Teststreit wegen Pierre Alain Schnegg eskaliert
Graubünden greift Berner Gesundheitsdirektor an

Seit Wochen behauptet Regierungsrat Pierre Alain Schnegg: Massentest-Kantone schneiden nicht besser ab als Bern! Die Zahlen zeigen: Das ist falsch.
Publiziert: 12.12.2021 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2021 um 18:42 Uhr
Danny Schlumpf

Vor den Herbstferien stoppte der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg die repetitiven Corona-Massentests an den Schulen. Nun wütet dort das Virus. Und Bern schickt seine Schüler deswegen drei Tage früher in die Weihnachtsferien.

Schuld daran sei die allgemeine Lage, sagt Schnegg – nicht der Stopp der Massentests. Kantone, die solche durchführen, würden nämlich genauso schlecht abschneiden wie Bern, wiederholt der Gesundheitsdirektor seit Wochen. Er verweist dabei gerne auf den Kanton Graubünden. Zuletzt in einem Schreiben von Anfang Dezember.

Graubünden steht statistisch besser da

Im Bündnerland hat man jetzt genug von Schneggs Vergleichen. «Wir sind sehr überrascht», sagt Martin Bühler, Chef des Bündner Corona-Krisenstabs. Tatsächlich zeigt ein Vergleich der BAG-Zahlen: Der R-Wert im Kanton Bern liegt bei 1,10. Graubünden weist mit 0,96 als einziger Kanton einen Wert unter 1 auf. In den letzten vier Wochen verzeichneten die Berner 34,5 Hospitalisierungen pro 100 000 Einwohner, die Bündner meldeten 25. Aktuell beträgt die Auslastung der Spitalkapazitäten im Kanton Bern über 80 Prozent, in Graubünden sind es 72.

Nach den Herbstferien stoppe der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg die Massentests an den Schulen.
Foto: Keystone
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«Wenn man die Augen schliesst, sieht man nichts», sagt Martin Bühler an die Adresse von Pierre Alain Schnegg. «Wir bevorzugen es, hinzuschauen und rechtzeitig zu reagieren. So haben wir mit weniger Einschränkungen auch weniger Schaden.» Die Bündner Schulen bleiben dank Massentests und Maskenpflicht offen. «Dass dieses Konzept funktioniert, haben wir schon vor einem Jahr mit einer Studie belegt», sagt Bühler. «Und die Praxis gibt uns recht.»

Auch Berner SP-Grossrätin kritisiert Schneggs Vergleich

Auch die Berner SP-Grossrätin Sarah Gabi Schönenberger kritisiert den Vergleich: «Das sogenannte Ausbruchstesten, wie Bern es praktiziert, provoziert Ausbrüche regelrecht, weil viele Infektionen ohne regelmässiges Testen gar nicht bemerkt werden.» Sie hat sich vergeblich für eine Wiedereinführung der Massentests im Kanton Bern eingesetzt – und ärgert sich: «Der Regierungsrat will jetzt breites Testen für alle, aber die Schulen gehören offenbar nicht dazu.»

Schnegg bleibe stur, weil es ihm nur noch um Gesichtswahrung gehe, sagt Sarah Gabi Schönenberger. «Die Dinge nun einfach weiter tschädere zu lassen ohne zusätzliche Massnahmen, ist verantwortungslos, unhaltbar und grobfahrlässig vom Regierungsrat.»

Ausbruchstesten kommt oft zu spät

Ähnlich klingt es aus der Stadt Bern: Das Ausbruchstesten komme in aller Regel zu spät und fördere die Verbreitung des Virus, sagt Richard Jakob, Co-Leiter Gesundheitsdienst und Leiter Schulamt ad interim. «Die Eltern fürchten um die Gesundheit ihrer Kinder.»

Jetzt fordert Grossrätin Sarah Gabi Schönenberger die sofortige Einführung der allgemeinen Maskenpflicht in allen Berner Schulen: «Die Situation ist dramatisch genug!»

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