«Aufs Toi-Toi-WC? Ich schmeisse alles die Terrasse runter!»
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Rentner Rudolf (92) mit Humor:«Aufs Toi-Toi-WC? Ich schmeisse alles die Terrasse runter!»

Rudolf Weber (92) aus Rheinfelden AG
«Die wollen, dass ich monatelang ein Camping-WC nutze»

Der Wohnblock von Rudolf Weber (92) aus Rheinfelden AG soll über mehrere Monate hinweg umfangreich saniert werden. Während dieser Zeit sollen er und andere Mieter wie auf einem Campingplatz leben.
Publiziert: 22.04.2023 um 12:09 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2023 um 16:24 Uhr
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Camping-WCs, mobile Armeeduschen und Baustellen-Toiletten im Keller: Damit sollen die Mieter der Liegenschaften Engerfeldstrasse 1,3,5 und 7 in Rheinfelden AG ab April für mehrere Monate klarkommen. So auch die Webers: Rudolf (92) und seine Frau Liliane (88). Sie leben seit 40 Jahren an dieser Adresse. Es sei die erste umfassende Sanierung, die vorgenommen werde. «Die wollen jetzt, dass ich monatelang ein Camping-WC nutze», sagt Rudolf Weber zu Blick.

Für seinen Sohn George Weber (61) sind diese Umstände unzumutbar: «Wie soll ein 92-Jähriger vom Camping-WC aufstehen, wissen Sie, wie tief die sind? Oder vom dritten Stock runter in den Keller gehen, um zu duschen oder dort auf die Toilette zu gehen – und diese noch dazu über Monate hinweg mit den Nachbarn teilen?»

Mieter sollen für zwei Tage ausziehen

Neben einer Schadstoffsanierung sollen auch Leitungen – wie etwa für Strom und Wasser –, Fenster und sowohl die Küche als auch die Nasszellen erneuert werden.

Das Mehrfamilienhaus in Rheinfelden AG, in dem Rudolf Weber (92) wohnt, soll über mehrere Monate hinweg saniert werden.
Foto: Siggi Bucher
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Über Monate hinweg sollen sich die Mieter mit Staubschutzwänden im Wohnraum, Camping-WCs im Bad, mobilen Armeeduschen sowie Baustellen-Toiletten im Keller und einer mobilen Herdplatte begnügen, so Weber junior.

An zwei Tagen müssen die Mieter ganz raus: «Dann wird die Asbestsanierung durchgezogen. Dafür haben die Mieter pro Person 150 Franken für die Auswärtsübernachtung erhalten», sagt Weber.

Rechte der Mieter

Weiter stört sich George Weber daran, dass der Hausrat während der ganzen Bauarbeiten zusammengestellt werde und ungesichert in den Wohnungen bleibe, damit die Handwerker vom Morgen bis zum Feierabend die Räume betreten können.

«Nach 40 Jahren Mietzeit und fast einer Million Franken Mietzins werden die Rechte meines Vaters und seiner Frau wie mit einem Panzer überfahren», sagt Weber.

Mietzins steigt

Mehrere Mieter sind laut Weber mit einem Schlichtungsbegehren an die Schlichtungsbehörde für Mietwesen in Rheinfelden getreten. «Wir hoffen natürlich, dass die Behörde die Sanierung in dieser Art und Weise als unzumutbar einstuft», erklärt Weber.

Die Eigentümerin soll mitunter verpflichtet werden, die Räumung und Einlagerung des Hausrats zu übernehmen. Weiter soll sie die Reinigung der Wohnung und den Wiedereinzug bezahlen. Einen kleinen Sieg konnten die Mieter bereits verbuchen: «Uns werden wohl zwei Monatsmieten erlassen.» Grund zum Feiern sei das aber nicht, denn: «Nach der Sanierung wird der Mietzins steigen. Wir wissen aber noch nicht, um wie viel.»

Rücksicht auf Mieter

Coop-Mediensprecher Caspar Frey sagt zu Blick, dass die Pensionskasse Coop die Sanierung in Rheinfelden in einem Rahmen durchführe, in dem die Wohnungen während der Bauphase grundsätzlich weiterhin bewohnbar seien. «Damit verzichtet sie auf Leerkündigungen und nimmt Rücksicht auf die Mieter. Diesen wird nämlich ermöglicht, ihre Wohnungen weiterhin zu behalten.»

Die Pensionskasse sei überzeugt, dass dieses Vorgehen insgesamt weniger einschneidend sei, als wenn die Mieter neue Wohnungen suchen müssten. «Gleichzeitig ist sie sich bewusst, dass die Bauzeit eine Belastung darstellt», sagt Frey. Nach Abschluss der Sanierung werde der Wohnraum jedoch aufgewertet sein.

Etappen-Arbeit nicht möglich

Die Erfahrung aus vergleichbaren Projekten zeige, dass die «relativ kurz andauernden Einschränkungen für die Mieter insgesamt zumutbar» seien und akzeptiert würden. Die Baumassnahmen in Etappen einzuteilen, sei indes nicht möglich. Frey sagt: «Deshalb kann die Pensionskasse Coop auch keine Ersatzwohnungen oder interne Provisorien zur Verfügung stellen.»

Weiter bestätigt Frey die Erhöhung des Mietzinses: «Die Mietzinsen werden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben über wertvermehrende Investitionen und energetische Verbesserungen angepasst.»

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