«Der Angeklagte war schonmal wegen Mord verurteilt»
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Jestetten-Prozess beginnt:«Angeklagter war schonmal wegen Mord verurteilt»

Prozess um mysteriöse Tötung in Jestetten (D) geht weiter
Warum erschlug der Lette (39) den St. Galler Wildcamper?

Er soll achtmal mit einem massiven Holzscheit auf sein Opfer eingeschlagen haben: Ein Lette (39) steht am Mittwoch erneut vor Gericht, weil er im Juni einen Schweizer Wildcamper in Jestetten (D) getötet haben soll. Blick berichtet live.
Publiziert: 13.12.2023 um 07:30 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2023 um 14:47 Uhr
13.12.2023, 12:50 Uhr

Zweiter Prozesstag kurz vor 13 Uhr zu Ende

Der Richter zeigt auf dem Grossbildschirm noch Fotos vom Beschuldigten nach der Festnahme. Er hat unter anderem auf dem linken Arm ein gut sichtbares Tattoo sowie auf dem oberen Teil des Rückens ein grosses Tattoo. Schliesslich spielt der Richter noch Videos von den Zugängen zum Tatort ab. Danach ist der Prozess für heute beendet. Er geht am Donnerstag, 21. Dezember, um 9 Uhr weiter. Dann hauptsächlich mit der Rechtsmedizin.

13.12.2023, 12:31 Uhr

Phantombild ähnelt dem Angeklagten

Der Schüler sagt weiter, er habe später bei der Polizei bei der Erstellung eines Phantombilds mitgeholfen. Der Richter lässt das Bild auf den Grossbildschirm im Gerichtssaal übertragen. Fazit: Es ähnelt dem Beschuldigten tatsächlich. 

13.12.2023, 12:12 Uhr

Junger Zeuge erkennt «Ähnlichkeit»

Der nächste Zeuge, der Angel-Kollege, wird nun befragt. Der Schüler erkennt eine gewisse «Ähnlichkeit» zwischen dem Beschuldigten und dem Mann, den er damals mit seinem Kumpel gesehen haben will. Der Mann sei auf dem Fahrrad herangefahren gekommen und sei bei ihnen abgestiegen. Dann habe er irgendetwas auf Russisch gesagt und gestarrt. Der Zeuge sagt, der Mann habe kurze Haare gehabt und sei recht dünn gewesen. Er habe in Erinnerung, dass er oberkörperfrei gewesen sei. Auch er bestätigt, dass der Mann Shorts getragen habe. Er habe auf dem Brustkorb eine Art Tattoos gesehen. Sie hätten keinen Kontakt zu dem Mann aufgenommen. Er habe dann sein Fahrrad geschoben und sei weitergegangen - «so, als wäre er nicht 100 Prozent bei sich».

13.12.2023, 11:33 Uhr

Kein «Aha-Erlebnis», als er den Beschuldigten ansieht

Es ist ein jüngerer Zeuge, der jetzt spricht. Er hat sich im Vorfeld Notizen gemacht. Es sei keine Prüfung, sagt der Richter. Er müsse auch nicht mit Noten rechnen. Ein «Aha-Erlebnis», wie der Richter es nennt, gibt es beim Zeugen keines, als er den Beschuldigten im Gerichtssaal anschauen muss. Er erkennt ihn also nicht. Er sei damals mit einem Kollegen angeln gegangen, so der Zeuge weiter. Sie hätten auch gegrillt. Später hätten sie einen Mann gesehen, der aus dem Dunkeln gekommen sei. Sein Kollege habe später gemeint, er habe auch ein Fahrrad bei ihm gesehen. Der Mann sei oberkörperfrei gewesen, habe Narben am Bauch gehabt und eine Art Badeshorts getragen. Der Mann habe wohl irgendetwas auf Russisch geschrien. Der Angeklagte übersetzt kurzerhand das mutmassliche Fluchwort, das der Zeuge vor Gericht murmelt und das es gewesen sein könnte. Er und sein Angel-Kollege hätten nichts geantwortet. Der Mann habe noch etwas in einen Mülleimer geworfen und sei dann weitergelaufen. Sie hätten sich gefragt: «Welcher Vogel läuft denn da nachts durch den Wald?»

