50 Altersheime vor ihnen gewarnt – dabei war es keine fiese Masche
Mitarbeitende des Betreibungsamts für Betrüger gehalten

Im Kanton Thurgau sollen zwei Betrügerinnen ihr Unwesen treiben und sogar bis in die Altersheime gehen, um ihre potenziellen Opfer zu finden. Ein Missverständnis, wie letztlich die Betreibungsstelle klarstellt.
Publiziert: 22.04.2024 um 10:54 Uhr

Es ist ein bizarrer Fall aus dem Thurgau: Im Alters- und Pflegezentrum Amriswil (APZ) betreten am 22. März 2024 zwei Frauen das Gebäude. Sie wollen zu einer Bewohnerin, da gegen diese ein offener Zahlungsbefehl laufe. Sie weisen sich auch entsprechend aus und sagen, dass sie vom Bezirksbetreibungsamt seien, wie die «Thurgauer Zeitung» berichtet. 

Die Leiterin des APZ-Sekretariats weist die beiden Frauen darauf hin, dass die Bewohnerin einen Beistand hat, da sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Zahlungen selber vorzunehmen. Die beiden nehmen die Information zur Kenntnis und gehen anschliessend wieder. Mit ihrem Besuch lösen sie eine lange Kette von Missverständnissen aus, wie sich bald herausstellen wird.

Neue und unbekannte Betrugsmasche?

«Ich habe danach auch noch einen Angehörigen unserer Bewohnerin informiert», so die Leiterin des Sekretariats. Doch als der Angehörige sich beim Betreibungsamt des Bezirks Arbon in Romanshorn meldet, um genauere Informationen zu bekommen, wissen diese nichts von einer Betreibung gegen die ältere Dame. 

Zwei Mitarbeiterinnen des Betreibungsamts galten für rund einen Monat als Betrügerinnen in über 50 Altersheimen. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch

Sofort schlägt der Angehörige Alarm und meldet den Vorfall der Kantonspolizei Thurgau. Diese taucht kurzerhand beim APZ auf. Schon bald ist die Rede von einer neuen Betrugsmasche. Eine bisher unbekannte, wie die Kapo zur «Thurgauer Zeitung» sagt. «Zudem wurden wir gebeten, die übrige Heimlandschaft zu informieren und vor diesem neuartigen Betrugsversuch zu warnen», so die Leiterin des APZ-Sekretariats.

«Unglückliche Verkettung» lässt Behörden im Dunkeln

Die Nachricht wurde weiterverbreitet, alle 50 Heime in Kenntnis gesetzt. Dabei ist die grosse Sorge vor den Betrügerinnen unbegründet: Das Betreibungsamt Arbon bestätigt: «Diese zwei Mitarbeiterinnen sind tatsächlich von uns und gingen im Rahmen ihrer Aussendiensttätigkeit beim APZ vorbei.»

Wie das Amt weiter erklärt, habe eine «unglückliche Verkettung» von Ereignissen zur Folge gehabt, dass die beiden Mitarbeiterinnen für rund einen Monat als Betrügerinnen galten. Der springende Punkt: Das Betreibungsamt Arbon hatte den Zahlungsbefehl für ein anderes Betreibungsamt ausgestellt, ein sogenannter «Rechtshilfeauftrag», wie das Amt erklärt. Denn: Nur das jeweilige Betreibungsamt dürfe in seinem Bezirk aktiv werden. 

Neue Sensibilisierung des Personals

Dass die beiden Frauen persönlich beim Alters- und Pflegeheim vorbeigegangen sind, sei ebenfalls üblich, dabei handle es sich um eine «qualifizierte Zustellung». Der Verwandte muss schlicht beim falschen Betreibungsamt angerufen haben. Die Sekretärin sah ebenfalls keinen Grund, das Betreibungsamt zu informieren, da dies ja bereits der Angehörige der betroffenen Bewohnerin gemacht hatte. 

Etwas Positives hatte der Vorfall jedoch: Wie die Sekretärin des Amts bestätigt, sei das Personal wieder mehr sensibilisiert. Denn: Es komme tatsächlich immer wieder vor, dass Betrügerinnen und Betrüger versuchen würden, sich an den Rezeptionistinnen und Rezeptionisten vorbeizuschleichen. (mgf)

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