Nationaler Spendentag bringt 7,2 Millionen
Bei Naturkatastrophen sind wir spendabler

Der nationale Sammeltag für Flüchtlinge hat insgesamt rund 7,2 Millionen Franken an Spenden eingebracht. Laut den Organisatoren zeigten sich vor allem Kleinspender grosszügig.
Publiziert: 15.09.2015 um 05:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:30 Uhr
Die Walliser Pop-Sängerin Sina (49) hat das Lied «Himmel ob miär» den Flüchtlingen gewidmet.
Foto: Stefan Bohrer
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«Die Schweiz ist lebendig. Die Schweiz, das sind wir alle, dank unserem privaten Engagement. Dieser Tag ist genau diesem privaten Engagement gewidmet. Sie werden dank ihrem Einsatz das Herz der Schweiz stärker schlagen lassen.» Mit diesen Worten lancierte Bundesrat Didier Burkhalter gestern den Solidaritätstag der Glückskette zugunsten der Flüchtlinge.

Die Organisation gab den Spendenstand kurz nach Mitternacht mit 7'172'061 Franken an. Bereits Ende August hatte die Glückskette wegen der aktuellen Flüchtlingskatastrophe zu Spenden aufgerufen. Vor dem internationalen Spendentag waren so bereits 6 Millionen Franken zusammengekommen.

Prominenz am Spendentelefon

Über 300 Freiwillige nahmen gestern von 7 Uhr morgens bis um zirka 23 Uhr abends in den vier Studios der SRG in Zürich, Chur, Lugano und Genf telefonisch Spendenversprechen entgegen.

Darunter namhafte Persönlichkeiten wie alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, Sängerin Sina, die ihr Lied «Himmel ob miär» den Flüchtlingen gewidmet hat, die Schauspielerinnen Birgit Steinegger und Heidi Maria Glössner oder die Schriftsteller Pedro Lenz und Franz Hohler.

«Rundschau»-Moderator Sandro Brotz sass mehrere Stunden am Spendentelefon. Er ist von der Solidaritätswelle begeistert: «Die Flüchtlingskrise bewegt die Menschen.» Oft würden die Anrufer nicht nur einfach spenden, sondern über die Situation sprechen wollen.

Die Geschichten seien überwältigend: «Eine Grossmutter spendete 1000 Franken von ihrer bescheidenen Rente», erzählt er.

Die Grossunternehmen fehlen noch

Das Geld komme fast durchgehend von Kleinspendern wie Einzelpersonen oder kleinen und mittleren Unternehmen, sagt Glückskette-Direktor Tony Burgener. «Die Schweizerinnen und Schweizer zeigen sich unglaublich solidarisch, und das schon seit Wochen.»

Was bisher allerdings fehle, seien Spenden von Grossunternehmen. Dies mache bei der Spendenbilanz viel aus, erklärt Burgener. Vor einigen Wochen sei das Thema Flüchtlinge für viele Grossunternehmen wohl noch zu politisch behaftet gewesen, weshalb sie auf Spenden verzichtet hätten. «Doch diesen Grund kann ich mir jetzt nicht mehr erklären, da die Dramatik der Flüchtlinge für alle erkennbar ist.»

Mit gutem Beispiel voran geht die Swiss Football League (SFL). Sie hat pro Tor, das in der Super und Challenge League über das vergangene Wochenende erzielt wurde, 500 Franken gespendet. Die Fussballer schossen insgesamt 32 Tore, so kamen 16'000 Franken an Spenden zusammen. Zudem verschenkt die Fussballliga 100 Fussbälle an die Bundeszentren für Asylsuchende.

Auch die Swisscom spendet fünf Franken pro Bild, welches solidarische Schweizer über die sozialen Medien, versehen mit dem #ShowSolidarity4Refugees, an die Glückskette senden. Diese Portraits werden das Logo der Glückskette in Form eines menschlichen Mosaiks füllen.

Erdbeben in Nepal brachte 11 Mio

Burgener prognostiziert, dass bis Ende September Spenden in der Höhe von bis zu 15 Millionen Franken eingehen werden. Das sei ausserordentlich viel für eine Sammlung für Kriegsopfer.

Mit Blick auf vergangenen Sammeltage scheinen die bisher zugesagten Spenden eher gering zu sein: Für die Erdbebenopfer in Nepal wurden im Mai an einem Tag über 11 Millionen Franken gesammelt, für die Opfer des Wirbelsturms Haiyan auf den Philippinen kamen am Sammeltag im November 2013 9 Millionen Franken zusammen. Viel mehr noch spendeten die Schweizer am Sammeltag für die Opfer des Tsunamis in Südasien vor rund zehn Jahren, nämlich über 62 Millionen Franken.

Für die Opfer von Naturkatastrophen spendeten die Menschen meist eher als für Kriegsopfer, erklärte Burgener. «Die Identifikation ist bei Naturkatastrophen grösser, und die Betroffenen werden eher als unschuldige Opfer wahrgenommen.» Das zeigte auch ein Sammeltag für die Opfer des Syrienkriegs im November 2012: Damals kamen 2,1 Millionen Franken zusammen.

Dafür wird das Geld eingesetzt

Mit den Spenden werden Projekte von Schweizer Hilfswerken kofinanziert, die Nothilfe für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa leisten, unter anderem in Serbien. Die Partnerhilfswerke der Glückskette helfen bei der Verteilung von Lebensmitteln, Medikamenten und Kleidern und unterstützen Aufnahmezentren dabei, den Kriegsflüchtlingen psychologische Unterstützung und Rechtsberatung anzubieten. Die Spenden werden es aber auch erlauben, schon bestehende Projekte für syrische Flüchtlinge im Libanon, in Jordanien und im Irak weiter zu führen.

Auch nach dem Sammeltag nimmt die Glückskette Spenden für Flüchtlinge gerne weiterhin über das Postkonto 10-15000-6, Vermerk «Flüchtlinge», über www.glueckskette.ch oder über die Spenden-App «Swiss Solidarity» entgegen.

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