So bleiben Sie zufrieden
Auch Glück ist ansteckend

Wir befinden uns in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Trotzdem gibt es Wege, um zufrieden zu sein. Wie das geht, erklärt Glücksexpertin Nadja Buser.
Publiziert: 04.04.2020 um 15:08 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2020 um 14:14 Uhr
Kleine Nachrichten, die Unbekannte erfreuen, machen auch den Absender glücklich.
Foto: Lorin Segrada
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Aline Wüst

Wir sind auf dem Podest! Dem Podest der glücklichsten Menschen dieser Welt. Das ist eine gute Nachricht. Wir Schweizerinnen und Schweizer sind glücklich! Wirklich? Auch jetzt, wo vieles nicht mehr ist, wie es war?

Es gibt eine Frau, deren Leben sich in den vergangenen Jahren fast ausschliesslich ums Glück drehte. Sie heisst Nadja Buser (48) und hat mitgeholfen, die Ausstellung «Global Happiness» zu konzipieren. Höchste Zeit, diese Frau anzurufen.

Doch zuerst nochmals zurück zu Glück und Podest. Ja, Glück ist messbar. Sonst wäre keine Rangliste möglich. Für den «World Happiness Report» der Vereinten Nationen, der Mitte März erschien und bei dem wir auf dem dritten Platz sind, gibt es sechs Kriterien, anhand derer die Glücklichkeit einer Nation gemessen wird: Bruttoinlandprodukt, Freiheit, Gesundheit, soziale Unterstützung, Grosszügigkeit, Korruption.

Und da dämmert es uns. Die ersten drei Faktoren sind vom Virus bedroht: Die Wirtschaft gerät ins Wanken, unsere Freiheit wurde massiv eingeschränkt, und um die Gesundheit sorgen wir uns. Das ist kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Denn hier kommt die Ethnologin und Helvetas-Mitarbeiterin Nadja Buser ins Spiel. Sie richtet den Blick auf etwas anderes: «Es gibt glücksrelevante Bereiche, die gewinnen.» Ganz besonders die soziale Unterstützung. «Wir erleben momentan, dass die Nachbarschaftshilfe erstarkt und wir uns allgemein mehr um unsere Mitmenschen kümmern.» Viele bekommen häufiger Anrufe oder Whatsapp-Nachrichten von Menschen, die wissen wollen: Wie geht es dir?» Aber auch die Grosszügigkeit wächst in gewisser Hinsicht. Erleben wir nicht gerade, dass unsere Mitmenschen grosszügiger sind mit ihrer Zeit, Hilfe und Fürsorge?

Aufschreiben, was schön ist

Wir können also auch nächstes Jahr wieder auf dem Podest landen. Obwohl: Hat Glück etwas mit Gewinnen zu tun? Ist es nicht so, dass Glück eben gerade nicht an Leistung geknüpft ist?

Tauchen wir tiefer ein. Nadja Buser erzählt, dass es Dinge gibt, die jene Menschen auf der ganzen Welt verbinden, die sich als überdurchschnittlich zufrieden bezeichnen. Dazu gehört, ein Lebensziel zu haben. Also ein Leben zu leben, von dem wir das Gefühl haben, dass es einen Sinn ergibt. Überdurchschnittlich zufriedene Menschen seien zudem dankbar, optimistisch, hilfsbereit, leben in der Gegenwart und achten darauf, dass sie täglich sowohl etwas mit dem Kopf machen wie auch mit den Händen und etwas fürs Herz tun.

Die Forschung weiss, dass für das individuelle Glück zu 50 Prozent unsere Gene verantwortlich sind, zu zehn Prozent unser Umfeld und zu 40 Prozent wir selber.

Konzentrieren wir uns also auf die 40 Prozent und die Eigenschaften, die glücklich machen. Buser hat ganz konkrete Tipps, und die haben viel mit der eigenen Einstellung zu tun. Optimistisch und dankbar zu sein beispielsweise. «Das wirkt in diesen Tagen fast ein bisschen zynisch», sagt sie. Doch gerade jetzt sei es wichtig, jeden Tag zu schauen, was positiv ist und wofür man dankbar sein kann. Ganz besonders, wenn alles schwierig ist, vielleicht sogar die berufliche Existenz gefährdet ist. Und wie macht man das? «Aufschreiben, was am vergangenen Tag schön war.»

Das warme Glühen

Ein weiterer Glücksverstärker ist das Weitergeben. «Es tönt wie eine Binsenwahrheit. Aber tatsächlich hat die Freude, die wir anderen Menschen bereiten, eine Rückkopplung auf uns», sagt Buser und macht gleich ein Beispiel: Vor ein paar Tagen bekam sie eine handgeschriebene Karte von einem Arbeitskollegen. «Ich habe mich unglaublich darüber gefreut.» Sie schrieb dem Kollegen eine Nachricht, wie sehr sie sich gefreut habe. Das wiederum freute ihn. Wer glücklich sein will, tut also gut daran, andere Menschen zu erfreuen. Und das ist ganz einfach. Beispielsweise eine unbekannte Person auf der Strasse anlächeln, der Rentnerin an der Kasse den Vortritt lassen, die Parkuhr für jemanden nachfüllen, dem Partner ein Post-it mit einer lieben Nachricht an die Kaffeemaschine kleben, einer Freundin eine Whatsapp-Nachricht schreiben mit all den Eigenschaften, die man an ihr schätzt, vor der Chefin die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters loben oder für die alte Nachbarin einkaufen. Was das mit uns macht? Buser sagt, dass es dafür im Englischen einen Begriff gebe: warm glow, zu Deutsch warmes Glühen. «Wenn wir einer Person eine Freude machen oder jemandem helfen, erhalten wir im Gegenzug dieses warme Glühen. Und das ist etwas, was uns glücklich macht.»

