Termine, Pfusch und sonstigen Ärger
So vermeidest du Knatsch mit Handwerkern

Kundinnen und Kunden verlangen manchmal Unmögliches – Handwerker erzählen, was sie so erleben. Die Tipps gegen Zoff.
Publiziert: 12.06.2024 um 13:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2024 um 15:35 Uhr

Die neue Küche ist zwei Wochen nach der vereinbarten Frist noch immer nicht fertig. Die Fugen im renovierten Badezimmer verlaufen anders als auf den Plänen. Und zu allem Übel hat irgendeiner noch Kratzer auf dem neuen Parkett hinterlassen. Wer es war, weiss natürlich niemand.

Probleme mit Handwerkern – wer kennt sie nicht? Im Beratungszentrum des Beobachters gibt es am häufigsten Anfragen wegen Rechnungen, die plötzlich viel teurer sind als die Offerte. Wegen nicht eingehaltener Termine oder wegen Pfusch.

Ich will es genauer wissen!

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Doch wie sieht es eigentlich auf der anderen Seite aus? Kann es sein, dass sich Handwerker genauso oft über die Bauherrschaft ärgern? Wo drückt bei ihnen der Schuh?

Eine «Galaxus-Mentalität» macht Handwerkern das Leben schwer.
Foto: imago/Westend61

Wenn der Schreiner zum Eheberater wird

Andreas Meister aus dem Aaretal ist Schreiner und Küchenbauer. Manchmal komme er sich aber vor wie ein Eheberater, sagt er. «Da besprichst du mit dem Mann eine Änderung.» Und bei der nächsten Besprechung stelle sich heraus, dass er der Frau nichts davon erzählt habe – und sie andere Vorstellungen habe. «Ich als Küchenverkäufer stehe dann mittendrin und muss die Beziehungskrise verhindern.»

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Meister erstellt auch Expertisen, wenn sich Handwerkerin und Bauherrschaft in die Haare geraten. Er schmunzelt meistens über solche Szenen. In anderen Situationen vergeht ihm das Lachen. Etwa wenn Bauherren während der Montage hinter den Monteuren stehen und jeden Handgriff hinterfragen.

Oder wenn sie plötzlich doch lieber den um 250 Franken teureren Backofen haben wollen, nachdem der günstigere schon geliefert und ausgepackt worden ist. «Das ist im Grunde kein Problem, aber Händler verlangen einen Abschlag, wenn man ein Gerät zurückschickt.» 

Der Backofen koste dann halt nicht 250 Franken mehr, sondern 600, erklärt er. «Wir müssen das plus unseren eigenen Aufwand und die Umtriebe verrechnen.» Viele hätten dafür kein Verständnis.

Kurzfristige Änderungen bringen alles durcheinander

Auch mühsam findet er Kundinnen und Kunden, die kurz vor dem Einbau alles noch mal ändern oder den Montagetermin verschieben wollen. «Das passiert meist dann, wenn wir vorher in der Schreinerei Überstunden gemacht haben, um alle Möbel rechtzeitig fertig zu bekommen», sagt er. Wenn man dann die Lieferfrist nicht mehr einhalten könne, gebe es Diskussionen.

Zudem brächten solche kurzfristigen Änderungen die betriebsinterne Planung durcheinander. Man brauche die Leute ja auch wieder für andere Aufträge. «Vielen ist nicht bewusst, welchen Rattenschwanz das für uns Handwerker nach sich zieht.»
«Galaxus-Mentalität» macht Schreinern das Leben schwer Plattenleger Reto Hänni macht ähnliche Erfahrungen. Er führt im Kanton Zürich einen Betrieb mit 36 Mitarbeitenden und sagt, viele private Bauherren hätten keine Ahnung, wie viel Koordination dahinterstecke.

«Sie haben überspitzt gesagt den Anspruch, dass sie mich heute anrufen können, morgen schaue ich mir alles an, und übermorgen beginnen die Arbeiten.» Sie seien das wohl vom Onlinehandel gewohnt: heute bestellt, morgen im Briefkasten. Küchenbauer Andreas Meister hat ein Wort dafür: «Galaxus-Mentalität».

Laut Reto Hänni fehlt vielen das Verständnis, dass das nicht gehe. «Ich muss Preise anfragen, mich mit anderen Handwerkern absprechen, planen, und es gibt Lieferfristen.»
Ein weiteres Problem: «Manche sehen etwas Schönes auf Instagram und wollen das haben – haben aber keine Vorstellung von den Kosten.» Sie liessen sich umfassend von ihm beraten und eine Offerte erstellen.

Dann würden sie diese aber herumreichen, um bei einem anderen Betrieb vielleicht günstiger wegzukommen. «Ich verstehe, wenn jemand mehrere Offerten einholt. Mein Aufwand sollte dann aber fairerweise auch vergütet werden», sagt Hänni.

