Fredi Kellers Tochter wurde am Openair Frauenfeld von Eisengerüst erschlagen. Jetzt zieht er den Fall vors Bundesgericht
«Delphine fehlt uns jeden Tag!»

Fredi Keller ist am Boden zerstört: Seiner Tochter Delphine wurde am Openair Frauenfeld bei einem Sturm das Leben genommen. Das Openair Frauenfeld wurde freigesprochen – der Sturm sei nicht vorhersehbar gewesen. Das Gutachten der Appenzeller MeteoGroup über den Unglückstag sagt jedoch etwas ganz anderes.
Publiziert: 09.10.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:43 Uhr
Von Gabriela Battaglia

Fredi Keller (64) kämpft  weiter. «Ich will endlich Gerechtigkeit», sagt der pensionierte Bauer aus Schweizersholz TG. Keller verlor im Juli 2012 das mittlere seiner drei Kinder: Delphine († 23). Die Studentin kam während eines schweren Sturms bei Aufräumarbeiten am Openair Frauenfeld ums Leben (BLICK berichtete). «Sie hätte noch ein Jahr studieren müssen, dann wäre sie Sekundarlehrerin gewesen. Sie stand mitten im Leben», sagt der Vater.

Delphine liebte den elterlichen Garten. Dort steht nun eine Gedenkstätte: Acht Granitblöcke im Kreis, auf jedem ein Buchstabe ihres Namens. Im Stein mit dem «D» ist die Urne mit der Asche verborgen. Darum herum pflanzte Keller rosarote Rosen. «Das Gartencenter Meier in Dürnten hat die Rose auf den Namen Delphine registriert», sagt Keller. «Eine wahnsinnig schöne Geste.»

Juristisch hingegen gab es nur Rückschläge. Das Obergericht Frauenfeld bestätigte Ende September den Freispruch des Openair-Bauchefs. Begründung: Der Sturm sei nicht vorhersehbar gewesen. Deshalb habe sich der Mann nicht der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht.

Fredi Keller (64) liess als Erinnerung an Delphine im Garten einen Kreis aus Granitblöcken aufstellen. Im Block mit dem «D» ist ihre Urne.
Foto: Toini Lindroos
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Auch die Thurgauer Staatsanwaltschaft hatte gegen den Freispruch des Bezirksgerichts Berufung eingelegt. Nun wartet man die schriftliche Begründung des zweitinstanzlichen Freispruchs ab. Fredi Keller hat sich bereits entschieden. «Ich gehe vor Bundesgericht. Die Freisprüche machen mich fertig. Es gab kein Sicherheitskonzept – und das Unwetter war klar voraussehbar.»

Er liess bei der Appenzeller MeteoGroup ein Gutachten über den Unglückstag erstellen, den 10. Juli 2012. Darin der Nachweis: Die Wetter-Experten hatten für den Bezirk Frauenfeld um 10.05 Uhr eine Vorwarnung der Stufe Rot herausgegeben. Das heisst: Windböen von 100 bis 130 km/h möglich. Um 15.10 Uhr folgte eine akute Gewitterwarnung. Um 15.25 Uhr schliesslich kam Stufe Rot. Gegen 16 Uhr starb Delphine im Sturm. Auch MeteoSchweiz hatte um 15.15 Uhr eine Warnung der Stufe Orange herausgegeben. Konkret bedeutet das: vorbeiziehende Gewitter, begleitet von Sturmböen, Hagel oder Starkregen. «Das Gericht hat mein Gutachten einfach ignoriert», sagt der Vater. «Spätestens um 15.15 Uhr hätte der Bauchef die hundert Helfer abziehen müssen. Sie arbeiteten ohne Helm auf dem Gelände.» Keller hofft nun auf die Richter in Lausanne: «Es darf einfach nicht sein, dass ein Bauchef bei einem solchen Grossanlass die Helfer im Alleingang und ohne Sicherheitskonzept führt.»

Delphines Verlust schmerzt unendlich: «Sie fehlt uns an jedem Tag. Ihr Tod hat ein riesiges Loch in unsere Familie gerissen.»

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