Stecken Feministinnen hinter Madonnen-Attacken im Tessin?
Geköpft, zerschlagen, geklaut

Seit Ostern gab es im Südkanton acht brutale Angriffe auf Statuen in Grotten und Kapellen.
Publiziert: 10.10.2018 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2018 um 08:54 Uhr
Mysteriöser Madonnen-Klau in Melide
2:21
Tessiner Dorf unter Schock:Mysteriöser Madonnen-Klau in Melide
Myrte Müller

Sie soll über Selbstmordkandidaten wachen, sie vom Sprung in die Tiefe abhalten. Doch die Madonna in der kleinen Kapelle an der Brücke über die Breggia-Schlucht braucht selber Schutz. Madonnenhasser haben es auf die Heiligenstatuette am Ponte di Castello abgesehen. Und nicht nur auf sie.

Abbondio Adobati (78), Vizepräsident der Pfarrgemeinde von Melide TI, in der Grotte der Madonna von Lourdes.
Foto: www.steineggerpix.com
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Der Albtraum in Castel San Pietro TI beginnt Anfang August. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion stiehlt jemand die Madonna der Heiligen Hilfe. Die Pfarrgemeinde ersetzt die Figur durch eine kleinere Maria. Zwei Wochen später ist auch diese weg. Ihre Scherben werden in einem nahen Graben gefunden.

Don Orlando (54) gibt nicht auf. Der Priester sorgt für eine neue Statue. Am vergangenen Samstag wird sie in die Kapelle gestellt. Das Eisentor ist abgeschlossen und obendrauf mit einer Kette gesichert. Am Sonntag folgt der nächste Schock – noch bevor Don Orlando den Segen sprechen kann. 

In der Nacht durchtrennt jemand mit einem Bolzenschneider die Kette. Das Eisentor bekommt er nicht auf. Doch durch die Stäbe zerschlägt er das Gesicht und die rechte Hand. Die Pfarrgemeinde ist entsetzt.

Jetzt erhält die Kapelle eine kugelsichere Scheibe

«Die Madonna wird bleiben. Sie ist wichtig», sagt Don Orlando. Denn: «Immer wieder springen Menschen von der Brücke in den Freitod. Sie soll weiter Trost spenden.» Die kaputte Figur will er restaurieren. Dann bekomme die Kapelle eine kugelsichere Scheibe – auch eine Videoüberwachung sei geplant. 

Wie sehr Vandalismus schmerzt, weiss auch Abbondio Adobati (78). «Am 5. April wurde unsere etwa 60 Zentimeter hohe Heilige Bernadette aus der Grotte gestohlen», sagt der Vizepräsident der Pfarrgemeinde von Melide TI. Und: «Nur wenige Tage später fehlte auch die Madonna von Lourdes.» Mitte April hat ein Unbekannter die Maria unversehrt zur Kirche zurückgebracht. Die Heilige Bernadette aber wird zertrümmert. Teile der Tonfigur werden aus dem Fluss Laveggio im zehn Kilometer entfernten Riva San Vitale TI gefischt. 

«Die Polizei sollte die Ermittlungen ernst nehmen, nicht bagatellisieren», sagt Abbondio Adobati,  «hinter diesen Gewaltakten steckt viel Hass. Und der ist erschreckend und gefährlich.»

Madonna den Oberkörper weggeschlagen

Blanke Gewalt auch in Fescoggia TI im Malcantone. Am 7. Mai entwendet jemand die Heilige Bernadette aus der Grotte von Lourdes. Ende Juli stellt die Gemeinde eine neue, weisse Bernadette auf den leeren Platz. Sie ist aus Stein, knapp 30 Kilo schwer. Mit grosser Wucht und Vorschlaghammer schlägt ihr jemand am 30. September Kopf und Oberkörper ab. Selbst vor einer Pfarrkirche machen die frechen Madonnendiebe nicht halt. Am 3. Juni wird aus der Sacro Cuore von Lugano TI die Figur der Maria Bambina geklaut.

