Testen, Impfen, Spitäer
So sind wir für die nächste Lockerungs-Phase gerüstet

Am Mittwoch will Gesundheitsminister Alain Berset dem Bundesrat eine Öffnungskonzept für Grossveranstaltungen vorlegen. Wie gut ist die Schweiz für die nächste Phase der Pandemie gewappnet? SonntagsBlick analysiert die wichtigsten Punkte.
Publiziert: 18.04.2021 um 15:33 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 11:53 Uhr
Sven Zaugg

Testen

Weil die Impfkampagne nur schleppend vorankommt, forcierte der Bundesrat in den letzten Monaten eine landesweite Testkampagne. Das Testen sei ein Instrument, um Öffnungsschritte zu begleiten, so der Bund. Die Verantwortung liegt bei den Kantonen. Das hat zu einem unübersichtlichen Flickenteppich geführt. Während Graubünden über 45 Prozent der mobilen Bevölkerung testet, sind es im benachbarten St. Gallen 0. Zudem entpuppte sich der Selbsttest für zu Hause als Rohrkrepierer. Er ist zu ungenau. Und es fehlt grossen Kantonen wie Zürich schlicht am Willen, regelmässige Tests an Schulen durchzuführen.
Fazit: Das Testregime in den meisten Kantonen ist zu lasch. Zudem werden nur positive Tests registriert, was die Daten verfälscht. Eine verbindliche Teststrategie für das ganze Land existiert nicht.

Therapie

Seit Beginn der Pandemie hat sich die Behandlung von Corona-Patienten verbessert. Aber: «Das perfekte Mittel gibt es noch nicht», sagt Infektiologe Dominique Braun. Verschiedene Präparate kommen derzeit zum Einsatz. Zum Beispiel Remdesivir: Als Hoffnungsträger gestartet, die Vermehrung des Coronavirus zu hemmen, zeigte das Medikament in diversen Studien jedoch nur eine moderate Wirkung. «Bessere Effekte erzielen wir mit Entzündungshemmern wie Kortisonpräparaten und Immunmodulatoren», sagt Braun. Grosse Hoffnung setzen die Ärzte in Therapien mit Antikörpern. «Schon heute werden Antikörper von coronagenesenen Patienten kranken Corona-Patienten verabreicht.»
Fazit: Der Bundesrat stellt 100 Millionen Franken für die Beschaffung von künstlichen Antikörpern bereit. Ein Lichtblick – dennoch bleiben Behandlungen komplex, gerade bei Longcovid.

Spitäler

«Die Lage ist ernst», sagt Infektiologe Huldrych Günthard vom Unispital Zürich. Seit März registriert das Krankenhaus einen stetigen Anstieg der Hospitalisationen mit Corona-Patienten. Viele Intensivpflegeplätze sind von Corona-Patienten belegt. Das hat zur Folge, dass zusätzlich wieder spezielle Corona-Stationen geschaffen werden müssen. Einerseits, um die Infektionsübertragung im Spital zu minimieren. Andererseits, um den logistischen Aufwand zu meistern. Am meisten Corona-Patienten auf Intensivstationen verzeichnet die Genferseeregion, gefolgt von der Ostschweiz und Zürich. Die Intensivstationen des Landes sind derzeit zu 72 Prozent ausgelastet.
Fazit: Die Spitäler rüsten sich für den Jo-Jo-Effekt. Sie rechnen mit einer Zunahme von schweren Corona-Fällen – vor allem bei jüngeren Personen.

Impfen

Bis Ende Juli sollen in der Schweiz 5,25 Millionen Menschen vollständig geimpft sein. Derzeit werden täglich gut 30'000 Dosen verabreicht. Es müssten viel mehr sein, um das erklärte Impfziel des Bundes zu erreichen: rund 82'000 Dosen täglich. Gemäss Berechnungen von SonntagsBlick wären schweizweit sogar rund 122'000 Impfungen pro Tag möglich. Entgegen den Prognosen des Bundesrats betonte Rudolf Hauri, Präsident der Kantonsärzte, am Dienstag vor den Medien, es werde Herbst, bis alle willigen Personen vollständig geimpft seien. Der Bund informierte am Freitag zudem über eine weitere Lieferverzögerung des Moderna-Impfstoffs.
Fazit: Stetige Lieferverzögerungen haben die Kantone dazu bewogen, Zehntausende Dosen für Zweitimpfungen zurückzustellen. Diese sollen nun sofort verimpft werden. Trotzdem dürfte das Impfziel verfehlt werden.

Impfzertifikat

Bis im Sommer soll laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein fälschungssicheres und international anerkanntes Impfzertifikat zur Verfügung stehen. Reisen oder Konzertbesuche sollen damit möglich werden. Bei der Ankündigung des Zertifikats vor drei Wochen sagte BAG-Chefin Anne Lévy noch, der Impfausweis soll die Impfung bestätigen, nicht aber die Tests oder eine frühere Ansteckung mit dem Coronavirus. Das hat sich nun geändert: «Alle geimpften, genesenen sowie zeitnah negativ getesteten Personen sollen ein Covid-Zertifikat erhalten können», sagt BAG-Sprecherin Nani Moras. Zur technischen Umsetzung wollte sich das BAG nicht äussern.
Fazit: Ein Zertifikat ist ein wichtiger Schritt in Richtung neue Freiheit. Aber Vorsicht: Das BAG hat während der Pandemie mehrfach bewiesen, seine Daten nicht im Griff zu haben.

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