Neue Studie zum Wohlbefinden der Schweizer
Alleinsein und Alter machen glücklich

Die Schweizer sind glücklich. Dies zeigt eine Studie, welche von BLICK unterstützt wurde. Trotzdem gibt es Nachholbedarf. Denn immer noch tut sich die Schweiz schwer damit, über ihr Wohlbefinden zu sprechen.
Publiziert: 09.10.2018 um 20:27 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 20:29 Uhr
Wie es der Schweiz geht, wollte die Stiftung Pro Mente Sana wissen.
Foto: Westend61
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Simon Huwiler

Ein Indianer kennt keinen Schmerz, heisst es in einem Sprichwort. Die Schweizer sind zwar keine amerikanischen Ureinwohner, doch man sagt ihnen ähnliche Eigenschaften nach: Man spricht nicht wirklich über Schmerzen und Gefühle. Wie es um Schweizer Herzen wirklich steht, wollte die Stiftung Pro Mente Sana zusammen mit dem Forschungsinstitut Sotomo und BLICK wissen.

Die gute Nachricht vorneweg: Den Schweizern geht es mehrheitlich gut! 67 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen sehr gut bis gut gehe. Jedem zehnten hingegen geht es nicht so gut oder gar ganz schlecht. Männer scheinen unbeschwerter durchs Leben zu gehen. Ihnen geht es öfter sehr gut (25 Prozent) als Frauen (17 Prozent).

Auch das Alter spielt für das eigene Wohlbefinden eine Rolle. Obwohl Gebrechen zu- und Energie abnehmen, fühlen sich Schweizer je älter desto zufriedener. Die Gewinner im Glücksrating: die über 55-Jährigen, sie fühlen sich am besten.

Einsam unter Menschen

Überraschendes bringt die Studie zutage, wenn es um soziale Kontakte geht. Denn wenn den Befragten etwas die Laune verdirbt, dann sind es Menschen. Jeder dritte gab an, dass es ihm unter vielen Menschen weniger gut gehe als sonst. 30 Prozent geht es gar besser, wenn sie alleine zu Hause sind. Auch Menschen in einem emotionalen Loch hilft es nicht, unter Menschen zu gehen. Die Studie zeigt: Drei Viertel jener Menschen, denen es gerade nicht gut geht, fühlen sich unter vielen Menschen noch schlechter als sonst!

Interessant: Auch der Schulabschluss – und damit das Einkommen – spielt eine Rolle, wenn es darum geht, wie wohl sich Menschen fühlen. Je besser die Bildung, umso glücklicher sehen sich die Befragten selbst. 63 Prozent der Befragten mit einer Berufslehre gaben an, dass es ihnen gut oder sehr gut gehe. Bei FH-, Uni- oder ETH-Abgängern wächst die Zahl der Sich-wohl-Fühler auf ganze 76 Prozent.

Auch die Art der Anstellung wirkt sich auf den Gemütszustand aus. Personen in Kaderpositionen oder Selbständige fühlen sich besser als IV-Bezüger, Erwerbslose oder Angestellte. Die Gewinner der Glückskugel sind erneut die älteren Semester: Den Pensionären geht es am besten, vier von fünf geht es gut bis sehr gut.

Psychische Erkrankungen als Tabuthema

Wetter, Menschen, Arbeit, Ausbildung – verschiedenste Faktoren beeinflussen unser Wohlbefinden. Doch sprechen wir auch darüber, wenn es im Herzen regnet? Unter Kollegen ja, offen aber kaum, ergab die Umfrage. Eher sprechen Herr und Frau Schweizer über ihre politische Einstellung, schwere körperliche Erkrankungen oder Konflikte am Arbeitsplatz als über Konflikte in Beziehung oder Familie, Alkoholabhängigkeit oder psychische Erkrankungen.

Gerade psychische Erkrankungen bleiben ein Tabuthema. 60 Prozent der Befragten gaben an, dass man in der Schweiz nicht offen über psychische Erkrankungen spricht. Für Pro Mente Sana, den Auftraggeber der Studie, ist das ein Problem. Die Angst vor Stigmata sei immer noch da, sagt Roger Staub, Geschäftsleiter der Stiftung. «Fast jeder kennt aus seinem Umfeld jemanden mit einer psychischen Erkrankung, trotzdem haben wir oft noch eine falsche Vorstellung davon.» Denn: Psychische Erkrankungen kommen öfter vor, als wir denken, sind nicht gefährlich und oft heilbar.

Allgemein gilt ein einfaches Rezept, wenn man sich nicht wohlfühlt: Reden hilft. «Wenn man nach dem eigenen Wohlergehen gefragt wird, soll man eine ehrliche Antwort geben. Im persönlichen Umfeld offen und ehrlich sein kostet nichts, hilft aber enorm.»

Gesellschaftliche Veränderungen brauchen Zeit, dessen ist sich auch Staub bewusst. Mit ihrer Aktion «Wie geht's dir?», zu der etwa die Studie gehört, wollen sie Vorurteile abbauen und Menschen dazu ermutigen, das Gespräch zu suchen. Einen Lichtblick gibt es auch in der Studie: Die Jungen haben deutlich weniger Probleme, über diese Themen zu sprechen.

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