Hier stürzt die Ju-52 ab!
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Tragödie mit 20 Toten – Bazl räumt Fehler ein
«Die Aufsicht über die Ju-Air war ungenügend!»

Ein Pilotenfehler führte zum Absturz der Ju-52 am Piz Segnas. Der Crash mit 20 Toten wurde aber auch dadurch begünstigt, dass die Aufsicht über die Ju-Air und ihre Piloten grosse Mängel aufwies. Jetzt räumt die Behörde Fehler ein.
Publiziert: 29.01.2021 um 20:23 Uhr
Marco Latzer

Wegen eines Pilotenfehlers verloren im Sommer 2018 am Piz Segnas oberhalb von Flims GR 20 Menschen an Bord der «Tante Ju» ihr Leben. Mit ihren fatalen Fehleinschätzungen tragen die beiden Männer im Cockpit, Ruedi J.* (†62) und Peter M.* (†63), die Hauptschuld am tragischen Unglück (BLICK berichtete).

Der Unfall wurde auch durch eine katastrophale Betriebskultur innerhalb der Ju-Air begünstigt. Kaderpiloten der inzwischen zwangsgegroundeten Rundflug-Airline hielten laut Unfall-Untersuchungsbericht routinemässig Sicherheitsabstände und Vorschriften nicht ein.

Defizite innerhalb der Ju-Air wurden nicht erkannt

So stiess die Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) bei der Detailuntersuchung von 36 Ju-Air-Flügen auf insgesamt 44 Situationen, in denen eine «hohe Unfallwahrscheinlichkeit» bestand, also Menschenleben riskiert wurden. Auch wurde festgestellt, dass die verunglückte Ju-52 wegen einer Vielzahl an Mängeln und miserabler Instandhaltung eigentlich gar nicht mehr flugtauglich war!

Räumt Fehler ein: Laut Bazl-Sprecher Christian Schubert war die Kontrolle über die Ju-Air ungenügend.
Foto: zVg / Bazl
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Jetzt gesteht das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) ein, die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. «Die Aufsicht des Bazl über die Ju-Air war ungenügend. Das ist leider so, weil wir die Defizite in der tatsächlich gelebten Sicherheitskultur nicht erkannt und uns zu sehr auf formelle Aspekte fokussiert haben», teilt Sprecher Christian Schubert auf Anfrage von BLICK mit.

Vor einem Jahr stürzte am Piz Segnas in Graubünden eine historische Ju-52 der Dübendorfer Ju-Air ab. Die Suche nach der Absturzursache dauert weiter an.
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Sust veröffentlicht Video:So kam es zur Ju-Air-Katastrophe

Ausmass des Fehlverhaltens war für Bazl «unvorstellbar»

Die Aufsichtsbehörde will vom Treiben der Ju-Air-Piloten am Schweizer Himmel nichts gewusst haben. Sie schaute aber auch nicht genau hin. Pikant: In den zehn Jahren vor dem Crash war nur ein einziges Mal ein Bazl-Inspektor bei einem Ju-Air-Rundflug mit Passagieren an Bord.

Laut Sprecher Schubert war dem so, weil schlicht keine Hinweise eingegangen seien. «Für das Bazl war es zudem nicht vorstellbar, dass top-ausgebildete Piloten mit Erfahrung als Luftwaffen- und Linienpiloten zum Teil ein hochriskantes Verhalten an den Tag legten, um den Passagieren ein ‹Erlebnis› zu bieten.»

Externe Untersuchung geht Behördenversagen nach

Was Versäumnisse des Bazl betrifft, soll eine externe Untersuchung des Nationalen Luft- und Raumfahrtinstituts der Niederlande (NLR) Klarheit bringen und allfällige «blinde Flecken» aufdecken. Resultate sollen im Frühling vorliegen.

Die Behörde betont, dass die Mängel erst bei einer akribischen Untersuchung an sonst unzugänglichen Bereichen des Wracks festgestellt wurden. Ob es realistisch ist, dass die Ju-Air nächstes Jahr wieder abhebt, lässt das Bazl unkommentiert. Aber, so Sprecher Schubert: «In Zukunft wird mit Luftfahrzeugen der Kategorie «historisch» kein kommerzieller Flugbetrieb mehr möglich sein.»

* Name bekannt

So kam es zur Ju-Air-Katastrophe
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SUST veröffentlicht Video:So kam es zur Ju-Air-Katastrophe
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