. «Die waren alle sehr nett zu mir.» Sie sei sehr froh, dass sie noch lebe. «Ich hatte bei diesem Unfall eine ganze Armee Schutzengel bei mir und bin froh, dass meine Zeit noch nicht gekommen ist.»

* Name bekannt

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