«Radikale Feministinnen kommen für mich in Frage»

Simon Spengler*, wer könnte hinter den Attacken auf Tessiner Madonnenstatuen stecken?
Simon Spengler: Es waren wohl primitive Idioten, die Spass am Kaputtmachen haben. Ein Lausbubenstreich.

Im Tessin spricht man von «Gewaltakten» und «viel Hass». Klingt nicht nach Lausbubenstreich.Auch möglich, dass die Täter Kirchenhasser, Katholikenhasser sind, die bewusst katholische Symbole zerstören wollten.

Meinen Sie mit Katholikenhassern radikale Reformierte?
Während der Reformation gab es Radikale, die als Zeichen des Hasses auf die Papstkirche Heiligenfiguren zerstörten und köpften. Auf den ersten Blick erscheinen diese Vandalenakte im Tessin als das Gleiche. Doch solch radikale Reformierte gibts heute nicht mehr, die Reformation ist 500 Jahre her.

Also eher interreligiöse Attacken?
Es könnten junge Muslime gewesen sein. Als Racheakt wegen des Tessiner Burkaverbots. Doch es wären schlechte Muslime, die den Koran nicht kennen. Im Koran wird Maria sehr verehrt. Ein echter Muslim hat Respekt vor Maria.

Satanisten?
Ich denke nicht. Satanisten zerstören Kruzifixe, beschmutzen Altäre. Der Muttergotteskult spielt im Satanismus keine Rolle. Für mich kommt eher noch eine andere Täterschaft in Frage: radikale Feministinnen.

Wieso?
Sie sehen unter Umständen im Muttergotteskult eine nur vorgegaukelte Hochachtung des Weiblichen in der Kirche. Vielleicht wollen sie damit aufzeigen, dass in der realen Welt der katholischen Kirche ausschliesslich Männer die Macht haben.

 Nicolas Lurati

*Simon Spengler ist Sprecher der katholischen Kirche Zürich.

Simon Spengler*, wer könnte hinter den Attacken auf Tessiner Madonnenstatuen stecken?
Simon Spengler: Es waren wohl primitive Idioten, die Spass am Kaputtmachen haben. Ein Lausbubenstreich.

Im Tessin spricht man von «Gewaltakten» und «viel Hass». Klingt nicht nach Lausbubenstreich.Auch möglich, dass die Täter Kirchenhasser, Katholikenhasser sind, die bewusst katholische Symbole zerstören wollten.

Meinen Sie mit Katholikenhassern radikale Reformierte?
Während der Reformation gab es Radikale, die als Zeichen des Hasses auf die Papstkirche Heiligenfiguren zerstörten und köpften. Auf den ersten Blick erscheinen diese Vandalenakte im Tessin als das Gleiche. Doch solch radikale Reformierte gibts heute nicht mehr, die Reformation ist 500 Jahre her.

Also eher interreligiöse Attacken?
Es könnten junge Muslime gewesen sein. Als Racheakt wegen des Tessiner Burkaverbots. Doch es wären schlechte Muslime, die den Koran nicht kennen. Im Koran wird Maria sehr verehrt. Ein echter Muslim hat Respekt vor Maria.

Satanisten?
Ich denke nicht. Satanisten zerstören Kruzifixe, beschmutzen Altäre. Der Muttergotteskult spielt im Satanismus keine Rolle. Für mich kommt eher noch eine andere Täterschaft in Frage: radikale Feministinnen.

Wieso?
Sie sehen unter Umständen im Muttergotteskult eine nur vorgegaukelte Hochachtung des Weiblichen in der Kirche. Vielleicht wollen sie damit aufzeigen, dass in der realen Welt der katholischen Kirche ausschliesslich Männer die Macht haben.

 Nicolas Lurati

*Simon Spengler ist Sprecher der katholischen Kirche Zürich.

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