Checkliste: Die Beobachter-Tipps gegen Zoff
  • Im Bekanntenkreis nach verlässlichen Handwerkern umhören, Referenzen einholen. Auch die lokalen HEV-Sektionen haben Kontakte.
  • Mindestens zwei oder drei Offerten einholen und die Betriebe auch darüber informieren. Was macht eine gute Offerte aus? Sie ist detailliert, weist Arbeitsaufwand und Materialkosten getrennt aus. Möglichst ein Kostendach vereinbaren. Achtung: Offerten können etwas kosten – vorher danach fragen.
  • Handwerker engagieren, die schon gut miteinander zusammengearbeitet haben.
  • Pläne und Auftrag genau studieren. Sich erklären lassen, was man nicht versteht. Allenfalls die Verträge von einem Fachverband prüfen lassen.
  • Überraschungen vermeiden: Darauf achten, dass im Auftrag wirklich alles drin ist, was man braucht.
  • Mängelhaftung: Gut für die Bauherrschaft ist, wenn diese im Vertrag nach SIA-Norm 118 vereinbart ist.
  • Wer einen Generalunternehmer beauftragt, sollte sich dessen Mängelrechte nicht vertraglich abtreten lassen. Sonst muss man Mängel selbst bei jedem einzelnen Handwerker rügen.
  • Änderungen und Anpassungen immer schriftlich festhalten, inklusive veränderter Lieferfristen und Preise. Wenn Termine ungerechtfertigt nicht eingehalten werden, darf man grundsätzlich vom Vertrag zurücktreten. Man muss aber zuerst zwei neue Fristen setzen – am besten schriftlich und eingeschrieben.
  • Im Bekanntenkreis nach verlässlichen Handwerkern umhören, Referenzen einholen. Auch die lokalen HEV-Sektionen haben Kontakte.
  • Mindestens zwei oder drei Offerten einholen und die Betriebe auch darüber informieren. Was macht eine gute Offerte aus? Sie ist detailliert, weist Arbeitsaufwand und Materialkosten getrennt aus. Möglichst ein Kostendach vereinbaren. Achtung: Offerten können etwas kosten – vorher danach fragen.
  • Handwerker engagieren, die schon gut miteinander zusammengearbeitet haben.
  • Pläne und Auftrag genau studieren. Sich erklären lassen, was man nicht versteht. Allenfalls die Verträge von einem Fachverband prüfen lassen.
  • Überraschungen vermeiden: Darauf achten, dass im Auftrag wirklich alles drin ist, was man braucht.
  • Mängelhaftung: Gut für die Bauherrschaft ist, wenn diese im Vertrag nach SIA-Norm 118 vereinbart ist.
  • Wer einen Generalunternehmer beauftragt, sollte sich dessen Mängelrechte nicht vertraglich abtreten lassen. Sonst muss man Mängel selbst bei jedem einzelnen Handwerker rügen.
  • Änderungen und Anpassungen immer schriftlich festhalten, inklusive veränderter Lieferfristen und Preise. Wenn Termine ungerechtfertigt nicht eingehalten werden, darf man grundsätzlich vom Vertrag zurücktreten. Man muss aber zuerst zwei neue Fristen setzen – am besten schriftlich und eingeschrieben.
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Pfusch ist ärgerlich – und teurer

«Den Billigsten muss man sich leisten können», findet ein Gipsermeister aus der Region Zürich, der seinen Namen nicht im Beobachter lesen will. Es sei schon vorgekommen, dass er eine Dachstockrenovation für 30’000 Franken offeriert habe. Den Auftrag habe er nicht bekommen.

Dafür wenig später einen Anruf desselben Bauherrn – mit der Bitte, den Pfusch auszubessern, den ein Günstigerer verbrochen habe. «So was lehne ich dankend ab. Schlechte Arbeit ist oft kaum mehr zu retten.» Der Dachstock habe den Bauherrn am Ende 52’000 Franken gekostet.

Auch immer wieder ein Streitpunkt ist Sauberkeit. «Staub lässt sich in unserem Metier nun mal nicht komplett vermeiden», sagt der Gipser. Das sähen aber nicht alle ein. «Manche wollen dann auf unsere Kosten die Wohnung reinigen lassen.»

Alles schriftlich festhalten

Probleme mit Mängelrügen haben die drei befragten Handwerker kaum. Auch über nicht eingehaltene Offerten müssten sie selten diskutieren. «Wenn es nachträglich Änderungen, Überraschungen oder Extrawünsche gibt, halte ich das in der Regel schriftlich fest, inklusive der geschätzten Auswirkung auf den Preis», sagt Küchenbauer Andreas Meister.

Zu Knatsch komme es aber hin und wieder, wenn jemand reklamiere wegen angeblich fehlender Werkteile. «Dann wird zum Beispiel eine Preisreduktion verlangt, weil eine Abdeckung nicht geliefert worden sei. Wenn man dann aber die Pläne und den Vertrag liest, sieht man, dass die gar nie drin war.»

Bei grösseren Projekten hilft eine Bauleitung

Man merkt: Häufig liegt es an der mangelhaften Kommunikation, wenn sich Handwerker oder Bauende über den jeweils anderen ärgern. Das stellt auch Stefan Aeschi fest, Architekt und Bauexperte beim Hauseigentümerverband (HEV) Schweiz.

Er rät deshalb, sich vorher genau zu überlegen, was man wolle und brauche, und das bis ins letzte Detail schriftlich festzuhalten. «Bei grösseren Umbauten und Renovationen würde ich immer einen Baufachmann und eine professionelle Bauleitung engagieren.»

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