«Es wird mit dem Leichtglauben der Opfer gespielt»
2:45
Betrugsopfer Thomas W.«Es wird mit dem Leichtglauben der Opfer gespielt»

Thomas W. (42) verliert 25'000 Franken bei Kryptobetrug
«Ich bin auf einen gefälschten Blick-Artikel reingefallen»

Die schnelle finanzielle Verlockung kommt für Thomas W. im Gewand eines vermeintlichen Blick-Artikels. Er investiert viel Geld. Am Ende erkennt er: Es war alles ein Betrug.
Publiziert: 02.01.2023 um 18:17 Uhr
|
Aktualisiert: 03.01.2023 um 13:44 Uhr
Blickgruppe_Mitarbeiterportraits_59.JPG
Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Es ist ein Klick auf einen falschen Link, der Thomas W.* (42) ins Verderben stürzt. Der Traum vom schnellen Geld mit Kryptowährung kostet den Ostschweizer 25'000 Franken. Das Geld ist weg – verlocht in weniger als einem Monat! W. wurde Opfer von Finanzbetrügern.

«Ich bin über einen gefälschten Blick-Artikel, der mit der Sendung ‹Höhle der Löwen› warb, auf die Abzocke hereingefallen», erzählt Thomas W. Er sei nie von Betrug ausgegangen, denn die Sendung halte er für seriös. Der Unternehmer hätte den schnellen Gewinn gut für eine anstehende Investition gebrauchen können. «Das war naiv und dumm. Aber: Die ganze Masche ist perfekt aufgebaut», sagt er.

Seien es Promis wie Roger Federer (41) oder TV-Sendungen wie «Höhle der Löwen» – Betrüger missbrauchen immer wieder bekannte Namen, um Schweizer Internetuser mit der Aussicht auf einen schnellen Bitcoin-Gewinn abzuzocken. Das zeigt auch der Fall von Désirée H.* (64) aus Biel BE (Blick berichtete).

Thomas W. verlor 25'000 Franken in nicht einmal einem Monat.
Foto: Nathalie Taiana
1/6

Betrüger machen auf seriös

Die Betrugsfälle gleichen sich fast immer. Über perfekt gefälschte Seiten landen die späteren Opfer auf einer ominösen Tradingplattform. Im Falle von Thomas W. hiess diese TD-Trade. Dort wird den Opfern suggeriert, sie hätten es mit seriösen Finanzdienstleistern zu tun. Bloss: «Die Betrüger generieren echt aussehende Webseiten», sagt die Kantonspolizei Zürich.

Thomas W. kann davon ein Lied singen. Kurz nach seiner Anmeldung bekam er ein E-Mail von einem «Premium Finanzberater/Senior Broker» bei TD-Trade. Dieser schrieb: «Mein Name ist Dominik Poirier. Wir werden die Zusammenarbeit ab morgen beginnen.» Fortan steht W. fast täglich mit Poirier in Kontakt – schriftlich und telefonisch. Er erzählt: «Poirier hat gutes Deutsch mit französischem Akzent gesprochen.» Blick versucht, Poirier später auf seiner deutschen Nummer zu erreichen. Aber auf die Anrufe antwortet niemand.

W. kriegt von seinem «Finanzberater» eine «Bitcoin-Kampagne» aufgeschwatzt, bei der man innert nur zwei Wochen grosse Renditen erzielen könne. Also investiert Thomas W. knapp 10'000 Franken. Hier beginnt der eigentliche Betrug.

Zugeschaut, wie sich das Geld vermehrt

Die Täter weisen W. an, das Geld auf ein Konto bei einer Kryptobörse einzuzahlen. Später teilen sie ihm eine konkrete Walletadresse der Tradingplattform TD-Trade mit, an die er das Geld senden soll. W. tut, wie verlangt.

Die Plattform sieht seriös aus. Bei TD-Trade kann W. seinem Geld dabei zuschauen, wie es sich praktisch in Echtzeit vermehrt. Er macht vermeintliche Gewinne von über 1000 Franken am Tag. Als sein angelegtes Geld 65'000 Franken wert hat, will er es abziehen. Dann beginnen die Probleme.

Als es um die Auszahlung geht, heisst es bei TD-Trade erst, er müsse eine «Deklarationszahlung» von 14 Prozent der Summe in Bitcoin auf sein vermeintliches Kryptowallet überweisen, damit das Geld überhaupt an ihn ausbezahlt werden könne. W. zahlt knapp 9000 Franken ein. Später dann die Meldung, er müsse eine Mindestanzahl an Bitcoins in seinem vermeintlichen Wallet haben, damit die Gesamtsumme endlich ausbezahlt werden kann. W. schiesst darum noch einmal knapp 7000 Franken nach.

Sofort hört die Freundlichkeit der Betrüger auf

Unmittelbar danach erhält er einen Anruf von einem Fake-Finanzdienstleistungsunternehmen mit dem Namen Blockchain mit der Info: W.'s Geld werde von der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA blockiert. Der Grund: Das Geldwäschereigesetz und Untersuchung auf eine mögliche Terrorismusfinanzierung hin verlangen dies. «Um mein blockiertes Geld freizubekommen, hätte ich die einbezahlte Gesamtsumme, also alles in allem 25'000 Franken, zusätzlich als sogenannte ‹Schattentransaktion› noch einmal überweisen müssen.», sagt W.

Er erzählt: «Ab hier hat die Freundlichkeit der Betrüger aufgehört. Sie fingen an, mir Zeitdruck zu machen und psychischen Druck auszuüben, die Zahlung endlich zu leisten, ansonsten würde ich mein ganzes Geld verlieren.» Spätestens hier begreift Thomas W. das Unfassbare: Er wurde betrogen. Er verzweifelt immer mehr, schreibt Poirier im Whatsapp-Chat: «Ich bin finanziell am Boden, psychisch am Anschlag und kann mich kaum mehr auf den Beinen halten.» Die Antwort des Betrügers: Er müsse halt einen Kredit aufnehmen.

Davon lässt Thomas W. zum Glück ab. Rückblickend sagt er: «Kurzfristig so viel Geld zu machen, ist utopisch.» Er hat den Fall bei der Polizei zur Anzeige gebracht.

* Namen geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?