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Prioritäten-Schlüssel in Luzern teilt Gastro-Betriebe in drei Kategorien ein
1 Buchstabe entscheidet über die Zukunft der Beiz!

Eine Milliarde Franken macht der Bund locker, damit Konkurse in der Pandemie verhindert werden. Doch wer bekommt das Geld? Eine Studie teilt Firmen aus der Gastrobranche in «unterstützungswürdig» und «hoffnungslos» ein. Direktbetroffene äussern sich zur «Fairness».
Publiziert: 26.11.2020 um 08:02 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2020 um 17:53 Uhr
Das Reataurant Rathaus Brauerei an der Reuss in Luzern kurz vor der Wiedereröffnung nach dem Lockdown im Frühling.
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Anian Heierli

Flugzeuge bleiben am Boden, Restaurants sind leer, und Events werden abgesagt. Die Corona-Krise treibt zahlreiche Unternehmen in den Ruin. Nun reagieren Bund und Kantone. Das Budget mit den Härtefall-Geldern für die zweite Welle wird aufgestockt – von 400 Millionen auf eine Milliarde Franken für sämtliche Branchen.

Den Politikern ist klar: Es eilt. Nur so können Konkurse rechtzeitig verhindert werden. Unklarheit herrscht dagegen bei der Verteilung der Gelder. Letztlich will niemand Steuergeld verschleudern und es am falschen Ort einsetzen. Doch wer kriegt die Corona-Hilfe? Die Hochschule Luzern (HSLU) hat eine Studie als mögliches Lösungskonzept für die Luzerner Gastrobranche.

Die Grundidee der Ökonomen könnte auch für andere Branchen und Kantone interessant werden. Auch wenn der Hilfsplan gnadenlos klingt. Gewisse Firmen werden auf der Strecke bleiben!

Studie fordert: Kein Geld für Pleite-Firmen

Das Arbeitspapier unterteilt Gastronomie-Unternehmen wie Restaurants, Hotels oder Konzertbetriebe in die drei Kategorien A, B und C. Wirtschaftlich gesunde Betriebe gehören zur Kategorie A. Sie erhalten keine Unterstützung, weil sie aus eigener Kraft die Krise meistern. B-Firmen wären grundsätzlich gesund, doch wegen der Pandemie ist ihre Existenz bedroht. Sie erhalten Hilfsgelder. Keine Finanzspritze gibt es dagegen für die Pleite-Kategorie C. Diese Firmen waren schon vor Corona marode und werden nicht gerettet. Es wäre der Todesstoss für Wirte, die schon jetzt durch das Beizen-Sterben bedroht sind. Die Beurteilung erfolgt unter anderem basierend auf Steuererklärungen, Revisionsstellen-Berichte, Liquiditätsplanung und Sanierungskonzepte.

Die Studie wurde von Zentralschweizer Gastronomen in Auftrag gegeben. Mitinitiator Philippe Giesser (40) führt mit seiner Firma Sinnvoll Gastro AG Hotels, Restaurants und organisiert Grossanlässe. Er beschäftigt zurzeit 110 Festangestellte und hofft auf eine rasche Lösung. «Wichtig ist, dass schnell und unbürokratisch Hilfe gesprochen wird», sagt er zu BLICK. Die Frage, ob die Studie fair ist, beantwortet er aus unternehmerischer Perspektive: «Das Härtefall-Geld wird nicht reichen. Die vorhandenen Mittel dürfen wir deshalb nicht verschleudern, sondern müssen diese am richtigen Ort einsetzen.»

CEO Giesser weiss selber: «Ich habe vermutlich Unternehmen aus allen drei Kategorien.» Das Restaurant Food Passion in der Stadt Luzern musste er bereits schliessen, dagegen lieferte sein Hotel Wetterhorn am Hasliberg im Corona-Sommer sehr gute Zahlen. Andere Betriebe wiederum schreiben 2020 eine schwarze Null. «Die Situation ist schwierig», sagt er. «Vor allem im Städtetourismus und in der Eventbranche.» Für ihn ist essenziell, dass Betriebe – die nur wegen Corona schlecht laufen – gerettet werden.

Gastro-Verband: «Allen kann man nicht mehr helfen»

Auch der Verband Gastro Luzern ist Teil der Arbeitsgruppe hinter der Studie. Präsident Ruedi Stöckli unterstützt die Idee im Grundsatz: «Es geht in die richtige Richtung. Allen kann man nicht mehr helfen.» Die Mittel seien beschränkt, gerade auf Kantonsebene. So entscheidet das Luzerner Parlament am 30. November über einen Kredit von 25 Millionen für Härtefälle. Mehr liegt nicht drin, denn dazu bräuchte es eine Volksabstimmung. Und dazu fehlt die Zeit. Stöckli schätzt: «Es bräuchte wohl eher 50 Millionen.»

Weniger begeistert ist der nationale Verband Gastrosuisse. «In der Studie wurde ein föderalistischer Ansatz gewählt», schreibt Kommunikationschef Patrik Hasler-Olbrych. «Das ist aus unserer Sicht bedauerlich.» In 26 Kantonen führe das zu 26 verschiedenen Varianten. Doch auch für den nationalen Verband ist klar: «Eine Milliarde wird nicht reichen.»

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