Mit einem Brotmesser
Demente Thurgauerin will schlafenden Ehemann enthaupten

Ein aussergewöhnlicher Fall, der vor dem Bezirksgericht Frauenfeld im Kanton Thurgau verhandelt worden ist. Am Ende forderte die Staatsanwaltschaft keine Strafe.
Publiziert: 24.04.2024 um 11:14 Uhr

Ein aussergewöhnlicher Fall wurde diese Woche im Gericht in Frauenfeld TG verhandelt. Die Angeklagte selbst war dispensiert worden, ihr Verteidiger vertrat ihre Interessen. 

Konkret ging es um einen Vorfall, der sich letzten Sommer ereignete: Die angeklagte Thurgauerin ist zwar erst in ihren Fünfzigern, leidet aber bereits so an Demenz, dass sie abwechselnd in einer Einrichtung untergebracht ist und teils bei ihrem Ehemann lebt. Am Abend der Tatnacht ist sie bei ihrem Ehemann, um halb zwölf werden die Lichter gelöscht, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet.

Mit Brotmesser am Hals gesägt

Gegen ein Uhr morgens betritt die Frau erneut das Zimmer ihres Mannes – mit einem Brotmesser in der Hand. Laut Anklageschrift setzt sie sich auf ihn und beginnt, an seinem Hals zu sägen. Ihrem Ehemann gelingt es, ihr das Messer zu entreissen und sie mit bestimmter Stimme wieder zurück ins Bett zu schicken. 

Tragischer Fall vor dem Bezirksgericht Frauenfeld: Eine demente Frau wollte ihren schlafenden Ehemann enthaupten.
Foto: Claudio Meier
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Der schwer verletzte Mann alarmiert die Polizei sowie die Ambulanz. Die Einsatzkräfte finden die Frau schlafend und blutüberströmt vor. An die Tat kann sie sich nicht mehr erinnern. Aufgrund einer gerichtlichen Verfügung sitzt die Beschuldigte in einer psychiatrischen Klinik.

Vor Gericht musste sie sich nun wegen versuchter Tötung verantworten. Doch die Staatsanwaltschaft forderte keine Strafe – die Frau ist schuldunfähig. Dies bestätigte auch ein Gutachter. 

Geringes Rückfallrisiko

Nur nicht einig waren sich die involvierten Parteien über den Punkt, ob eine Massnahme vom Gericht angeordnet werden sollte. Wie der Verteidiger der Beschuldigten begründete, müsse die vom Gericht angeordnete Massnahme die Rückfallgefahr beseitigen, doch seine Mandantin könne sich nicht einmal an die Tat erinnern. Zudem attestiere das jüngste Gutachten eine geringe Rückfallgefahr bei einer geeigneten Unterbringung, die ihre erwachsenen Kinder in Zürich bereits gefunden hätten.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte hingegen, dass die Frau nur eine so geringe Rückfallgefahr habe, weil sie momentan forensisch behandelt werde. Eine therapeutische Massnahme wäre daher erfolgreich und somit zwingend. «Wir sprechen hier von versuchter Tötung, das ist kein Pipifax», so der Staatsanwalt.

Das Bezirksgericht Frauenfeld folgte beinahe allen Forderungen der Verteidigung. «Das jüngste Gutachten hat eine markante Veränderung seit dem Gutachten vom vergangenen Sommer festgestellt», so der vorsitzende Richter. «Wir sind zudem davon überzeugt, dass eine deliktorientierte Therapie nicht mehr möglich ist, weil die Demenz alles andere überlagert.» Zuletzt verordnete der Richter noch eine Meldung bei der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). (mgf)

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