13.12.2023, 11:13 Uhr

Zwei weitere Zeugen werden befragt

Jetzt zeigt der Richter auf dem Grossbildschirm eine Karte und unter anderem die Tankstellen, deren Videomaterial von damals im Verfahren eine Rolle spielen sollen. Er zeigt auch die damaligen Standorte der beiden Zeugen, die nun befragt werden sollen. Sie sollen weiter südlich vom Tatort gewesen sein.

13.12.2023, 11:06 Uhr

Prozess geht weiter

Der Richter kommt zurück in den Gerichtssaal. Es geht weiter.

13.12.2023, 10:59 Uhr

Kurze Pause

Es gibt nun eine kurze Getränkepause.

13.12.2023, 10:57 Uhr

Weiterer Zeuge belastet den Beschuldigten etwas mehr

Jetzt wird der volljährige Enkel der beiden ersten Zeugen befragt. Er war an jenem Tag auch am Rhein bei seinen Grosseltern. Er meint, mit Blick auf den Beschuldigten im Gerichtssaal, dass er ihn damals «mit etwas mehr als 50-prozentiger Sicherheit» auf dem Grundstück gesehen haben könnte. Er kann ihn jedenfalls besser beschreiben, als seine Grosseltern. Der Mann habe ihn gegrüsst und ging daraufhin mit dem Fahrrad weg. Heisst: Der Enkel hat den Mann kurz nach dem Gespräch, das dieser mit seinen Grosseltern führte, gesehen. Er sei etwa zwei, drei Meter von ihm entfernt gewesen. Auch diesem Zeugen wurden von der Polizei Gesichter gezeigt. Resultat: Der Beschuldigte war ebenfalls unter den wenigen Personen, die er als möglichen Täter erkannt hatte. Kurz vor 11 Uhr ist die Befragung des Zeugen vorbei.

13.12.2023, 10:28 Uhr

Zeuge: «Ich habe keinen Schimmer»

Weiter sagt der Zeuge, dass er nicht wisse, wohin der Mann mit dem Bike dann hingegangen sei. Er habe dann später noch ein Handy bei einem Parkplatz in der Nähe gefunden und es der Polizei übergeben. Der Richter möchte Näheres dazu wissen, wie der unbekannte Mann aussah. Doch der Zeuge hat «keinen Schimmer», wie er sagt. Auch eine Tätowierung an einem Unterarm des unbekannten Mannes, wie es offenbar ein Nachbar entdeckt haben will, habe er nicht gesehen. Später habe er vom Nachbar noch erfahren, dass dieser eine Brille gefunden habe. Er wisse nicht mehr, wann er genau vom Todesfall erfahren habe. Der Richter entlässt den Zeugen.

13.12.2023, 10:06 Uhr

Jetzt wird der Mann der ersten Zeugin befragt

Nachdem die erste Zeugin befragt wurde, wird nun ihr Mann als Zeuge befragt. Er sagt, ihm seien von der Polizei keine Bilder von Gesichtern gezeigt worden. Er habe das Gesicht des unbekannten Mannes ja auch nicht gesehen. Auch er schüttelt auf die Frage des Richters den Kopf, ob er den Angeklagten im Gerichtssaal erkenne. Er bestätigt die Aussage seiner Frau, dass er damals am Wasser gewesen sei. Er habe seine Frau plötzlich laut reden gehört. Es sei ihm komisch vorgekommen, deshalb sei er zu ihr raufgelaufen. Da sei ein Mann mit einem Fahrrad gestanden und habe irgendetwas gemurmelt. Er habe sich nicht auf den Mann konzentriert, sondern sein Bike angeschaut. Er habe nur gesehen, dass die Person dunkel gekleidet gewesen sei.