Das widerspricht unserer gängigen Vorstellung von Glück. Allzu oft suchen wir das Glück im Konsum, in Ablenkungen und Unterhaltung. Das wiederum hat vor allem mit Geld zu tun. Und beim Geld gibt es ein Problem. Armut macht zwar nicht glücklich. Buser sagt: «Wer seine Grundbedürfnisse nicht decken kann, hat es schwieriger mit dem Glück.» Aber Reichtum im Gegenzug macht auch nicht zwingend glücklich. «Der Effekt von mehr Geld in Bezug auf unsere Zufriedenheit verpufft rasch.» Die Glücksforschung habe herausgefunden, dass schon ab einem mittleren Einkommen niemand glücklicher wird, wenn er mehr verdient. «Wollen wir dann unsere Zufriedenheit steigern, müssen wir uns also nichtmateriellen Dingen zuwenden.» Buser sagt: «Diese Krise ist eine Möglichkeit herauszufinden, was ich anstatt zu konsumieren tun könnte und welche Auswirkung es auf mich hat.» Ganz frei könnten wir uns momentan nicht ausleben. «Wir müssen da nichts glorifizieren», sagt Buser. Aber es gebe durchaus Dinge, die wir ausprobieren könnten: beispielsweise mehr joggen, eine Kindergeschichte schreiben, ein Feuer machen im Wald. «Dieses Ausprobieren von neuen Aktivitäten und Engagements könnte in unserer Gesellschaft einen wichtigen Lernprozess in Gang setzen», so Buser.

Diese Krise hat nichts Gutes. Aber niemandem bleibt etwas anderes übrig, als das Beste daraus zu machen. Das Virus zwingt uns, in vielen Bereichen umzudenken, uns neu zu organisieren. Regt vielleicht auch zum Nachdenken an.

Weltweite Solidarität

Nadja Buser denkt darum weiter. «Finden wir heraus, dass uns andere Dinge als Konsum glücklicher machen, hat das einen Einfluss auf unsere Umwelt.» Wer weiss, dass er zufriedener wird, wenn er weniger konsumiert und seine Zeit stattdessen in andere Dinge investiert, für den wird Verzicht automatisch attraktiver.» Das wiederum würde sich auf unseren ökologischen Fussabdruck auswirken. Damit sogar dem Klimawandel entgegenwirken. Denn der wird auch nach der Corona-Krise noch da sein.

Und weil es das Geheimnis des Glücks ist, dass es geteilt werden muss, damit es wächst, kann sich auch niemand freuen, auf einer Glücksrangliste zuoberst zu sein. Vielmehr stellt sich die Frage: Was könnten wir tun, damit die Afghanen als Tabellenletzte auf ein ähnliches Glückslevel kommen wie wir? Globale Solidarität ist für Nadja Buser ein wichtiger Aspekt. «Wir Menschen sind voneinander abhängig. Wir leben alle auf dem gleichen Planeten.»

Gerade in diesen Zeiten muss deshalb das Ziel sein, solidarisch mit Entwicklungsländern gegen Corona zu kämpfen. Denn in diesen Ländern leiden die Menschen besonders. Und ist Corona vorbei, geht es darum weiterzukämpfen: für ein glückliches Leben aller Menschen auf dieser Welt.

Die Ausstellung «Global Happiness» wurde von der Entwicklungsorganisation Helvetas konzipiert und war zuletzt im Naturama in Aarau zu sehen. Aktuell wäre alles bereit für die Eröffnung im Landesmuseum Vaduz. Mehr Informationen übers Glück unter globalhappiness.ch. Einen Online-Glückskurs gibt es hier: www.helvetas.org/glueckskurs

Coronavirus

Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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Gerade in der Grippesaison kann man selber nur schwer einschätzen, ob man am Coronavirus erkrankt ist oder ob man einfach eine gewöhnliche Grippe hat. Die Unterschiede sind fein, aber es gibt sie. Blick klärt auf.

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Schutz gegen Coronavirus

Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit, wie Sie sich selbst schützen können:

Hygienemassnahmen

  • Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen und/oder Desinfektionsmittel nutzen.
  • Nicht in Hände niesen oder husten, sondern Taschentuch oder Armbeuge nutzen. Taschentücher anschliessend sofort korrekt in geschlossenem Abfalleimer entsorgen.
  • Bei Fieber und Husten zwingend zu Hause bleiben.

Kontakt minimieren

  • Zu Hause blieben und Kontakte mit Personen möglichst minimieren. Nur in Ausnahmesituationen aus dem Haus gehen: Lebensmittel einkaufen / Arzt- oder Apothekenbesuch / Homeoffice ist für Ihre Arbeit nicht möglich / Sie müssen anderen Menschen helfen. Kontakt mit Personen vermeiden, die Atembeschwerden oder Husten haben.
  • Wichtig: Keine Begrüssungsküsschen, keine Umarmungen, kein Händeschütteln.
  • 2 Meter Abstand zu Mitmenschen halten, beispielsweise beim Anstehen oder bei Sitzungen.
  • Öffentliche Verkehrsmittel meiden und Lieferdienste nutzen.
  • Bei Symptomen (Atembeschwerden, Husten oder Fieber) nicht in die Öffentlichkeit gehen und umgehend – unbedingt zuerst telefonisch – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung kontaktieren.

Informiert bleiben

  • An die Regeln und Ansagen der Behörden halten. Infoline Coronavirus: 058 463 00 00, Info-Seite des BAG: bag-coronavirus.ch

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Kontakt minimieren

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