«Er hat verzweifelt umhergeschaut und die Waffe weggeworfen»
1:20
Anwohner beobachtet Täter:«Er hat verzweifelt ausgesehen und die Waffe weggeworfen»

Neue Details zur Bluttat von Kreuzlingen TG
Thomas T. tötete Immo-Chef offenbar wegen Fehler auf Rechnung

Thomas T. erschoss vergangenes Jahr in Kreuzlingen sein Opfer am helllichten Tag. Die genauen Hintergründe waren bislang unbekannt. Jetzt verklagt der Schütze aber eine Firma. Der Prozess verrät neue Details zur Bluttat.
Publiziert: 19.02.2024 um 12:15 Uhr
|
Aktualisiert: 19.02.2024 um 14:13 Uhr

Plötzlich fallen im April 2023 in Kreuzlingen TG mehrere Schüsse. Thomas T.* schiesst in einem Wohngebiet auf Anton P.* (†52), der daraufhin blutend zusammenbricht. Kurz darauf stirbt P. im Spital. T. wird noch vor Ort festgenommen, seitdem sitzt er in U-Haft und wartet auf seinen Prozess. Doch schon jetzt steht der Deutsche vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen – nicht aber als Täter, sondern als Opfer.

Thomas T. beschuldigt die Immobilienfirma, dass sie ihm Geld schuldet, wie die «Thurgauer Zeitung» berichtet. Geschäftsführer war 2022 Anton P., und zwar bis Dezember 2022. Die beiden Männer hatten Streit. Es geht um Schulden. Konkret: 480'000 Euro.

Dann griff er zur Waffe

Thomas T. soll 100'000 Euro in ein Bauprojekt der Firma investiert haben. Im Juni 2021 erstellte das Unternehmen eine Schlussabrechnung, mit der die vom Kläger investierten Gelder und der ihm zustehende Gewinnanteil von 480'000 Euro fällig würden. Die Firma sieht das jedoch anders und behauptet, die Rechnung nur für steuerrechtliche Zwecke herausgegeben zu haben. Der Kläger soll einen Angestellten der Firma wegen Mehrwertsteuerabrechnungen unter Druck gesetzt haben, sodass diesem ein gravierender Fehler unterlaufen sei. Auf der Rechnung sollte «Zwischenbericht» stehen, stattdessen wurde sie aber mit «Schlussabrechnung» überschrieben.

Tödliche Schüsse in Kreuzlingen TG. Thomas T. soll sein Opfer niedergeschossen haben – an der verpixelten Stelle.
Foto: Screenshot Leservideo
1/6

Thomas T. versuchte, mit einer Betreibung an das Geld zu kommen. Ohne Erfolg. Dann seien wohl «die Sicherungen durchgebrannt und er griff zur Waffe», sagte der Anwalt der Firma beim Prozess über T. «Sein rechtlicher Weg war erschöpft und er hat sich wohl zu dieser Handlung gedrängt gefühlt.» Thomas T. soll in der Vernehmung wenige Tage zuvor zu Protokoll gegeben haben, dass die Eskalation im April 2023 aufgrund von vermögensrechtlicher Streitigkeiten erfolgt sei.

Immobilienfirma muss Fehler beweisen

Zu klären ist ebenfalls, ob die Firma überhaupt noch fähig ist, die Summe zu bezahlen. Neben der ungewissen Zukunft der Firma selbst, ist ebenfalls unklar, ob das Bauprojekt, das einige Mietwohnungen betrifft, überhaupt fertig wurde. Zudem soll es bauliche Mängel gegeben haben, weshalb der Gewinn kleiner ausfallen soll. Der im April 2023 getötete Anton P. war ein halbes Jahr vor dem Tötungsdelikt als Geschäftsführer zurückgetreten, eine Ukrainerin hat die Leitung übernommen.

Die Sache ist verzwickt. Klar ist aber: Die Firma ist zahlungspflichtig. Thomas T. und das Unternehmen sollen sich aussergerichtlich einigen, empfahl die Richterin beim Prozess. Sollte das nicht klappen, steht ein Beweisverfahren an. Dann muss die Immobilienfirma beweisen, dass es sich wirklich um einen Fehler handelte und es kein Abschluss-, sondern nur ein Zwischenbericht war.

* Namen geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden