Die Altstadt von Locarno TI bebt: Es ist Fasnacht, Stranociada nennt man sie im Tessin. Antonio S.* (21) tanzt im Festzelt der Piazza Sant Antonio. Samstag, gegen drei Uhr morgens, pirscht sich Martin C.* (22) an. Antonio S. ahnt nichts Böses: «Ich dachte, er wolle mir etwas zuflüstern.»
Doch das hat Martin C. nicht vor. «Plötzlich biss er mir ins rechte Ohr!», sagt der Tessiner. Martin C. trennt Antonio mit seinen Zähnen den oberen Teil der Ohrmuschel ab, spuckt sie aus und verschwindet in der Menge. «Es ging alles blitzschnell. Ich wusste nicht, wie mir geschah», sagt Antonio S. zu BLICK. «Ich blutete. Alle um mich herum starrten mich an. Sie waren geschockt.»
Für einige Sekunden spricht niemand ein Wort. «Unter den Gästen war ein befreundeter Krankenpfleger. Er und ein Freund nahmen mich sofort unter die Arme und brachten mich ins Spital.»
Chirurgen nähen Ohr wieder an
Im Spital wird Antonio S. operiert. Ärzte der Plastischen Chirurgie bilden aus Knorpel eine neue Ohrmuschel nach. Wie sie ausschaut, weiss Antonio noch nicht. Sein Kopf ist bandagiert. «Die Wunde brennt fürchterlich. Ich nehme Schmerzmittel und Antibiotika», sagt Antonio S. weiter. Doch was ihn noch mehr verstört, ist der Grund des Angriffs.
«Ich kenne Martin C. kaum. Ich war mal mit seiner Ex-Freundin zusammen. Aber das ist auch schon wieder über ein Jahr her. Es gibt überhaupt keinen Grund, mich anzugreifen», so Antonio. Er vermutet: «Martin war extrem eifersüchtig. Das muss irgendwann in blanken Hass umgekippt sein.» Er habe ihn schon einmal tätlich angegriffen. «Damals hat er mir aus heiterem Himmel in den Bauch getreten.»
Biss ins Ohr wie einst Mike Tyson
Martin C. hat ein prominentes Vorbild. Der Boxer Mike Tyson (52) biss seinem Gegner Evander Holyfield während eines Boxkampfes 1997 in Las Vegas ein Stück aus der Ohrmuschel. Der US-Weltmeister wurde disqualifiziert.
Martin C. droht für den Biss mehr: Die Tessiner Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren wegen schwerer Körperverletzung eingeleitet.
* Namen geändert