Der Schweizer Sturmjäger folgt jedem Unwetter
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Eine aufregende Woche:Der Schweizer Sturmjäger folgt jedem Unwetter

Stormchaser Dominic Kurz dokumentiert Unwetter
Er jagt den Stürmen nach

Dominic Kurz (35) ist «Stormchaser». Das ganze Jahr dokumentiert er Unwetter aller Art und teilt seine Beobachtungen mit den Medien und der Wissenschaft.
Publiziert: 28.06.2021 um 06:58 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2021 um 11:39 Uhr
Wetterphänomene sind Dominic Kurz' (35) Leidenschaft: Seit zehn Jahren beobachtet und dokumentiert er Gewitter und andere Unwetter.
Foto: Dominic Kurz
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Interview: Eliane Eisenring

Herr Kurz, Sie jagen Stürme. Tun Sie das in Ihrer Freizeit?
Dominic Kurz: Ich mache das einerseits hobbymässig. Aber mit meinem Verein UwBe (Unwetterbeobachtung) International dokumentiere ich Gewitter auch professionell, zum Austausch mit Forschung, Medien und Meteorologen.

Wie wissen Sie, wo der nächste Sturm aufzieht?
Ich studiere Wettermodelle im Voraus. Wo genau ein Unwetter auftreten wird, kann man aber nicht vorhersagen. Man kann grob abschätzen, in welchem Gebiet ein Gewitter entstehen wird. Dorthin gehe ich dann und beobachte die Lage, um den für mich richtigen Standort zu finden.

Wo gibt es die besten Gewitterbilder?
Zur Unwetterbeobachtung bevorzuge ich hoch gelegene Ebenen oder Aussichtspunkte mit Rundumsicht. Dafür eignen sich Felder, aber auch Seen. Die schönsten Bilder gibt es deshalb am Genfersee, am Bodensee oder im Jura.

Wie oft waren Sie diese Woche schon unterwegs und wo?
Jeden einzelnen Tag. Und nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland und Frankreich.

Sie beobachten Gewitter auch im Ausland?
Manchmal folge ich einer Gewitterzelle über sechs Stunden, von ihrer Entstehung bis sie wieder abflaut – dabei wandert sie oft über die Landesgrenzen hinaus. In unseren Nachbarstaaten gibt es ausserdem grössere Ebenen, wo sich Gewitter noch besser entfalten können. Dabei bilden sich Wolkenstrukturen, die man in der Schweiz selten sieht. Einmal bin ich 15 Stunden nach Kroatien gefahren, nur für ein Foto.

Blitz und Donner Mehr als Wetter

Die Schweiz hat eine Woche der Gewitter hinter sich: Am letzten Sonntag meldete Meteo Schweiz über 47 000 Blitzentladungen – mehr als ein Viertel aller Blitze, die im Juni insgesamt registriert wurden.

Über dem Zürichsee bildete sich am Montagabend eine Superzelle und diese brachte den Zürcher Gemeinden Wädenswil, Horgen, Stäfa und Männedorf Sturmböen von bis zu 113 Kilometer pro Stunde – dazu prasselten Hagelkörner in der Grösse von Pingpongbällen herab.

Auch am Mittwoch stürmte es noch mal stark und 28'000 Blitze zuckten. Die Gewitter wurden von einer Höhenströmung aus dem Südwesten begünstigt, die feuchte und instabil geschichtete Luft mit sich führte.

Noch katastrophaler wirkte sich das Wetter diese Woche in Tschechien aus. Dort verwüstete ein Tornado am Donnerstagabend sieben Dörfer an der Grenze zu Österreich. 200 Menschen wurden verletzt, mindestens drei getötet. Tornados sind in Tschechien selten – der letzte wurde vor drei Jahren aufgezeichnet, das letzte Mal verursachte ein Wirbelsturm 2004 grössere Schäden.

Die Schweiz hat eine Woche der Gewitter hinter sich: Am letzten Sonntag meldete Meteo Schweiz über 47 000 Blitzentladungen – mehr als ein Viertel aller Blitze, die im Juni insgesamt registriert wurden.

Über dem Zürichsee bildete sich am Montagabend eine Superzelle und diese brachte den Zürcher Gemeinden Wädenswil, Horgen, Stäfa und Männedorf Sturmböen von bis zu 113 Kilometer pro Stunde – dazu prasselten Hagelkörner in der Grösse von Pingpongbällen herab.

Auch am Mittwoch stürmte es noch mal stark und 28'000 Blitze zuckten. Die Gewitter wurden von einer Höhenströmung aus dem Südwesten begünstigt, die feuchte und instabil geschichtete Luft mit sich führte.

Noch katastrophaler wirkte sich das Wetter diese Woche in Tschechien aus. Dort verwüstete ein Tornado am Donnerstagabend sieben Dörfer an der Grenze zu Österreich. 200 Menschen wurden verletzt, mindestens drei getötet. Tornados sind in Tschechien selten – der letzte wurde vor drei Jahren aufgezeichnet, das letzte Mal verursachte ein Wirbelsturm 2004 grössere Schäden.

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Seit wann beschäftigen Sie sich mit Unwettern?
Ich beobachte Gewitter seit etwa zehn Jahren. Schon als Kind war ich fasziniert von Blitzen und interessierte mich für Meteorologie. Irgendwann habe ich dann angefangen rauszugehen.

Das ist nicht ungefährlich ...
Das stimmt. Man darf den Respekt vor der Natur nie verlieren. Es lauern Gefahren wie Hagel- und Blitzschlag, Hochwasser und starke Winde. In der Situation ist es wichtig, den Überblick zu behalten und einen Fluchtweg zu haben.

Was war ein unvergessliches Erlebnis beim Stormchasing?
Eines meiner eindrücklichsten Erlebnisse war ein Tornado in Polen. Wir standen auf einem Feldweg, um die Gewitterzelle abzufangen, als plötzlich Tornado-Warnsirenen ertönten. Im Dunkeln ist ein Tornado noch gefährlicher als sonst, weil man ihn nicht sieht. Wir fuhren sofort zurück zum Hotel, raus aus der Gefahrenzone. Am nächsten Tag haben wir dann erfahren, dass der Tornado 500 Meter hinter unserem Hotel durch den Wald gefegt ist. Da hatte ich eine Gänsehaut.

In diesem Jahr gibt es besonders viele Blitze zu beobachten – oder täuscht dieser Eindruck?
Meiner Einschätzung nach wird es ein gewittriger Sommer. Letztes Jahr gab es zwei bis drei schwere Gewitter und das wars – da hatten wir allein diesen Monat schon mehr. Ob man die Blitze gut sieht, hängt vom Niederschlag ab. Diese Woche waren sie meist hinter einem Regenschleier.

Welcher war für Sie diese Woche der schönste Blitz?
Die drei schönsten Blitze gingen auf das Konto einer Zelle bei Kölliken im Aargau und einer anderen bei Frauenfeld im Thurgau. Der Fokus unserer Dokumentation lag in den letzten Tagen aber auf den Hochwassern und dem Hagel im Jura.

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