Tessiner Finanzberater in Lugano TI zu drei Jahren verurteilt
Tessiner (61) legte zwei ehemalige NBA-Superstars aufs Kreuz

Erst erschlich er sich das Vertrauen von Toni Kukoč (52) und Radoslav «Rašo» Nesterovič (44), dann veruntreute er deren Vermögen. Schliesslich verzockte Pietro A.* die gestohlenen Millionen. Zehn Jahre nach dem Betrug stand der Luganeser nun vor Gericht.
Publiziert: 29.04.2021 um 21:34 Uhr
Myrte Müller

Die Opfer des Millionenbetrugs fallen im Gerichtssaal auf. Toni Kukoč (52) hat eine Körpergrösse von 2,11 Meter. Radoslav Nesterovič (44) ist sogar noch zwei Zentimeter länger. Fast zehn Jahre haben die Ex-Superstars der populärsten Basketball-Liga der Welt, der amerikanischen NBA, auf diesen Tag gewartet. Sie wurden um ihr Schweizer Vermögen gebracht, wollen ihr Geld zurück. Doch das scheint futsch, verzockt von einem spielsüchtigen Betrüger.

Toni Kukoč reist aus Chicago (USA) und «Rašo» Nesterovič aus Slowenien an. Pünktlich betreten sie am Mittwoch um 9.30 Uhr den Gerichtssaal in Lugano TI. Drinnen wartet Pietro A.* (61) aus Capolago TI. Der Tessiner sitzt auf der Anklagebank. Ihm wird vorgeworfen, zig Millionen Franken veruntreut und Urkunden gefälscht zu haben. Zwei der vier Geschädigten sind die beiden prominenten Profi-Sportler, die das Publikum an diesem Prozesstag überragen. Pietro A. hält den Kopf gesenkt. Jenen, die ihm einst zutiefst vertrauten, kann er nicht in die Augen schauen.

Pietro A. zeigt Reue. Er habe Dinge getan, die er nie von sich erwartet hätte und für die er keine Erklärung habe. «Ich habe alles im Casino verzockt», sagt der Angeklagte mit leiser Stimme. Das Glücksspiel habe ihn ruiniert. Pietro A. sei seit seiner Verhaftung 2015 nie wieder so recht auf die Beine gekommen.

Toni Kukoč (52) im Jahr 2001 in seiner Glanzzeit als Basketball-Idol in den USA. Der gebürtige Kroate lebt in Chicago. Am Mittwoch war er beim Prozess gegen seinen ehemaligen Finanzberater dabei.
Foto: Keystone
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Angeklagter war einst ein guter Freund des Basketball-Stars

Das Mitleid im Gerichtssaal hält sich in Grenzen. Zu gross sind Wut und Enttäuschung. Toni Kukoč lernt Pietro A. bereits in den 90er Jahren kennen, als er noch für den italienischen Club Benetton Basket von Treviso spielt. 1993 holt ihn die NBA in die USA. Der Kroate tritt bei den Chicago Bulls die Nachfolge von Michael Jordan an. Der Dollar rollt. Pietro A. erschleicht sich das Vertrauen von Kukoč, wird dessen Freund und Finanzberater. Er verspricht dem Superstar gute Renditen und überzeugt ihn 2004, in den Bau eines Apartment-Hauses nahe St. Moritz GR zu investieren. Doch die Millionen bleiben nicht auf den Nummernkonten und landen nicht im Immobilienprojekt, sondern in den Taschen des Betrügers.

Insgesamt deponiert Kukoč 21 Millionen Franken auf Schweizer Konten. Die sind am Ende weg. Allein zwischen 2004 und 2007 verschwinden 14 Millionen Franken ohne Wissen der kroatischen Baskeball-Legende, schreibt La Regione. Der Sportler verklagt seinen vermeintlichen Freund 2012. Drei Jahre passiert gar nichts. Erst 2015 wird Pietro A. verhaftet.

Ein Prozess ohne Gewinner

Auch Radoslav «Rašo» Nesterovič, der ab Ende der 90er Jahre in der NBA spielt, wird von Pietro A. über den Tisch gezogen. Der gebürtige Serbe mit griechischem Pass verlangt 2,2 Millionen Franken Schadenersatz plus entgangenem Zugewinn. Pietro A. jedoch ist pleite. Ausser Spesen nichts gewesen, das scheint das Fazit des Prozesses.

Der Richter verurteilt den Betrüger zu drei Jahren Haft, zwei davon auf Bewährung. Da Pietro A. bereits monatelang in U-Haft sass, verlässt er den Gerichtssaal als freier Mann. Für Toni Kukočs Anwalt Paolo Bernasconi gibt es keine Gewinner an diesem Mittwoch. Er beobachtet die endlos verschleppten Ermittlungen mit, wie er sie nennt, unfassbarer Frustration. «Nach dem blinden Vertrauen in den Schweizerischen Finanzplatz folgt Frustration wegen der Justizineffizienz», sagt der Jurist aus Lugano.

Auch der Anwalt von Nesterovič ist mehr als enttäuscht. «Hier haben nicht nur jene gelitten, die erheblichen wirtschaftlichen Schaden hatten. Solche Geschehnisse ruinieren die Schweiz und ihren Finanzplatz», sagt Pierluigi Pasi. Die ehemaligen NBA-Stars sind derweil wieder im Flieger auf dem Weg nach Hause. Ohne einen Rappen ihrer verlorenen Millionen.

*Name geändert

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