In Mosnang SG will Renato Truniger die Wahl diktieren
Gemeindepräsident erpresst die Bevölkerung!

Wenn sein Amtskollege wiedergewählt würde, gebe er den Posten als Gemeindepräsident auf. Mit dieser Ankündigung erpresst der Mosliger SVP-Gemeindepräsident Renato Truniger seine Stimmbürger. Nun stehen die Wahlen kurz bevor.
Publiziert: 09.09.2024 um 23:22 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 10:06 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Mosnang SG erlebt ein skurriles Wahlkampf-Drama
  • Der Gemeindepräsident will nicht mit dem Schulratspräsidenten zusammenarbeiten
  • Die Gemeinde ist gespalten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena SchmidReporterin

In Mosnang SG wird derzeit ein skurriles Wahlkampf-Drama aufgeführt. Kulisse: Ein Dorf im unteren Toggenburg, zwei Strassen, an deren Kreuzung die Kirche und das Gemeindehaus stehen, links und rechts davon die Gasthöfe Hirschen und Krone. Hauptpersonen sind der amtierende SVP-Gemeindepräsident Renato Truniger (44) und sein parteiloser Amtskollege Max Gmür (55), Präsident des Schulrates.

Ausgangslage: In Mosnang SG werden der Gemeinde- und der Schulrat gewählt. Truniger und Gmür wollen beide im Amt bleiben, könnten sich der Wiederwahl eigentlich sicher sein. Bis Renato Truniger entschied: Mit Max Gmür will er nicht mehr arbeiten. Und so verkündete er: Wenn Max Gmür wiedergewählt werde, wolle er sein Amt als Gemeindepräsident nicht weiterführen – seine eigene Wiederwahl entsprechend nicht annehmen. Der Clou an dieser Drohung: Ausser Truniger tritt niemand für das Amt an. Wenn Gmür gewählt würde, stünde Mosnang ohne Gemeindepräsident da!

Nun stehen die Wahlen an. Mit seiner Drohung hat Truniger die Bevölkerung in zwei Lager gespalten, erzählt Bewohner Edi Schnellmann: «Ich spüre die Anspannung in der Gemeinde. Es herrscht ein seltsames Schweigen. Man spricht die Wahl nicht an, weil das Gegenüber eine andere Meinung haben könnte.»

Gemeindepräsident Renato Truniger ist seit 2005 im Gemeinderat.
Foto: Sascha Erni
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Verfehlungen des Schulratspräsidenten

Gegenüber Blick rechtfertigt der Gemeindepräsident sein Vorgehen: «Ich habe das Recht, zu sagen, wenn ich mich in dieser Konstellation im Gemeinderat nicht mehr wohlfühle.» Er habe die Ankündigung gemacht, um die Bevölkerung frühzeitig zu informieren, dass es eine Veränderung geben werde. Truniger: «Und ich habe auch gesagt, dass vielleicht ich diese Veränderung bin.»

Dorfbewohner wie Edi Schnellmann sind irritiert. Viele fragen sich, was zwischen den Ratskollegen vorgefallen sein könnte. Renato Truniger sitzt seit 2005 im Gemeinderat, vier Jahre später kam Max Gmür als Schulratspräsident dazu. Seit bald 16 Jahren arbeiten die zwei also zusammen. Gmür sagt zu Blick: «Ich wusste selbst nicht, warum Renato Truniger plötzlich nicht mehr mit mir zusammenarbeiten will.» Auf Nachfrage von Blick will sich der Gemeindepräsident nicht zu seinen Gründen äussern.

Anders an der SVP-Parteiversammlung Anfang des Jahres. Dort schilderte Truniger einen für ihn entscheidenden Konflikt mit Gmür: Dieser hatte einer Lehrperson eine Kostenbeteiligung an ihrer Weiterbildung zugesichert. Gmür habe der Lehrperson damit einen Vorteil verschafft und gegen die Praxis des Personalreglements verstossen, sagte Truniger an der Parteiversammlung. Der Kanton untersuchte den Vorfall und stellte kein disziplinarisches Vergehen fest. Der vermeintliche Auslöser des Dramas – scheinbar eine Nichtigkeit.

Streitpunkt Finanzen

Die Gemeindefinanzen sind in Mosnang ein heisses Eisen. Gmür und Truniger hätten in diesem Bereich das Heu nicht auf der gleichen Bühne, bestätigen mehrere Dorfbewohner. Der Schulratspräsident gilt als Visionär, als jemand, der etwas anreisst. So hat Mosnang 2017 den weltgrössten Adventskranz gebaut und es ins Guinnessbuch der Weltrekorde geschafft. «Er tut etwas für den Zusammenhalt», findet Edi Schnellmann.

Dabei nimmt Gmür wohl auch gerne Geld in die Hand, was dem Gemeindepräsidenten widerstrebt. «Mosnang hat eine tiefe Steuerkraft. Wir sind verschuldet», sagt Truniger. «Mir ist bewusst, dass Finanzen kein populäres Thema sind. Aber wir müssen das berücksichtigen, wenn wir neue Projekte anreissen.»

Mit dieser Einstellung punktet er bei vielen. Bürgerin Myrtha Schuler-Bonelli etwa sagt: «Ich wähle diejenigen, von denen ich denke, dass sie die Finanzen im Griff haben.»

«Hier wird gerade eine Wahl manipuliert»

Doch wirklich eine «Wahl» haben die Mosliger nicht. Monatelang hatten die lokale FDP und die Mitte nach einem Gegenkandidaten fürs Gemeindepräsidium gesucht. Vergeblich.

Für das Amt des Schulratspräsidenten hingegen liessen sich zwei neue Kandidatinnen aufstellen. Regula Hollenstein, Primarschullehrerin in Mosnang, sagt: «Hier wird gerade eine Wahl manipuliert. Entweder stimme ich gegen Max Gmür, obwohl ich ihn klar unterstütze, oder ich riskiere, dass wir bald keinen Gemeindepräsidenten mehr haben.»

Den Höhepunkt ihres Wahlkampfdramas erwartet die Dorfgemeinschaft am 22. September, dem Tag der Abstimmung. Edi Schnellmann weiss noch nicht genau, wie er abstimmen soll, sagt resigniert: «Vielleicht sollte ich einfach meinen Nachbarn als Gemeindepräsidenten wählen.»

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