Er soll achtmal mit einem massiven Holzscheit auf sein Opfer eingeschlagen haben: Ein aus Lettland stammender staatenloser Mann (39) steht seit gestern vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen (D), weil er einen Schweizer Wildcamper (†31) in Jestetten (D) getötet haben soll – offenbar nicht das erste Mordopfer des Bauarbeiters!

Die Attacke geschah am späten Abend des 8. Juni. Auf dem idyllischen Rhein-Uferweg einen Kilometer unterhalb der Zollbrücke, die die Zürcher Gemeinde Rheinau mit dem deutschen Dorf Jestetten verbindet, haben zwei Spaziergänger einen grausigen Fund gemacht. Am Fronleichnam stiessen sie dort auf die übel zugerichtete Leiche eines Mannes. Die deutsche Polizei kommunizierte rasch weitere Details: Beim Opfer handelte es sich um einen Schweizer. Der Wildcamper war bis zu seinem Tod im Kanton St. Gallen wohnhaft. Am Prozess war der Vater des Opfers als Privatkläger anwesend. Der Bruder des Getöteten war gestern noch nicht am Prozess, er wird dann aber zu einem späteren Zeitpunkt als Zeuge befragt.

Angeklagter schweigt zur Tat

Zur Tat selbst schwieg der Angeklagte eiskalt und liess das Motiv damit völlig offen. Er beantwortete ausschliesslich Fragen zu seiner Person. Das Gericht zeigte bei der Befragung eine Persönlichkeit mit einer langen kriminellen Karriere. Nach mehreren Nachfragen gab er zu: «Alle meine Ausbildungen habe ich im Gefängnis gemacht.» Das war während der Haft von 2005 bis 2015. Er wurde wegen Totschlags verurteilt. Mit einem Komplizen hatte er eine über 80-jährige Frau in ihrer Wohnung getötet und ausgeraubt. Zuvor wurde er bereits 2012 zu einer Haftstrafe verurteilt, warum, sagte der Richter nicht.

Zwei Spaziergänger fanden Anfang Juni die übel zugerichtete Leiche eines 31-jährigen Schweizers in Jestetten (D).
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Kurz bevor er im Mai nach Jestetten kam, arbeitete der Angeklagte in Lettland in zwei Jobs schwarz. Gleichzeitig bezog er Arbeitslosengeld, gab er während der Befragung zu. In Deutschland begann er dann, Glasfaserkabel zu verlegen. Wie er vor Gericht sagte, war er kurz vor der Tat pleite, weil die Firma noch keinen Lohn ausgezahlt hatte. Kurz nach der Aussage aber zeigt das Gericht Überwachungsvideos, in denen er Bier und Zigaretten in Tankstellenshops kaufte.

Ebenfalls auf einem Überwachungsvideo ist der Angeklagte und das spätere Opfer im Volg in Rheinau ZH zu sehen. Zuerst sah man den Angeklagten, wie er sich zwei Flaschen Bier kauft. Nur wenige Minuten später kam der Wildcamper in das Geschäft. Der Mann trägt einen grossen gelben Rucksack, seine Schuhe hat er dran gehängt, er geht barfuss. Er trägt lange Haare. Er kauft sich ein Sixpack Bier, Wasser und ein Brot. Nur wenige Kilometer weiter und wenige Stunden später wurde er am Ufer des Rheins auf der deutschen Seite umgebracht.

Prozess geht am Mittwoch weiter

Der Richter deutete an, dass im Laufe des Prozesses schreckliche Details genannt werden müssen. So sei das Opfer auf dem Bauch mit den Hosen auf Kniehöhe angetroffen worden. Er hatte 1,8 Promille Alkohol im Blut, konnte sich also nicht wehren.

Für den Prozess sind insgesamt acht Tage veranschlagt. Am Mittwoch geht es weiter. Welche Strafe dem mutmasslichen Killer droht, ist noch offen.

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