Wegen eines Details
Afghane darf Sohn in die Schweiz holen – Tochter aber nicht

Das Aargauer Obergericht gab der Beschwerde eines afghanischen Vaters teilweise recht: Er darf seinen 15-jährigen Sohn in die Schweiz holen. Für seine Tochter gilt wegen Volljährigkeit aber ein anderes Verdikt.
Publiziert: 18.11.2023 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2023 um 14:15 Uhr

Es ist ein Gerichtsurteil, das auf den ersten Blick für Fragezeichen sorgt. Das Aargauer Obergericht hat der Beschwerde eines Vaters aus Afghanistan teilweise recht gegeben. Er darf seinen 15-jährigen Sohn unter Zustimmung des Staatssekretariats für Migration (SEM) in die Schweiz holen. Seiner 19-jährigen Tochter wird der Zutritt ins Land jedoch verwehrt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Der Grund: Sie ist bereits volljährig.

Die Geschichte nimmt ihren Lauf im Jahr 2009, als der Afghane in der Schweiz Asyl beantragte. 2016 erhielt er schliesslich die Aufenthaltsgenehmigung (Ausweis B). Fünf Jahre später, im Dezember 2021, folgte die Niederlassungsbewilligung (Ausweis C).

Ein Vater aus Afghanistan darf seinen 15-Jährigen in die Schweiz holen. Seiner 19-jährigen Tochter wird der Zutritt ins Land jedoch verwehrt. (Symbolbild)
Foto: AFP
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«Erhebliche Integrationsschwierigkeiten» befürchtet

Nun wollte der Mann seinen Sohn und seine Tochter, damals 13 respektive 17 Jahre alt, in die Schweiz holen. Er ersuchte deshalb beim Kanton Aargau um den Familiennachzug. Da seine Frau – die Mutter der Kinder – 2018 verstorben war, wurden die Kinder zu der Zeit von der Grossmutter väterlicherseits in Pakistan betreut. Doch auch diese verstarb im Jahr 2022.

Weil die Fristen für Gesuche für einen Familiennachzug aber bereits mehrere Jahre zuvor abgelaufen waren, machte das Aargauer Amt für Migration und Integration (Mika) den Plänen um den Familiennachzug einen Strich durch die Rechnung. Die «wichtigen Gründe», die einen nachträglichen Familiennachzug voraussetzen, erkannte das Mika nicht.

Dies unter anderem, weil das Migrationsamt es für sehr wahrscheinlich hielt, dass in Afghanistan oder Pakistan weitere Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder bestünden, die der Vater aber verschwiegen hatte. Weil beim Sohn zudem «erhebliche Integrationsschwierigkeiten» befürchtet wurden, sah das Mika nicht ein, warum eine Übersiedlung in die Schweiz besser für das Kindeswohl sein solle, als ein Verbleib in Afghanistan oder Pakistan.

Tochter fürchtet Zwangsheirat in Afghanistan

Gegen diesen Entscheid wollte der Vater vorgehen und reichte deshalb beim Obergericht eine Beschwerde ein. Dieses entschied nun, dass der minderjährige Sohn seinem Vater in die Schweiz folgen könne, da für ihn tatsächlich keine Betreuungsmöglichkeiten mehr bestünden. Die Argumentation vom Migrationsamt, wonach das Kindeswohl in der Heimat besser gewährleistet sei, als in der Schweiz, liess das Obergericht für den 15-jährigen Jungen nicht gelten.

Weil der Familiennachzug bei Kindern aber nur bis zur Volljährigkeit möglich ist, fällt ein solcher bei der Tochter ausser Betracht. Obwohl der Vater in seiner Beschwerde unter anderem auf die prekäre humanitäre Lage in Afghanistan und die Furcht der Tochter vor einer Zwangsheirat mit einem älteren Mann hinwies, gab das Obergericht dem Vater bei der Tochter nicht recht. (ced)

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