«Wir waren 300 Personen in einem Raum»
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Franz Lonardi über Thai-Knast:«Wir waren 300 Personen in einem Raum»

Weil Honorarkonsul in Österreich gefälschte Visa ausstellte
Mehrere Schweizer landen unschuldig in Thai-Ausschaffungsgefängnis

Mehrere Schweizer sind in Thailand inhaftiert und ausgeschafft worden. Einer von ihnen: Franz Lonardi (66). Sie alle sollen einer mutmasslichen Betrugsmasche des thailändischen Ex-Honorarkonsuls in Vorarlberg zum Opfer gefallen sein. Dieser steht bald vor Gericht.
Publiziert: 06.09.2023 um 12:01 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2023 um 14:25 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

Ein Betrugsskandal beschäftigt die Österreichische Justiz – und das auswärtige Amt in der Schweiz, das EDA. Im Zentrum steht Justus M.*, Honorarkonsul des Königreiches Thailand in Dornbirn AT. Er soll mit gefälschten Dokumenten mehrere Ferienreisende in massive Schwierigkeiten gebracht haben. Bislang sind 21 Personen betroffen. Darunter mehrere aus der Schweiz.

Einer davon: Franz Lonardi (66). Der St. Galler sass über Neujahr 2023 acht Tage lang in einem Ausschaffungsgefängnis in Bangkok. Acht Tage unter härtesten Bedingungen mit über 300 Mitinsassen. «Ich musste in einer riesigen Halle auf dem nackten Boden schlafen. Es gab nicht einmal Matten und die dünnen Decken mussten wir kaufen», sagt er zu Blick.

Auch Handy, Medikamente und Dokumente wurden von den Aufsehern nur gegen Bargeld herausgegeben. Für den gesundheitlich angeschlagenen Lonardi eine Tortur. Was das alles soll, wusste Lonardi zunächst nicht. Doch dann erfährt er, dass er ausgeschafft werden soll. Irgendetwas stimmte mit seinem Visum nicht.

Franz Lonardi (66) sass acht Tage lang in einem thailändischen Ausschaffungsgefängnis. Er soll sein Visum erschlichen haben.
Foto: Sandro Zulian
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Lonardis Visum war gefälscht

Der ehemalige Schreiner beantragte das wichtige Dokument im vergangenen Herbst in Dornbirn, bei Justus M.*, dem Honorarkonsul des Königreiches Thailand. Kostenpunkt: Knapp 200 Euro. Das Konsulat in Dornbirn war für viele Reisende aus der Ostschweiz seit Jahren attraktiv, konnte man sich für ein Thailand-Visum so den Weg nach Bern ersparen.

Doch in Thailand sass der unbescholtene Schweizer plötzlich in einem Gefangenentransport und wurde in Auslieferungshaft geworfen. «Ich wurde behandelt wie ein Schwerverbrecher», sagt Lonardi. In seinem Visumsantrag stand, er hätte seinen Wohnsitz in Vorarlberg. Die Meldebestätigung war gefälscht. Weil die Thai-Behörden davon ausgingen, Lonardi selbst hätte seinen Antrag fingiert, buchteten sie ihn ein.

Acht Personen aus der Schweiz betroffen

Nach acht Tagen im Knast wurde Lonardi schliesslich ausgeschafft. Für seine Freilassung musste er aber einer thailändischen Anwältin, die sich auf Hilfe für Schweizer in Thailand spezialisiert hat, umgerechnet 8000 Franken abdrücken. Auch der Flug zurück in die Heimat ging auf seine Kosten. Pikant: Die Anwältin verlangte von Lonardi für ihre Dienste Stillschweigen.

Nun steht er in Thailand für 99 Jahre auf der schwarzen Liste und kann sich erst in knapp fünf Jahren dagegen wehren.

Er war nicht der Einzige

Bereits im Gefängnis in Bangkok merkte Lonardi, dass er mit seinem Schicksal nicht alleine dastand. Dort traf er einen Leidensgenossen aus Jonschwil SG. Auch dieser hatte sein Visum aus Dornbirn, auch das war gefälscht.

Zurück in der Heimat machte sich Lonardi weiter auf die Suche – und wurde fündig. Sieben weitere Personen aus der Schweiz sind in Thailand in Schwierigkeiten geraten. Sie haben sich in einer Whatsapp-Gruppe zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Weitere Betroffene finden.

Konsul soll Meldebestätigungen gefälscht haben

Der Honorarkonsul, der für die gefälschten Visas verantwortlich sein soll, ist inzwischen nicht mehr für das Königreich Thailand tätig. Kurz nach der Festnahme und Ausschaffung von Lonardi wurde Justus M. von seiner Funktion als Honorarkonsul suspendiert. Einen Monat später folgte die Kündigung, ausgesprochen durch die thailändische Botschaft in Wien. Die Landespolizei Vorarlberg schliesslich nahm Ermittlungen gegen M. auf, die unterdessen in einer Anklage der Staatsanwaltschaft Feldkirch mündete.

«Dem Angeklagten wird vorgeworfen, er habe 21 von ihm selbst erstellte Meldebestätigungen, die den Anschein erwecken sollten, von der jeweiligen Wohnsitzgemeinde ausgestellt worden zu sein, zusammen mit einem Antrag auf Ausstellung eines Visums elektronisch an die thailändische Botschaft in Wien gesendet zu haben», schreibt Dietmar Nussbaumer, Richter am Landesgericht Feldkirch. Justus M. muss sich vor Gericht verantworten, ein Termin für die Verhandlung steht noch aus.

Justus M. schweigt

Im Strafantrag wird Justus M. gewerbsmässiger Betrug sowie Fälschung besonders geschützter Urkunden vorgeworfen. Er soll sich auf Kosten der Thailand-Reisenden bereichert haben. Wie er das genau angestellt hat und wie viel Geld er ergaunern konnte, wird gemäss Nussbaumer an der Hauptverhandlung bekanntwerden.

Gegenüber Blick zeigt sich der Ex-Honorarkonsul gefasst. Er wisse genau so viel wie der Reporter, lässt er Blick wissen. Zum jetzigen Zeitpunkt wolle er sich noch nicht zu den Anschuldigungen äussern.

Aussendepartement hat Kenntnis vom Betrug

Das Eidgenössische Departement des Äusseren (EDA) versichert auf Anfrage, dass die Schweiz alles erdenklich Mögliche unternommen hat, um den Betroffenen in Thailand zu helfen. Mediensprecherin Léa Zürcher schreibt: «Die Schweizerische Botschaft in Bangkok hat in diesem Zusammenhang mehrfach schriftlich und mündlich bei den thailändischen Behörden interveniert. Ebenfalls hat die Botschaft in zwei Fällen Schweizer Bürgern, welche sich infolge von Visaproblemen in Auslieferungshaft befanden, konsularische Unterstützung geleistet und steht in Kontakt mit den zuständigen Behörden.»

* Name geändert

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