Militärgericht spricht alle Beteiligten frei
Rekrut landete nach Marsch im Aargau auf Intensivstation

Bei einem Marsch im Aargau brach ein Rekrut vor Erschöpfung zusammen und landete auf der Intensivstation. Davor warnte er seine Vorgesetzten mehrmals vor seinem Zustand, doch sie unternahmen nichts. Nun wurden alle Beteiligten vom Militärgericht freigesprochen.
Publiziert: 04.11.2023 um 17:19 Uhr

An einem Sommerabend im August 2017 mussten in Aarau stationierte Rekruten zum Marsch aufbrechen. 15 Kilometer sollten sie laufen, und das am heissesten Tag des ganzen Jahres. Zu viel für einen der Rekruten.

Als die Rekruten nach etwa 45 Minuten bei einem steilen Hang ankamen, informierte einer seinen Vorgesetzten, er hätte einen «sturmen» Kopf und könne nicht mehr weiterlaufen. Diese aber gingen nicht auf seine Bedenken ein, sondern motivierten ihn, weiterzulaufen. Bis zur ersten «Zwischenverpflegung», einer kurzen Pause, soll er noch durchziehen, berichtet Tele M1.

Hitzeschlag mit Organversagen

Nach der Pause muss er allerdings weiterlaufen, seine Kameraden müssen ihn stützen. Der Rekrut erzählt vor Gericht, er habe seine Vorgesetzten dann nochmals auf seinen Gesundheitszustand aufmerksam gemacht, doch auch da kam der Befehl: weitermachen!

An einem Sommerabend im 2017 mussten Rekruten bei 30 Grad zum 15-Kilometer-Marsch aufbrechen. (Symbolbild)
Foto: Keystone
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Bei 30 Grad Aussentemperatur bricht der Rekrut kurz darauf zusammen. Erst vier Tage später wacht er wieder auf — auf der Intensivstation des Kantonsspitals Aarau. Der junge Mann erlitt einen Hitzeschlag mit Organversagen. 

Alle Vorgesetzten freigesprochen

Seine drei Vorgesetzten mussten sich vor dem Militärgericht im Aargau verantworten. Sie waren es, die dem Rekruten befohlen haben, weiterzumarschieren. Vor Gericht erklären sie, der Mann habe nicht den Eindruck erweckt, als ob er nicht mehr laufen könne. Folglich hätten sie ihn motiviert, weiterzumachen — wie das eben so üblich sei. Sie forderten einen Freispruch.

Der Auditor, das militärische Pendant zum Staatsanwalt, forderte hingegen bedingte Geldstrafen für die Verantwortlichen. Das Militärgericht folgte allerdings den Erklärungen der Vorgesetzten und sprach alle drei frei. 

Wiederholt Todesfälle bei militärischen Übungen

Doch so glimpflich wie in dem Fall von 2017 gehen im Militär nicht alle Unfälle aus. Vor wenigen Wochen brach ein Rekrut der Schweizer Armee bei einer Übung in St. Gallenkappel SG zusammen. Kurz darauf verstarb er im Spital. 

In den letzten Jahrzehnten ist es in Schweizer Rekrutenschulen zu mehreren Todesfällen aus medizinischen Gründen gekommen. 2020 war ein Rekrut in der Grenadierschule in Isone TI auf einem Marsch gestorben. Die Militärjustiz stellte später fest, dass er eines natürlichen Todes gestorben war.

2012 starb ein Rekrut nach einem plötzlichen Herzstillstand während der RS in Bière VD. 2003 starb ein Rekrut während eines 12-Minuten-Laufs in Birmensdorf ZH. Er litt an einer Herzerkrankung, die zum Tod führte, wie sich später herausstellte. (jl)

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