Walter Bösch (76) aus St. Gallen muss wegen 10 cm die ganze Mauer einreissen
«Das ist doch Behörden-Wahnsinn»

Wegen eines Baustreits muss Walter Bösch (76) seine neu erstellte Gartenmauer wieder abreissen. Dies, obwohl ihn einst die Stadt sogar um den Bau einer Mauer bat.
Publiziert: 23.02.2021 um 01:06 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2021 um 18:03 Uhr
Sven Ziegler

Walter Bösch (76) ist die Müdigkeit anzumerken. Vor seinem Grundstück im Oberhofstetten-Quartier in der Stadt St. Gallen zeigt er BLICK: Hier tobt ein Kampf zwischen ihm und den Behörden. Es geht um Böschs Gartenmauer.

Fährt man an der Mauer vorbei, nimmt man sie kaum wahr. Dennoch muss Bösch sie abreissen. Verfügt von der Stadt, gestützt vom Kanton.

Seit 38 Jahren lebt der Senior im Quartier. Nie habe er Probleme gehabt, stets habe man eine Lösung für Probleme gefunden. Jetzt aber versteht er die Welt nicht mehr.

Walter Bösch (76) muss seine neue Mauer abreissen.
Foto: Nathalie Taiana
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«Die Mauer braucht keine Bewilligung»

Seit dem Jahr 2000 stehe am Strassenrand eine Mauer, erzählt Bösch. Im Laufe der Jahre sei diese von den Schneeräumungsfahrzeugen zerstört worden. Darum habe er das Gespräch mit der Stadt gesucht und angeboten, eine Thuja-Hecke zu pflanzen.

Der zuständige Strasseninspektor habe ihn davon abgehalten: «Er meinte, die Thuja werde von den Schneemassen noch mehr zerstört. Stattdessen bat er mich, eine neue Mauer zu bauen, mindestens einen Meter hoch. Dann könne man den Schnee dort ablagern.»

Bösch klärte ab, ob die Mauer bewilligungspflichtig sei. Er reicht Skizzen ein, ebenso einen Bauplan. In einem Schriftverkehr, der BLICK vorliegt, schreibt ein Beamter vom Amt für Baubewilligungen: «Sie können die Mauer ohne Baugesuch bauen.» 2018 lässt Bösch die neue Mauer errichten.

Plötzlich kam der Abbruchbefehl

Ein Jahr später sei er von einem Nachbarn aufgefordert worden, die Mauer abzureissen und einen Veloabstellplatz zu bauen. «Das habe ich natürlich abgelehnt. Daraufhin hat der Nachbar gegen die Mauer interveniert», sagt Bösch.

Für die Stadt ist nach kurzer Untersuchung klar: Die Mauer muss weg. Die Begründung: «Die Mauer ist zu hoch.» Erlaubt sei gemäss geltendem Recht nur eine Höhe von 1,0 Metern. Ein externes Gutachten bestätigt, dass die Mauer an einigen Stellen knapp 1,1 Meter hoch ist.

Bösch ist frustriert: «Die Stadt hat mich gebeten, hier eine Mauer hinzubauen mit mindestens einem Meter Höhe, die Verwaltung meint, es brauche keine Bewilligung hierfür, und nun soll ich die Mauer wieder abreissen, weil sie knapp höher als einen Meter ist? Das ist doch Behörden-Wahnsinn!»

Stadtrat: «Verstehe den Frust»

Stadtrat und Baudirektor Markus Buschor (60) meint, die Mauer entspreche «nicht den gesetzlichen Vorgaben». Auch wenn sie nur ein wenig zu hoch sei. «Für diese Höhe braucht es eine Bewilligung.»

Aufgrund einer Einsprache sei entschieden worden, dass Bösch im Nachgang ein Gesuch einreichen müsse. «Die zuständige Kommission hat dann entschieden, dass die Mauer nicht stehen bleiben kann und zurückgebaut werden muss», so der Stadtrat.

Buschor: «Ich verstehe den Frust der Familie und kann ihn nachvollziehen. Aber die Bauordnung gilt für alle.» Nun müsse Bösch innert drei Monaten die Mauer zurückbauen.

Der Rentner selbst könnte den Entscheid vor das Verwaltungsgericht ziehen. Doch darauf hat er keine Lust mehr. «Mittlerweile hat mich die Mauer über 60'000 Franken gekostet. Der Abbruch kostet noch einmal ein paar Tausend Franken, aber kommt mich sicherlich billiger als die Gerichtskosten. Mir reicht es jetzt. Ich lasse die Bagger auffahren. »

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