Mann wegen fahrlässiger Tötung angeklagt
Ärztin starb nach harten Sex-Praktiken mit St. Galler Arzt

Vor fünfeinhalb Jahren endete das Leben einer 32-jährigen Italienerin in einer St. Galler Wohnung. Die Frau und ihr Partner (55) hatten zu harten Sex. Der Mann muss sich nun vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung und Unterlassung der Nothilfe verantworten.
Publiziert: 17.03.2021 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2021 um 10:54 Uhr
Francesa L. starb in der Schweiz im Jahr 2015.
Foto: Facebook
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Marco Latzer und Anastasia Mamonova

Für ein prickelndes Sex-Date reiste die Italienerin Francesca L.* (†32) zu ihrem Geliebten in die Schweiz. Doch statt Vergnügen fand sie hier den Tod. Denn das Liebesspiel war derart extrem, dass die Frau verstarb. Der Mann, der Schweizer Arzt René F.* (55), ist nun wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Dieser bestreitet am Kreisgericht St. Gallen sämtliche Vorwürfe: «Ich habe mit dem Ableben von Francesca L. nichts zu tun!» Das Unglück passierte im August 2015. Klar ist: Auf dem Weg nach St. Gallen tauschte die verheiratete Ärztin Dutzende Nachrichten mit dem ebenfalls verheirateten Liebhaber aus. Die beiden schickten sich unter anderem Nacktfotos und diskutierten über ihre sexuellen Phantasien und Praktiken.

Hämatome und Narben

Beim Mann zu Hause angekommen, ging es dann nach einem kurzen Champagner-Apéro zur Sache. Neben Fesselspielen kamen auch andere Gegenstände zum Einsatz, wie es in der Anklageschrift steht. Dabei habe der Mann L. «hart angefasst». Mehrere Stunden lang. Bis die Frau dann verstarb.

René F. relativiert: «Wir trieben keinen Hochleistungssport, es gab immer wieder Pausen. Zwischendurch hat sie auch ihrem Ehemann geschrieben und mit ihm telefoniert.» Wegen der Gewaltanwendung wies die zierliche Italienerin blaue Flecken, Hämatome, Kratzer und Narben an den Armen, Beinen und am Oberkörper auf. Die teils 29 cm lange Hautimpressionen seien auf «fortgesetzte Einwirkung lokaler Druckkräfte zurückzuführen», schreibt die Staatsanwaltschaft.

Bloss: Die exakte Todesursache von Francesca L. lässt sich nur schwerlich bestimmen, einen offensichtlichen Grund gibt es offenbar nicht. Vor Gericht kommt deshalb auch ein Rechtsmediziner als Experte zu Wort. «Was plausibel ist, muss das Gericht entscheiden.»

Rätsel um Todesursache

Es seien viele Bagatellverletzungen festgestellt worden, wie etwa Hämatome. Diese könne man sich durch einfaches Anstossen zufügen, gar ohne es selbst zu bemerken. «Der Geschlechtsverkehr war nicht gewaltbetont. Wenn man miteinander schläft, hält man sich ja irgendwo», schildert René F.

Auch das niedrige Körpergewicht von Francesa L. und die hohen Temperaturen in der Unglücksnacht könnten in Kombination mit fehlender Flüssigkeitsaufnahme und der stundenlangen «erheblichen körperlichen Beanspruchung» durch den harten Sex zum Tod geführt haben.

Der genaue Zeitpunkt des Todes ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Spanne zwischen 0.40 und 1.15 Uhr aus. Um 23.10 Uhr lebte Francesca L. noch. Da schriebe sie mit ihrem Ehemann auf Whatsapp. Seine nächste Nachricht, die 42 Minuten später kam, blieb unbeantwortet.

«Sie hatte Schaum vor dem Mund!»

Laut F. habe er sich nach Beendigung der sexuellen Praktiken im Halbschlaf befunden, als die Italienerin das Zimmer verlassen habe. Erst später sei er nachschauen gegangen. Und habe sie dann regungslos über dem Balkongeländer gefunden.

«Ich habe zuerst gedacht, dass sie eingeschlafen war. Als ich sie untersucht habe, war für mich klar, dass sie tot war», sagt der Arzt. Er habe sie dann ins Wohnzimmer getragen, aber nicht reanimiert. «Sie hatte Schaum vor dem Mund, violette Lippen und ihre Augenlider waren bereits vertrocknet», so die Begründung.

Keinen Notarzt alarmiert

Um 1.15 Uhr alarmierte der 55-Jährige die Polizei. Am Telefon sagte er: «Ich habe Besuch aus Italien, nun ist die Frau verstorben.» Vor dem Eintreffen der Beamten versteckte er die Sexspielzeuge im Keller.

Weil er keinen Notarzt anrief, spricht die Staatsanwaltschaft von unterlassener Nothilfe und fahrlässiger Tötung. Aufgrund seines Berufs hätten ihm die Risiken der Sexspiele bewusst sein sollen.

Die Anklage fordert eine bedingte Geldstrafe von 240 Tagessätzen à 650 Franken (Gesamtsumme 156'000 Franken) bei einer Probezeit von zwei Jahren. Ausserdem soll der Mann eine 6500 Franken-Busse bezahlen und die Verfahrenskosten übernehmen.

* Name geändert

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