Prostituierte und Zuhälter packen aus
Trans ist Trend bei Schweizer Freiern

Die Zahlen belegen es: Immer mehr Freier in der Schweiz wollen Sex mit einer Transsexuellen. BLICK hat mit Escort-Betreibern und Sexarbeiterinnen über die Gründe gesprochen: «Unsere Kunden wollen etwas, das sie im Alltag nicht kriegen.»
Publiziert: 24.03.2018 um 13:37 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2018 um 10:24 Uhr
Die Transsexuelle Exotika (30) sagt zu BLICK: «Meine Kunden sind nicht homosexuell.»
Foto: PHILIPPE ROSSIER SWITZERLAND
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Anian Heierli

Transsexualität ist kein Tabu mehr. Das Thema ist in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Daryana (26) kämpfte in der Bachelor-Sendung um den Rosenkavalier Joel Herger, während Raffaela Zollo (25) Miss Schweiz werden wollte. Doch auch im Schweizer Sexgewerbe sind Transsexuelle heiss begehrt.

Anfragen haben sich mehr als verdoppelt

Zahlen des Sexportals 6navi.ch belegen den Trend. «Das Klick-Verhalten zum Thema Trans/Shemale steigerte sich auf der Plattform um 60 Prozent in den letzten drei Monaten», sagt Betreiber Marco B.* (38). «Auf dem Portal ist es die zweitmeistbesuchte Kategorie hinter der Kantonssuche.»

Der IT-Spezialist analysiert das Online-Verhalten seiner Kunden: «Auf Google Schweiz liegt das aktuelle Suchvolumen zum Begriff Transen monatlich bei 6600 Abfragen», so B. «Mit 22'200 Abfragen wird der englische Begriff Shemale noch häufiger gesucht.» Zum Vergleich: Der Begriff Escort hat 9900 Abfragen. B. zieht sein Fazit: «Das Thema ist einer der Spitzenreiter in der Sexbranche.»

Doch weshalb suchen immer mehr Freier eine Frau mit Penis? «Sie wollen etwas Neues ausprobieren», sagt die transsexuelle Sexarbeiterin Exotika (30) zu BLICK. Seit zwei Jahren schafft die Ecuadorianerin in verschiedenen Kantonen an. Aktuell ist sie in Biel BE stationiert. Auch sie spürt den Trend: «Ich werde immer öfters angefragt.»

Exotika stellt klar: «Männer, die mit mir schlafen, sind nicht homosexuell. Im Gegenteil. Sie sind einfach neugierig.» Die Sexarbeiterin spricht mit ihren Freiern über deren Verlangen: «Sie finden mich interessant und möchten aufregenden Sex erleben, den sie im Alltag nicht bekommen.»

Viele junge Freier

Den stereotypischen Kunden gibt es dabei nicht: «Zu mir kommt Jung und Alt», sagt sie. «Nur das Verlangen ist bei allen gleich.» Exotika glaubt, dass das Tabu in Zukunft noch mehr bröckelt: «Vermutlich wird Sex mit einer Transe in den nächsten Jahren normal.»

Ähnlich sieht es die Brasilianerin Roberta (55) aus Zürich. Vor 15 Jahren liess sie sich zur Frau umwandeln. Zuvor war sie eine der ersten und einzigen Transsexuellen, die in der Schweiz anschaffte: «Seither hat sich viel verändert», sagt sie. «Nur schon in Zürich gibt es heute viele Transen. Sie sind vor allem aus Lateinamerika und Italien.» Die steigende Nachfrage und das wachsende Angebot sind für sie ein Fetisch: «Das ist, wie wenn jemand auf Füsse steht.»

BLICK-Recherchen zeigen: Viele Transsexuelle schaffen selbständig an. Spezialisierte Studios gibt es kaum. Das will Peter H.* (55) nun ändern. Der gebürtige Aargauer betreibt seit 2005 in Zürich den Service ladama-escort.ch. Im Angebot hat er rund 30 junge Frauen, die auf Bestellung Freier zu Hause oder im Hotel besuchen. Die Mädchen stellt er online mit Fotos und Steckbrief vor. Transsexuelle vermittelte er bisher nicht.

«Ich habe den Trend verschlafen»

Trotzdem wird er regelmässig nach solchen gefragt: «Seit drei, vier Jahren immer öfter», sagt H. zu BLICK. «Aktuell mehrmals die Woche.» Diese potenziellen Kunden muss er jeweils abweisen. «Ich habe den Trend verschlafen.» Darum will er einen zweiten Escort-Service aufbauen, der auf Transsexuelle und Fetisch-Wünsche spezialisiert ist.

Dass die Nachfrage gross und das bisherige Angebot zu klein ist, zeigt sich am Beispiel der Brasilianerin Jessica (25). Die Sexarbeiterin ist nicht transsexuell, verrät BLICK aber: «Ich muss für einige Kunden die Transsexuelle spielen.» Heisst: Die junge Frau schnallt sich für den Sex einen Dildo um. Sie schmunzelt und sagt: «Die Männer wollen halt ihre Fantasien ausleben.»

Dafür sind die Freier bereit, gut zu bezahlen. 1000 Franken kostet die gespielte Transsexuelle. Daran stört sich die Escort-Dame nicht: «Solche Wünsche sind mittlerweile normal.»

* Name der Redaktion bekannt

40'000 Transmenschen in der Schweiz

Laut dem Transgender Network Switzerland (TGNS) leben in der Schweiz rund 40'000 Transmenschen. Von Trans spricht man, wenn das innere Wissen einer Person zur eigenen Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen biologischen Geschlecht übereinstimmt. Dabei wird zwischen Transfrauen und Transmännern unterschieden.

Transfrauen wurden mit einem biologisch männlichen Körper geboren, fühlen sich aber als Frau. Bei Transmännern ist es genau umgekehrt. TGNS verzichtet bewusst auf den Begriff Transsexuelle. Dieser impliziere fälschlicherweise eine sexuelle Orientierung. Es geht aber nicht um die Orientierung, sondern um die geschlechtliche Identitätsfrage. Früher galt Transsexualität sogar als pathologisch. Heute sehen viele Experten Transmenschen nicht als krank an. Die Weltgesundheitsorganisation WHO will den Begriff künftig aus dem Diagnosekatalog streichen. 

Laut dem Transgender Network Switzerland (TGNS) leben in der Schweiz rund 40'000 Transmenschen. Von Trans spricht man, wenn das innere Wissen einer Person zur eigenen Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen biologischen Geschlecht übereinstimmt. Dabei wird zwischen Transfrauen und Transmännern unterschieden.

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